Junger, Sebastian
ständig
darauf gefasst sein mussten, angegriffen zu werden. Manche Männer schwangen
die Spitzhacken, um Felsbrocken abzuschlagen, andere schaufelten das Geröll in
Munitionskisten, und die nächsten hievten die Kisten über den Kopf und
schütteten das Geröll in einen leeren Hesco. Hescos sind Drahtkörbe mit
Moleskin-Auskleidung, die vom US-Militär genutzt werden, um an entlegenen Orten
Stellungen zu errichten. Sie messen zweieinhalb Kubikmeter und fassen um die
fünfundzwanzig Tonnen Schotter oder Sand. Es kostete die Männer des 2 nd Platoon einen ganzen Tag, einen dieser Hescos bis zum Rand zu füllen, und
geplant war, ungefähr dreißig dieser Körbe zu einem Schutzwall in Form eines
großen Angelhakens gegen den Feind zu errichten. Jedes Mal wenn sie einen Hesco
gefüllt hatten, war ihre Welt ein wenig größer geworden, und jedes Mal wenn
sie in ein Feuergefecht gerieten, wurde ihnen klar, wo der nächste Hesco
errichtet werden musste. Mit Sperrholz und Sandsäcken bauten sie einen Bunker
für das schwere MG Kaliber .50 und stellten ihre Pritschen entlang der
südlichen Wand auf, denn das war die einzige Stelle, an der sie nicht getroffen
werden konnten. Wenn es regnete, deckten sie sich mit Planen zu oder ließen
sich nass regnen, und wenn die Sonne schien, hockten sie sich in die Kuhle des
.50 cal, rauchten und rissen endlos ihre sarkastischen Soldatenwitze.
Ich habe
O'Byrne einmal gebeten, mir zu beschreiben, in welcher Verfassung er damals
war.
»Gefühllos«,
sagte er. »Nicht ängstlich, nicht glücklich, einfach nur scheiß gefühllos. Ich
hielt mich von den anderen fern, tat, was getan werden musste. Ein komisches
Gefühl, damals in den ersten Monaten, irgendwie unbeteiligt.«
»Hatten
Sie keine Angst vor dem Tod?«
»Nein, war
viel zu betäubt. Und ich schaltete mein Gehirn nicht ein. Es gab Grenzen in
meinem Kopf, und ich ließ es einfach nicht zu, dass ich an diese Grenzen
geriet.«
Zwei
Wochen nach Beginn der Arbeiten klettere ich mit Captain Kearney zum
Restrepo-Vorposten hinauf. Wir brauchen zwei Stunden, und der Typ vom
Hauptquartier, der uns begleitet, muss sich ständig übergeben, weil er die Hitze
nicht gewohnt ist. Ein Soldat wettet um fünfundzwanzig Dollar, dass wir unter
Maschinengewehrfeuer genommen werden, und zwar auf dem letzten Teilstück vor
dem Posten, das sich den Taliban-Stellungen weiter südlich völlig ungeschützt
darbietet. Wir sprinten hintereinander über das Wegstück, und der Mann verliert
seine Wette. Restrepo thront auf einem Kamm und reitet den Berghang hinauf wie
ein Frachter auf einer Riesenwelle, den Bug in der Luft, und das Heck,
angefüllt mit Bunkern und Kommunikationsanlagen, schwerer Ballast im Wellental.
Eine Schutzmauer aus Hescos schirmt den Posten nach Süden ab, und ein
Burn-Shitter ist eingerahmt von einem Nachschub-Fallschirm und Paletten mit
Wasserflaschen und MREs und natürlich Stapeln und Stapeln von Munition: Javelin-Raketen
und Handgranaten und 203er und Kisten mit Munitionsgurten und Magazinen für
das .50 cal, das M240 und die SAW Man hätte meinen können, hier in Restrepo
lagere genügend Munition, um alle Waffen mindestens eine Stunde lang rattern zu
lassen, bis ihre Läufe schmolzen und sie Ladehemmung hatten, bis jeder Mann
taub war und jeder Baum im Tal vom Geschosshagel gefällt.
Als wir
eintreffen, sitzen die Männer des 2 nd Platoon hinter den Hescos auf
ihren Pritschen, rauchen Zigaretten oder schlitzen ihre MREs auf. Im Restrepo
gibt es keine Elektrizität, kein fließend Wasser und keine warmen Mahlzeiten,
und die Männer werden für einen Großteil des kommenden Jahres hier oben sein.
Über ihnen thront die Sperrholzattrappe eines Mannes, die dem 2 nd Platoon
dazu dient, feindliches Feuer zu provozieren. Die Holzfigur ist fast
zweieinhalb Meter hoch und hat einen Phallus, der groß genug sein dürfte, um
von der anderen Seite des Tals erkannt zu werden. Das Gespräch kommt auf die
amerikanische Basis Ranch House. Vor zwei Wochen - um die Zeit, als der 2 nd Platoon am Restrepo baute - kappten achtzig Taliban die Drähte an den
Claymore-Minen um die Stellung, überrannten drei Wachposten und waren bereits
innerhalb des Drahtverhaus, bevor jemand merkte, was geschah. Ein Platoon von
Soldaten der Chosen Company hielt die Basis, und sie hatten die ersten drei
Monate hinter sich gebracht, ohne auch nur in ein einziges Feuergefecht zu
geraten. Sie kamen in Unterhosen aus ihren Hütten gestürzt, warfen mit
Handgranaten um
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