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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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Zeit mit Kartoffelpistolen und giggeln ohne Unterlass. Außerdem unterhalten sie sich die ganze Zeit in ihrer total behinderten Comic-Geheimsprache: «Ich so stratz weg.» – «Er so brems ab.» – «Sie so schreck auf.» Und so weiter. Sie sind fanatische HSV-Fans und besuchen jedes Heimspiel. WESTKURVE, BLOCK E prangt in riesigen Lettern auf ihren Jeansjacken.
    Peter Dankwart ist die totale Nervensäge, mit seinem Holzkopf und der meckernden Lache. Ein Außenseiter aus Überzeugung, er scheint an nichts anderem interessiert zu sein als an seinem Chemiebaukasten und lebt in seiner eigenen Welt. Sein größter Wunsch ist, sich nächstes Jahr, mit fünfzehn, eine Mofa zuzulegen. Aber keine Zündapp oder Starflite, sondern eine Mars, aus dem Quellekatalog! Dauernd posaunt er herum, wie «fahrgeil» er jetzt schon ist. Wenn man ihn auf seinem Bonanzarad mit Hirschgeweihlenker und Bananensattel sieht, wie ein Behinderter ständig die Hand an der Dreigangschaltung, kann man sich schon vorstellen, was nächstes Jahr los ist.
    Andreas Janischewski ist der einzige Junge, der freiwillig ganz vorn sitzt und statt Jeans immer Stoffhose und Rolli trägt. Er ist sehr drahtig und hat wulstige Lippen. Normalerweise werden alle Jungs, die Andreas heißen, Andy gerufen, er aber nicht. Andreas kommt aus asozialen Verhältnissen und gilt als Schläger. Angeblich kann er jeden umnieten, den er will. Hier in der Klasse könnte es sowieso niemand mit ihm aufnehmen. «Ich such Gegner, keine Opfer», sagt er mit mitleidigem Blick in die Runde. Ich schätze, dass er spätestens zum Ende des Schuljahrs klebenbleibt, sowieso völlig schleierhaft, wie er es bis in die Neunte geschafft hat.
    Dann gibt es noch Reno Krabbendaal, der hat einen blonden Lockenkopf und bewegt sich wie ’ne Alte. Es heißt, er wäre ein Schwuli. Er behauptet zwar, er habe eine Freundin, die hat aber noch kein Mensch auf der Welt gesehen. Außerdem ist er total altklug und lässt dauernd irgendwelche Schwachsinnssprüche vom Stapel: «Der Kluge bemerkt alles, der Dumme macht über alles eine Bemerkung.» Es geht noch schlimmer: «Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß, wie Wolken schmecken.» Das mit dem Schwulsein kann man ihm zwar nicht beweisen, aber wir warten darauf, dass ihm auf einem Klassenfest oder der nächsten Klassenreise die Pferde durchgehen und er irgendjemanden anschwult.

Otto
    Mutter will Opa ins Heim geben. Ich finde das ziemlich mitleidslos, noch dazu kann’s ihr ja egal sein, denn die Plackerei hat ausschließlich Oma, also sollte es nach Adam Riese auch ihre Entscheidung sein. Ich habe Mutter im Verdacht, dass sie sich an Opa rächen will für das, was er ihr angeblich in ihrer Jugend angetan hat. Bei den geringsten Verfehlungen soll er sie blutig geschlagen haben, wenn sie beispielsweise nicht ordentlich Klavier geübt hat. Da ich mir das kaum vorstellen konnte, habe ich Oma gefragt:
    «Stimmt es, dass Opa Mutti früher regelmäßig verdroschen hat?»
    «Ach, Mathias.»
    «Nee, sag mal.»
    «Ach, nun lass doch.»
    «Also stimmt das nicht?»
    «Ach, mein Junge.»
    Und so weiter.
    Um Oma einzuschüchtern, entwirft Mutter regelrechte Horrorszenarien. Detailliert beschreibt sie ihr, wie die Oma von Schultes ihre Zimmerwände regelmäßig mit Kacke beschmiert, sich büschelweise die Haare ausreißt und einmal sogar eine tote Maus mit Haut und Haaren verspeist hat. Seit zwei Jahren sei das Leben der Schultes die Hölle, aber sie gingen lieber vor die Hunde, als dass sie ihre Oma ins Heim gäben. Dabei ist die wirklich jenseits von Gut und Böse und merkt nicht mehr, wo und bei wem sie ist. Eine Gemeinheit, Opa mit der alten Frau Schulte zu vergleichen. Noch zeigt sich Oma wehrhaft, aber ich befürchte, dass sie Mutters Bombardement über kurz oder lang nicht wird standhalten können.
    Seitdem wir umgezogen sind, ufern die abendlichen Schularbeitenkontrollen immer mehr aus. Nach dem Abendbrot immer Minimum eine, oft zwei Stunden, der bisherige Rekord liegt bei fast drei. Obwohl ich versuche, Mutter so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen, kommt es fast jeden Tag zu bösem Streit. Bei einem Telefonat mit ihrer Freundin Maria aus Reinbek, das ich belauscht habe, nannte sie mich verstockt und unberechenbar, das läge aber an der Pubertät. Unberechenbar! Wer hier wohl unberechenbar ist! Und wenn ich schon Pubertät höre. Das blödeste Argument von allen! Läuft irgendwas schief, ist unter Garantie die Pubertät dran schuld. Eckhard Todt rasiert

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