Jungen und Maedchen - wie sie lernen
wirklich für die entsprechenden Maßnahmen bereit ist . . . Es ist Ihr Nachwuchs, entscheiden Sie!
Optionen
Beim 3. Aspekt von INTELLIGENZ (Seite 99 f.) erwähnte ich, daß es mehr als eine Option geben sollte und daß viele Lehrkräfte noch gelernt haben, eine Option sei genug. Lassen Sie mich ein weiteres Argument anführen, die sogenannte Kontingenz (nach Martin SELIGMAN ). Worum geht es? Ganz einfach: Wenn wir einem einige Wochen alten Baby ein Mobile übers Bettchen hängen, das es selbst kontrollieren kann (z. B. mit einem Bewegungsmelder in der rechten Hälfte des Kopfkissens, so daß Kopfbewegungen das Mobile zum Laufen bringen), dann hat es eine Riesenfreude daran. Ein Baby im Nachbarraum, dessen Mobile sich immer dann bewegt, wenn das erste Baby seines aktiviert, interessiert sich überhaupt nicht für das Mobile – es hat ja auch keine Kontrolle. Soviel zu der früher vertretenen Theorie, Kinder interessieren sich für alles, was sich bewegt. Falsch. Nur bis sie wissen, ob sie Kontrolle haben. Nun tritt das Baby quasi in einen Dialog mit der Umwelt. Was es kontrollieren kann, fasziniert, alles andere wird zum „Hintergrund“. Es gibt auch Experimente mit Hunden und Ratten, die zeigen, daß Tiere (inkl. wir Menschen) Kontrolle SUCHEN. Je weniger Optionen wir unseren Schulkindern geben, desto weniger Kontrolle haben sie über ihr tägliches Umfeld, desto desinteressierter sind sie an den Dingen, die sie zum Sklaven oder Roboter machen. Klassischer Frontal-Unterricht, Hausaufgaben, Prüfungen – alles Aspekte ohne Kontingenz. Ein Wesen braucht aber Kontingenz, nicht nur, um Interesse zu entwickeln, sondern auch, um ein gutes Selbstwertgefühl aufzubauen (vgl. Seite 50 ff.).
Im übrigen gilt, daß Jungen noch weniger klarkommen, wenn sie herumkommandiert werden. Mädchen sind „braver“, sie akzeptieren es leichter, weshalb sie den Jungen oft als gutes Beispiel hingestellt werden. Da Jungen nichts schlimmer finden als ein Mädchen als Beispiel, dem man nacheifern sollte, wird die Situation nur noch verschlimmert. Deshalb: Je mehr Optionen wir anderen Menschen geben können – dies gilt natürlich auch für Lebens-(abschnitts-)Partnerinnen, Kinder, Mitarbeiter etc. –, desto wohler fühlen sie sich; desto mehr Freude macht es ihnen, weil sie bessere Chancen haben, ein gutes Selbstwertgefühl zu entwickeln. Ganz abgesehen davon, daß wir mit der Wahl der Strategien/Möglichkeiten den 3. Aspekt der Intelligenz fördern und die Betroffenen (noch) intelligenter werden lassen. Das sind doch erstrebenswerte Ziele, die zumindest von Eltern und Familienmitgliedern angepeilt werden sollten, falls man gegensteuern muß (weil eine Regelschule allzu enge Regeln festlegt) . . .
Pairing
Kinder lernen lieber von anderen Kindern als von Erwachsenen. Dies konnten sie auch hunderttausende von Jahren (wenn nicht Millionen) lang. Kleinere Jungen folgen den größeren. Sie begleiten sie auf die Weide und lernen, wie man die Tiere hin- und wieder zurückführt, wie man dort Probleme löst etc. Nach einer Weile helfen sie mit kleinen Handgriffen und einfachen Arbeiten, und wenn die Großen den nächsten Schritt gehen (z. B. bei den erwachsenen Jägern „mitzulaufen“ und deren Handwerk zu lernen, bis zu ihren Initiationsriten, von denen sie dann als Erwachsene zurückkommen), übernehmen die früher kleinen Jungen als große Jungen die Weidetiere, und nun laufen ihnen die Kleinen nach . . . Ähnlich lernen Mädchen von ihren älteren Schwestern, Cousinen, Nachbarinnen, was diese von ihren Vorgängerinnen gelernt hatten. Die Idee, daß Erwachsene unterweisen, bezog sich früher immer nur darauf, daß Erwachsene junge Leute (ab ca. 14 Jahren) unterweisen. Auch wenn man früher 7jährige Jungen in eine Lehre gab (für die man selbstverständlich bezahlen mußte!), dann lernten diese zunächst einmal das meiste von den Gesellen, also wieder von den größeren Buben (selten Mädchen). Seit sich unser (relativ neues) Schulsystem für alle durchgesetzt hat, hat sich mit ihm die völlig neue Idee verbreitet, daß es richtig (normal) sei, wenn Erwachsene Kinder unterweisen. Dabei hinterfragt man das System nicht einmal dann, wenn es dermaßen versagt wie in den letzten Jahren. Nehmen wir gut funktionierende Schulen unter die Lupe, von Privatschulen (die ihre Schülerlnnen als KUNDEN sehen) bis zu Schulen, die anders als die Regelschulen auf „freie pädagogische Ansätze bauen“ (z. B. WALDORF bzw. STEINER , FREINET oder
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