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Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Titel: Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Korte
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für das Gehirn wirkt. Allerdings bedeutet die mangelnde Dopaminversorgung des Gehirns nicht, dass ältere Menschen nun gar nicht mehr neugierig sind. Doch die Schwelle, ihre Neugierde zu wecken, ist höher. Ältere Menschen müssen sich stärker aufraffen, Neues zu wagen. Und sie sind generell weniger risikofreudig.
    Ebenfalls zu bedenken ist der Umstand, dass es im Zuge der Alterungsprozesse unseres Gehirns immer schwieriger wird, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Das hat auch Konsequenzen für das Gedächtnis, denn häufig sind wir, während wir etwas lernen bzw. aufnehmen wollen, abgelenkt, hören oder sehen nicht richtig hin, so dass bereits an der Hürde zur ersten Gedächtnisstufe die Informationsspeicherung im Gehirn gar nicht erst beginnt. Kurzum: Die meisten kognitiven Fähigkeiten bleiben ein Leben lang erhalten, aber wir müssen uns im Alter mehr konzentrieren als früher, noch mehr auf Lernstrategien (Merkregeln, Tageszeiten des Lernens, welche Art der Wissensvermittlung uns besonders liegt) und die richtige Lernumgebung setzen und vor allem darauf achten, Störreize (z. B. eine laute Umgebung) zu meiden. Darüber hinaus dürfen sich auch Senioren noch etwas zutrauen – die Kehrseite dieser Medaille ist, sie müssen auch noch etwas von sich fordern. Wir vergessen, dass man auch im Alter noch etwas lernen kann – mit Wille, Motivation und Zutrauen in die eigene Leistungsfähigkeit und der richtigen Lernstrategie!
    Das eine Gedächtnis gibt es nicht
    Um die Veränderungen der Gedächtnisprozesse im Alter besser greifen zu können, müssen wir zunächst einen Ausflug in die Schatzkammern der Erinnerung unseres Gehirns und dessen Aufbau machen. Wir verwenden »Gedächtnis« häufig genauso monolithisch wie die Begriffe »Arm« oder »Fuß«. Richtig ist aber, wir haben verschiedene Gedächtnissysteme, deren unterschiedliche Funktionen von verschiedenen Gehirnarealen vermittelt werden, und diese altern äußerst unterschiedlich. »Das« Gedächtnis existiert nicht. Stattdessen gibt es verschiedene Gedächtnissysteme, die sich nach zeitlichen oder funktionellen Kriterien unterteilen lassen. Ihnen allen gemeinsam ist, das Vergangene in unserem Nervensystem festzuhalten. Im Kontext der verschiedenen Gedächtnissysteme unterscheidet man zwischen Arbeitsgedächtnis sowie implizitem und explizitem Gedächtnis (Abb. 13).

    Abbildung 13: Die fünf Gedächtnissysteme des Gehirns
    Im Gehirn gibt es nicht »das« Gedächtnis, sondern verschiedene Gedächtnissysteme, die durch ihren Inhalt definiert sind und dadurch, welche Gehirnareale mit den verschiedenen Gedächtnisarten befasst sind. Neben dem expliziten und dem impliziten Gedächtnis ist hier auch das Arbeitsgedächtnis aufgeführt.
    Das explizite (oder auch deklarative) Gedächtnis speichert alles, was man in Worten ausdrücken kann, etwa Erinnerungen an einen Urlaub oder Faktenwissen. Das Arbeitsgedächtnis umfasst das Kurzeitgedächtnis, den visuellen und den sprachlichen Notizblock. Zum impliziten Gedächtnis gehört zum einen das Gedächtnis für Bewegungsabläufe und für unbewusste Erinnerungen, Routinen und alle gewohnheitsmäßigen Kenntnisse, erlernte oder imitierte Reaktionen (prozedurales Gedächtnis), zum anderen das Wahrnehmungsgedächtnis (Priming), denen gemeinsam ist, dass sie weitgehend unbewusst sind und sich oft nur schwer in Worte fassen lassen. Gemeinhin denken wir bei Gedächtnis vor allem an das explizite (deklarative) Gedächtnis, also persönliche Erinnerungen, Faktenwissen und singuläres Wissen (Wie heißt noch mal unser Heizungsmonteur?). Dies macht aber nur einen Bruchteil unseres Gedächtnisses aus. Der weitaus größere Teil dessen, was wir im Leben gelernt haben, sind generische Erinnerungen, also solche, die auf Mustererkennungsprozessen beruhen, sowie Muster von Problemlösestrategien, die zum Fakten- und autobiographischen Gedächtnis gehören (siehe auch Kapitel 6).
    Bemühen wir zur besseren Veranschaulichung die Computermetapher: Wäre unser gesamtes Gedächtnis auf einer Festplatte gespeichert, wäre das generische Gedächtnis gleichzusetzen mit den dort abgespeicherten Programmen. Hier sind also die Erinnerungen abgelegt, wie z. B. eine Tätigkeit ausgeführt wird. Dem singulären, expliziten Gedächtnis entsprächen die Dateien, auf denen Informationen darüber hinterlegt sind, was wir erlebt haben, was wir wissen und wer wir sind. Diese singulären, expliziten Gedächtnisinhalte werden durch Alterungsprozesse stärker

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