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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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«Die Bestien aus dem Zeitgrab». An die Raucherei habe ich mich auch schon besser gewöhnt. Leider muss ich Sonntag erst mal wieder nach Hause, die vierzehn Tage sind um, und Mutter besteht darauf. Ich glaube, sie ahnt, dass es mir hier sehr gut gefällt, und das passt ihr nicht. Ihre fadenscheinige Ausrede: Die Schmutzwäsche muss gereinigt werden. Als ob Oma Emmi nicht wüsste, wie man wäscht! Aber was soll ich machen. Frau Donath kommt jeden Tag zur gleichen Zeit, tut keinen Pieps und mag nach wie vor keinen Krumen. Nur das Stück Pflaumenkuchen isst sie, aber meist auch nur zur Hälfte. Mein Zug geht am Sonntagabend um 19 Uhr 18.

    Ich darf heute das erste Mal bei Familie Holzapfel an der Kaffeetafel sitzen, Frau Holzapfel hat eine Erdbeertorte gebacken und ein Blech Butterkuchen. Sogar Herr Holzapfel benimmt sich einigermaßen friedlich. Frau Schlummbohm sitzt im groben Bauernkittel auf ihrem Stuhl, schaufelt die Torte in sich hinein und sagt kein Wort. Jetzt lerne ich auch die Mädchen kennen. Obwohl Sonja erst siebzehn ist, hat sie schon einen richtigen Atombusen. Sie wartet ungeduldig darauf, dass die Kaffeetafel aufgehoben wird und sie zu ihrem Verlobten darf, der ebenfalls in der Landwirtschaft arbeitet, allerdings als Knecht. Silke sieht man mit ihren zwei Jahren die Behinderung noch nicht besonders an. Sie sitzt auf Herrn Holzapfels Schoß, aber wenn sie älter wird und aussieht wie Tobias Schulz, wird sie es noch schwer haben, das weiß ich jetzt schon. Im Fernsehprogramm gibt es wie jeden Sonntag die amerikanische Westernserie «Die Leute von der Shiloh Ranch». Im Vorspann trampelt eine Rinderherde über die Steppe, dass der Boden erbebt. Die Filmaufnahmen sind so geschickt gemacht, dass es wirkt, als würde einem die Herde durch den Bildschirm direkt entgegenspringen. Sobald die Abspannmusik erklingt, wird es für mich höchste Zeit, zum Bahnhof zu gehen. Von Oma Emmi habe ich mich bereits verabschiedet. Mir wird ganz schwer ums Herz, und die Musik tut ein Übriges. Frau Holzapfel mahnt zur Eile.
    «So, Mathias, ich glaube, langsam musst du mal los.»
    Frau Schlummbohm deckt das Kaffeegeschirr ab, und Sonja ist längst verschwunden. Im Anschluss an die Kaffeetafel folgt übergangslos das Abendessen. Ich würde auch gerne noch ein Schinkenbrot essen, weil mir von der Schlagsahne quackelig im Magen ist. Wenn ich nur nicht wegmüsste!

Parasiten der Hölle
    Mutter fragt mich den ganzen Abend aus. Sie will, dass ich irgendeine Verfehlung gestehe, damit sie einen Grund hat, mich nicht wieder nach Todtglüsingen zu lassen. Aber ich bin gut vorbereitet und habe auf jede Frage eine Antwort. Außerdem tue ich so, als wäre es nicht besonders schön gewesen und als hätte ich alles nur aus Nächstenliebe Oma Emmi gegenüber mitgemacht. In den blumigsten Worten berichte ich über die alte Frau Donath und rege mich so sehr über Herrn Brettschneider und seinen Alkoholkonsum auf, dass ich es schließlich selber glaube. Ich steigere mich total hinein. Dass er Reval ohne raucht und Oma Emmis Haus verpestet, bis sogar der Hund sich verkriecht. Das hätte ich nicht sagen sollen. Als ich Herrn Brettschneiders Zigarettensorte erwähne, merke ich, wie Mutter plötzlich misstrauisch wird. Seit wann ich mich für Zigaretten interessiere? Irgendwas ist faul im Staate Dänemark, sagt sie, und ich weiß, was die Stunde geschlagen hat. Jetzt bleibt mir als letztes Mittel nur noch die Gegenoffensive. Wie gemein ich es fände, dass sie kein Vertrauen zu mir hat, und überhaupt. Ich habe solches Selbstmitleid, dass ich weinen muss. Jetzt bekommt wiederum Mutter ein schlechtes Gewissen. Immer schön hin und her.

    Die nächsten Tage vergehen mit bangem Warten, denn Mutter hält sich bedeckt. Als ich frage, ob ich wieder nach Todtglüsingen darf, sagt sie, dass das auch von Oma Emmi abhängt. Vielleicht ist es der ja zu anstrengend mit einem Jungen in meinem Alter, wir müssten sie auf jeden Fall erst fragen. So ein Quatsch! Heute muss eine Entscheidung fallen, denn morgen sollte es eigentlich zurück nach Todtglüsingen gehen. Den ganzen Tag schiebt Mutter das Telefonat mit Oma Emmi vor sich her, bis ich so quengele, dass sie schließlich ein Einsehen hat und um sechs Uhr abends endlich zum Hörer greift. Ich höre heimlich von der Treppe aus mit. Und es kommt, wie ich es mir gedacht habe: Sie verhört Oma Emmi genau so, wie sie mich sonst immer verhört. Was ich den ganzen Tag treibe und ob sich irgendein Verdacht ergeben

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