Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)
denn sie hat dem Wetter entsprechend eine Erfrischung vorbereitet. Mir schwant Übles, und tatsächlich holt sie aus der Küche eine große Schale mit Obstsalat und Schlagobers. Den Salat hat sie wahrscheinlich schon Stunden vorher zubereitet, Bananen und Apfelstückchen sind braun angelaufen, und die Apfelsinen hat sie mit ihren schlechten Augen nicht richtig abgepult, es ist überall noch das Weiße dran. Die Schlagsahne ist auch schon zur Hälfte zerlaufen. Ich begrüße Herrn Brettschneider mit den Worten «Guten Tag, Herr Brettschneider», worauf er, ohne mich richtig anzuschauen, etwas murmelt, das so klingt wie «Jojo, mach mal bloß keine Fisimatenten». Ich bin für ihn ein Fremdkörper. Missmutig rührt er im Salat herum. Als Oma Emmi ihn strafend anschaut, kostet er pflichtschuldig, um sich dann aber gleich eine Reval ohne Filter anzustecken. Dann mäht er den Rasen fertig und setzt sich auf die Terrasse. Jetzt trauen sich auch Oma Emmi und Frau Donath raus.
«Das ging ja fix heute, Herr Brettschneider, Sie sind wohl von der schnellen Truppe. Mögen Sie eine Flasche Bier?»
Ich weiß, dass Oma Emmi Alkohol verabscheut, aber gleichzeitig der Meinung ist, dass alle Männer, vor allem Arbeiter, nichts lieber tun, als Bier zu trinken. Sie hat deshalb aus Höflichkeit immer mehrere gutgekühlte Flaschen im Kühlschrank und dazu noch eine Flasche Korn.
«Ja, Frau Beuger, da sech ich moal nich nein», sagt Herr Brettschneider.
Man sieht ihm seine Vorfreude richtiggehend an. Die Adern an seinem Hals pochen, und auf den zusammengewachsenen Augenbrauen haben sich Schweißperlen versammelt. Während Oma Emmi die Getränke holt, gehe ich ein paar Meter ins Gebüsch und kippe meinen Obstsalat weg. Lexi läuft aufgeregt hinterher, er schnüffelt an den Obstresten, doch dann wendet er sich enttäuscht wieder ab. Hunde fressen bekanntlich kein Obst, aber bei Lexi hätte mich gar nichts gewundert. Frau Donath hat die winzigen, knotigen Hände gefaltet und macht sich so klein wie möglich. Wahrscheinlich weiß sie, dass sie nur mit viel Liebe geduldet wird und sich das nicht leichtfertig verscherzen darf. Deshalb macht sie Oma Emmi auch keine Mühe und verschmäht zum Beispiel den angebotenen Bohnenkaffee, obwohl der Schuss nach hinten losgeht, denn Oma Emmi macht für sich selbst sowieso Kaffee, auf eine Tasse mehr oder weniger kommt es da nicht an. Herr Brettschneider trinkt schweißgebadet Bier und Korn, man sieht förmlich, wie die Lebensgeister in ihn zurückkehren. «Mögen Sie noch eine Flasche, Herr Brettschneider?», fragt Oma Emmi. Und ob der will. Emmi watschelt wie auf Befehl wieder in die Küche.
«So, Frau Donath, gleich gibt’s noch einen», wendet Herr Brettschneider sich plötzlich an Frau Donath und schenkt sich ungefragt Korn nach. Eben sitzt sie noch da wie ein Ölgötze, und jetzt guckt sie ganz verdattert und hofft, dass nichts weiter passiert. Oma Emmi kommt mit einem Weidenkorb zurück, mit gleich vier halben Litern. Vielleicht freut sie sich, dass da ein Mann im Haus ist, den sie betüddeln kann wie noch vor kurzem Onkel Horst. Auch die zweite Flasche leert Herr Brettschneider in Rekordzeit, dazu noch ein paar Gläschen Korn. Er dreht jetzt richtig auf und gibt Tipps für die Gartengestaltung zum Besten, danach kommt er auf Politik zu sprechen, und als er merkt, dass das nicht zieht, landet er bei seiner verstorbenen Frau. So, wie er über sie spricht, scheint er das Gröbste überstanden zu haben. Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn er und Oma Emmi sich zusammentäten, sie sitzen schließlich im selben Boot. Dann dreht Herr Brettschneider plötzlich bei und nimmt mich ins Gebet.
«Was bist du denn überhaupt für ’n Eddel?»
«Wie meinen Sie das? Ich bin der Großneffe von Frau Beuger.»
«Was willst du hier eigentlich?»
«Nix weiter.»
«Dann mach ma bloß hier keine Fisimatenten!»
«Neenee, bestimmt nicht, Herr Brettschneider.»
Jetzt guckt er nicht mehr ganz so griesgrämig.
«Willst du ’ne Kippe?»
«Nee, ich rauch doch gar nicht.»
Da wird es Oma Emmi endgültig zu viel:
«So, Herr Brettschneider, nun lassen Sie mal schön den Jungen in Ruhe. Der ist zehn Jahre alt und wird hoffentlich sein Leben lang die Hände von den Zigaretten lassen. Ich glaub, Sie sind ein bisschen dun. Stellen Sie mal die Sense weg, und dann gehen Sie schön nach Hause und schlafen sich aus.»
«Ich hab in meinem Leben schon genug geschlafen.»
«Ich meine das ernst, Herr
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