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Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Titel: Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
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führen, nicht haltbar ist – eine wichtige Botschaft für die mehr als 9000 Menschen, die allein in Deutschland im Jahre 2011 das 100. Lebensjahr überschritten haben.

KAPITEL 4
    Gedächtnis ohne Ruhestand: Wie Erinnerungen Lebensgeschichte schreiben
    »Das Gedächtnis verbindet die zahllosen Einzelphänomene zu einem Ganzen, und wie unser Leib in unzählige Atome zerstieben müßte, wenn nicht die Attraktion der Materie ihn zusammenhielte, so zerfiele ohne die bindende Macht des Gedächtnisses unser Bewußtsein in so viele Splitter, als es Augenblicke zählt.«
    Karl Ewald Konstantin Hering,
Physiologe und Hirnforscher
    Wir sind, was wir geworden sind. Um aber innerhalb einer sich wandelnden Umwelt besser zu überleben, haben wir und auch alle anderen Lebewesen die Fähigkeit entwickelt, Verhaltensweisen im Laufe unseres Lebens abzuändern und an neue Situationen anzupassen, und zwar aufgrund individueller Erfahrung. Die Möglichkeit etwas zu lernen und im Gedächtnis zu behalten ist dabei nicht gleich verteilt. Bei uns Menschen beispielsweise sind Effektivität und Kapazität von Lern- und Gedächtnisvorgängen besonders stark – die Kehrseite ist, wir hängen stärker von diesen Lern- und Erinnerungsvorgängen ab als andere Lebewesen und reagieren sehr empfindlich, wenn unsere Erinnerungsschaltkreise gestört werden. Unsere diesbezüglichen Fähigkeiten sind neben unserer Sprache die Grundlage und Voraussetzung unserer Kultur und unserer individuellen Persönlichkeit. Die Mechanismen von Lernen und Gedächtnis nicht verstanden zu haben hieße deshalb auch, etwas Elementares über uns selbst als Menschen nicht zu verstehen, zumal Lern- und Gedächtnisvorgänge essenzielle Komponenten jeder kognitiven Leistung sind.
    Entsprechend sollen in diesem Kapitel die Veränderungen in unserer Gedächtnistätigkeit im Alter vorgestellt werden ebenso wie die hirnorganischen Grundlagen unserer Gedächtnisleistungen, damit wir nicht Anforderungen an unsere Gedächtnisfunktionen stellen, denen unser Gehirn in keiner Lebensphase nachkommen kann. Das Gehirn hat – und das muss man sich immer wieder klarmachen – eine ungeheuer komplizierte Aufgabe zu erfüllen: Es muss nicht nur den kontinuierlichen Fluss an Sinnesinformationen verarbeiten, sondern zur gleichen Zeit (!) Erinnerungen abspeichern, zum Teil ein Leben lang, und diese abrufbereit halten. Dazu zählen genauso Erinnerungen, die nur wenige Stunden zurückliegen (z. B. Was stand heute Morgen in der Zeitung?), wie solche von vor 40 Jahren (z. B. Wie hieß noch unser Sitznachbar in der zehnten Klasse?). Wie das Gehirn diese komplexe Aufgabe bewältigt und warum wir uns im Alter häufig nicht mehr auf bestimmte Gedächtnisfunktionen verlassen können, soll im Folgenden erklärt werden.
    In der Wahrnehmung vieler Menschen ist Altern gleichbedeutend mit Gedächtnisverlust. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass uns im Alter am meisten die Angst vor dem Vergessen plagt. Und folgerichtig hatten laut einer amerikanischen Studie 83 % der über 50-Jährigen Angst, sich einen neuen Namen nicht merken zu können. 60 % waren besorgt, da sie gelegentlich ihren Autoschlüssel verlegten, 57 % gar beunruhigt, da sie eine vor wenigen Minuten gehörte Telefonnummer nicht vollständig erinnern konnten. In einer großen europäischen Studie mit über 4000 Befragten im Alter 65plus, die in Maastricht durchgeführt wurde, hielten 50 % der Senioren sich generell für vergesslich. Sie wissen sich in bester Gesellschaft: Der Philosoph Immanuel Kant, der britische Naturforscher Michael Faraday und selbst einer der bedeutendsten Wissenschaftler im 17. Jahrhundert, Isaac Newton, hatten alle im Alter massive Gedächtnisprobleme. Warum sollte es uns da besser ergehen?
    Die vier apokalyptischen Reiter der Altersvergesslichkeit lauten:
    ■Wir haben den Namen von uns bekannten Personen nicht sofort parat, obwohl er uns »auf der Zunge liegt«.
    ■Wir vergessen Dinge, an die wir unbedingt denken wollten.
    ■Wir können nicht mehr so ganz genau zuordnen, wann etwas geschehen ist.
    ■Etwas neu Gelerntes will sich einfach nicht im Gedächtnis festsetzen.
    Die Sachlage des Alters scheint klar zu sein: Das Gehirn wird kleiner, davon sind auch Gebiete der Gedächtnisspeicherung betroffen, und entsprechend arbeitet unser Gedächtnis schlechter. Natürlich leiden ältere Menschen unter der Angst, immer mehr zu vergessen und Neues nicht mehr lernen zu können. Aber selbst bei diesem

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