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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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gucken, was und wie lange ich will. Meine Mutter hat mir zwar verboten, mehr als zwei Stunden täglich zu glotzen, aber sie kann es ja schlecht die ganze Zeit kontrollieren, und jetzt schaue ich mir jeden Quatsch an, von Sendebeginn bis Sendeschluss. Endlich kann ich in der Schule mitreden. Meine Lieblingsserie ist «Kung Fu» mit David Carradine als Shaolin-Mönch. Höhepunkt jeder Folge ist eine Kampfszene, in der der kleine drahtige Mönch mit bloßen Händen und Füßen eine ganze Horde Gangster umnietet. Boing. Der Rest ist meist sterbenslangweilig, aber allein für die Kämpferei am Ende lohnt es sich auszuharren. Ich würde mir drei, vier Kämpfe pro Folge wünschen, aber wahrscheinlich dosieren die das extra so sparsam, damit man am Ball bleibt. Ich würde im Kino auch gerne «Zwei wie Pech und Schwefel» sehen, aber Mutter vertritt den Standpunkt, jetzt, wo ich den Fernseher hätte, bräuchte ich nicht noch für teuer Geld ins «Lichtspieltheater». Außerdem sind Bud-Spencer-Filme zu gewalttätig. Wahnsinn! Was soll denn an diesen Kinderkloppereien bitte schön gewalttätig sein? Das sieht ja ein Blinder mit Krückstock, wie die absichtlich danebenhauen! Harmloser können Schlägereien nun wirklich nicht sein, außer vielleicht in Zeichentrickfilmen.
    Ich könnte mir in den Arsch beißen, dass «Der Exorzist» erst ab achtzehn freigegeben ist, da komme ich im Leben nicht rein. Angeblich der härteste Film der Welt, die meisten Zuschauer müssen mit Schock und Nervenzusammenbruch vorzeitig die Vorstellung verlassen und sind teilweise noch Tage später nicht ansprechbar. Erst konnte ich mir das nicht vorstellen, aber dann haben sie in der Hörzu ein paar Bilder aus dem Film veröffentlicht, und da hab ich’s auch geglaubt. Ich glaube, ich würde es auch nicht aushalten. Trotzdem wünsche ich mir nichts sehnlicher. «Ein Mann sieht rot» soll auch tierisch sein. Beide Filme laufen in unserem Programmkino «Kurbel» bestimmt ewig, die guck ich mir dann an, wenn ich achtzehn bin.
    Gefallen tut mir auch die neue Serie «Unser Walter». Erzählt wird das Schicksal eines mongoloiden Jungen und seiner Familie. Das Leben mit einem behinderten Kind gestaltet sich schwierig. Kindergärten und Schulen lehnen den Jungen ab, und Walter muss privat unterrichtet werden. Die Mutter kann nicht mehr im Familiengeschäft arbeiten, weil sie sich um ihren Sohn kümmern muss. Der Vater ist gezwungen, den Laden aufzugeben, die andere Tochter Sabine fühlt sich vernachlässigt usw. So was gab’s im Fernsehen noch nie zu sehen.
    «Raumschiff Enterprise» und «Columbo» werden auch gern gesehen, die Renner und Hauptgesprächsthemen auf dem Schulhof sind aber «Kojak» und «Die Straßen von San Francisco». Inspektor Heller alias Michael Douglas finden eigentlich alle Mädchen süß, sie sind mehr oder weniger ausnahmslos verliebt in ihn. Aber am tierischsten sind die «Otto-Shows» im ersten Programm, die allerdings nur einmal jährlich ausgestrahlt werden. Schon Wochen vorher fiebere ich auf das Ereignis hin. Die nächste Show werde ich mit dem Kassettenrecorder mitschneiden, damit ich nicht einen Gag vergesse. Die ersten beiden Otto-Platten höre ich auch rauf und runter. Und jetzt kommt’s: Im Oktober besucht er unsere Schule! Frau Mertens, die Deutschlehrerin unserer Parallelklasse, kennt ihn angeblich und hat es arrangiert. Woher Frau Mertens jemanden wie Otto kennt, ist mir komplett schleierhaft, aber nachdem es anfangs alle für eine Ente gehalten haben, scheint es wirklich zu stimmen. Für eine ganze Schulstunde kommt Otto Waalkes nach Hanhoopsfeld!
    Statt des Jesusbildes ziert jetzt das Deep-Purple-Poster aus dem Hamburger Abendblatt meine Wand. Ich hätte niemals für möglich gehalten, dass ausgerechnet das Hamburger Abendblatt ein Poster von Deep Purple rausbringen würde, und noch dazu das beste, was es gibt, finde ich. Ganz vorne steht Bassist Roger Glover, der wie Ian Paice die Arme verschränkt hält. Ian Gillan trägt nur ein blaues Unterhemd. Jon Lord hinten in zweiter Reihe sieht mit den Haaren und dem Bart selbst aus wie Jesus, während Ian Gillan, Ian Paice und Ritchie Blackmore glatt rasiert sind. Es gehen Gerüchte, dass sie nächstes Jahr in Hamburg auftreten sollen, im CCH, Saal 1.
    Zu den Jungen aus meiner Klasse habe ich nur wenig Kontakt. Frank und Andreas scheiden schon mal aus, weil sie die ganze Zeit zusammenglucken, man kommt bei denen nicht dazwischen. Sie beschießen sich und andere die ganze

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