Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)
hätte, dass ich Zigaretten rauche. Oma Emmi schweigt wie ein Grab. Einen Teufel wird sie tun, irgendwas auszuplaudern, sie will ja schließlich auch, dass ich wiederkomme, da wäre sie ja schön dumm, Mutter Munition in die Hand zu geben. Jedenfalls beißt sich Mutter so richtig schön die Zähne an ihr aus und muss schließlich unverrichteter Dinge auflegen.
Dann nimmt sie mich wieder in die Mangel und unternimmt einen letzten Versuch. Sie zählt auf, was wir hier alles gemeinsam unternehmen könnten, ohne viel Geld auszugeben. Und dass es für unser Mutter-Sohn-Verhältnis gut wäre, wenn wir einmal außerhalb des Alltags gemeinsam Zeit verbringen würden.
«Aber wenn du lieber zu Oma Emmi willst … Es ist deine Entscheidung, Mathias.»
So eine Gemeinheit. Sie weiß genau, was sie da wieder anrichtet.
«Du kannst es dir ja in aller Ruhe überlegen, Mathias.»
In aller Ruhe! Morgen soll’s losgehen, was gibt’s denn da noch zu überlegen? Sie schaut mich mit einem Mal so traurig an, dass es mir durch Mark und Bein geht. Das ist zu viel. Dann bleibe ich eben hier, und sie hat ihren Willen, und dann bin ich am Drücker und habe für den Rest der Ferien schlechte Laune. Und sie kann nichts machen, weil sie genau weiß, was los ist. Außerdem kommen nächsten Montag Axel und Heike aus dem Urlaub, und wir haben den Fußballplatz bis zum Ende der Ferien fast ganz für uns alleine, und überhaupt werde ich die Zeit schon rumkriegen. Doch es naht Rettung in Gestalt der Großeltern, die plötzlich hereinschneien. Das passt Mutter gar nicht. Ich sehe ihr richtig an, wie sich ihr schöner Plan in Luft auflöst. Zwei Minuten später, und ich hätte klein beigegeben und wäre hiergeblieben. Und dann hätte es auch kein Zurück mehr gegeben, denn ich hätte ihr mein Wort geben müssen, und wortbrüchig werden kommt unter keinen Umständen in die Tüte. Oma lächelt mich freudestrahlend an:
«Na, Mathias, morgen geht’s wieder nach Todtglüsingen, freust du dich schon?»
Damit ist der Zug für Mutter endgültig abgefahren, und sie verzieht sich gleich nach dem Abendbrot auf ihr Zimmer und übt Flöte. Man hört dem Gefiepe richtig an, wie wütend sie ist. Ich gehe auch schlafen, denn morgen werde ich bereits um 9 Uhr 06 abhauen, ich kann’s gar nicht erwarten.
Ich habe das Gefühl, den Weg zu Oma Emmis Haus doppelt so schnell zurückzulegen wie beim ersten Mal. Obwohl die Sommerhitze wie sonst was runterhämmert, habe ich schon wieder Appetit auf Kotelett. Und siehe da: Es gibt schon wieder Kotelett! Oma Emmis Koteletts schmecken ganz eigen und anders, als Koteletts normalerweise schmecken, auf jeden Fall besser. Frau Donath bleibt während des Mittagessens stumm am Tisch sitzen und starrt ins Leere, als ob sie schon nicht mehr richtig da wäre.
Manfred erwartet mich bereits.
«Wir können heute nicht zur Tonkuhle. Kempermanns sind da.»
Ich bin total enttäuscht.
«Echt? Und nun?»
Er deutet auf einen Sack, in dem ein Gegenstand ist, der von Größe und Gestalt her eigentlich nur eins sein kann. Mein Herz hüpft vor Aufregung.
«Kannst dir denken, was drin ist? Los!»
Überraschend macht Manfred dann aber erst noch an der Eisenbahnbrücke halt. Wir klettern runter an die Böschung und legen uns auf die Lauer. Ich weiß zwar nicht genau, wieso, aber Manfred schichtet zwei Haufen auf, einen mit Steinen, den anderen mit Pflaumen, die er in einer Umhängetasche mitgebracht hat. Rätselhaft. Als der erste Zug heranbraust, ist Manfred gleich konzentriert bis in die Haarspitzen und greift sich einen Stein. Ein Güterzug. Seine Hand erschlafft, er lässt den Arm sinken und steckt sich eine Zigarette an. Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Nach endlosen Minuten der nächste Zug. Wieder ein Gütertransport. Beim dritten Zug scheint er endlich am Ziel seiner Wünsche zu sein: ein Autozug! Darauf hat er nur gewartet! Fieberhaft feuert er einen Stein nach dem anderen ab und versucht, so viele Wagen wie möglich zu demolieren. Der Zug will und will nicht enden, eine endlose Reihe von Autos zieht an uns vorüber. Irgendwann gehen ihm die Steine aus. Er wird richtig wütend.
«SCHEISSDINGER, HAUT BLOSS AB.»
Ich halte lieber die Klappe. Wenn man uns nun erwischt? Aber Manfred kennt keine Angst, er scheint Routine zu haben. Als Nächstes naht ein Personenzug, und ich ahne schon, was jetzt kommt: Die Pflaumen gelangen zum Einsatz. Plumm, plumm, plumm.
«Die Leute sollen einen Schrecken kriegen», sagt Manfred. Und
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