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Junger, Sebastian

Junger, Sebastian

Titel: Junger, Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: War
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sich
hinter dem letzten Hesco hervor, einer oben, einer unten, und schießen in die
Schlucht, bis Rice mit angewidertem Gesichtsausdruck dazu tritt und drei oder
vier Salven aus seiner SAW abfeuert. Rice ist der Anführer der Weapons Squad
und hat sich mir einmal beschrieben als »einer von diesen beknackten Typen,
die den bewaffneten Kampf lieben«. Nachdem er mit der SAW fertig ist, verlangt
er einen M203-Granatwerfer, und Kim reicht ihm eine geladene Waffe. Er tritt
ins Freie und feuert hinunter in die Schlucht. Er dreht sich um und ist noch
vor der Explosion wieder hinter den Hescos. Das Gewehrfeuer ebbt ab bis auf den
Sound der Mörsergranaten, die den Bergkamm treffen. Wer immer auf uns schoss,
war jetzt entweder tot oder hatte keine Munition mehr.
    Gutierrez
trug komplizierte Brüche des Schien- und Wadenbeins davon, die seinen Fuß so
übel vom Bein abstehen ließen, dass ich kaum hinsehen mochte. Er und ein PFC
der 3 rd Squad namens Moreno leerten oben auf den Hescos Munitionskisten
mit Sand, als sie von einem Schützen der Taliban von der Berghöhe aus aufs Korn
genommen wurden. O'Byrne sagt, wenn die Geschosse dicht an einem
vorüberfliegen, hören sie sich an wie Gummibänder, die gegen Plastik schnippen,
und genau das waren die Geräusche, die beide Männer hörten, bevor sie von den
Hescos sprangen. Moreno landete sauber, aber Guttie blieb mit einem Fuß hängen
und schlug mit seinem vollen Körpergewicht plus fünfzehn Kilo Schutzkleidung
auf.
    Moreno
packte ihn und zog ihn aus der Schusslinie. Ein Team Leader der 3 rd Squad namens Hijar lief nach vorn, um zu helfen. Er und Moreno schafften es,
Guttie in Deckung zu ziehen, bevor jemand getroffen wurde. Inzwischen war auch
der Sanitäter, Doc Old, bei ihnen und kniete auf dem Boden, um festzustellen,
wie schwer sich Guttie verletzt hatte. Später fragte ich, ob er nicht kurz
gezögert habe, bevor er hinausgerannt war. »Nein«, sagte Hijar, »er hätte
dasselbe für mich getan. Und nur weil man das weiß, ist das alles hier
möglich.«

Zumindest
habe ich seine Worte so in Erinnerung; ich war noch zu aufgewühlt, um etwas
aufzuschreiben. Es war unser drittes Feuergefecht an diesem Tag, und es gab
keinen Grund zur Annahme, dass sie schon mit uns fertig waren. Rice schickt die
l st Squad hinaus, um die Schlucht zu säubern, aber sie kommen
zurück, ohne Feindberührung gehabt zu haben, und jetzt sind sie damit
beschäftigt, die Stellung am Vordertor mit Sandsäcken zu verstärken. Guttie
liegt im Bunker auf dem Rücken, und Old Doc schiebt eine Kanüle in seine Vene.
Guttie hängt bereits am Tropf, hat eine Zigarette in einem Mundwinkel und
einen Fentanyl-Lutscher im anderen. Er hört Musik aus seinem iPod. Kurz darauf
setzt die Morphiumwirkung ein.
    »Sogar
mein Dealer nebenan hatte besseren Shit als das hier«, sagt Guttie.
    Ein Soldat
namens Stichter geht vorbei. Er ist ein hochgewachsener, gut aussehender
Bursche aus Iowa, der sich das Wort »INFIDEL« quer über die Brust hat
tätowieren lassen und in seinem Helm ein Foto von seiner Schwester bei sich
trägt. (Auf die Weise, sagt er, ist sie die Letzte, die er vor Augen hat, bevor
er auf Patrouille geht.) Er sieht auf Guttie hinunter und schüttelt den Kopf.
»Ich persönlich find's schon komisch, dass ein gestandener Fallschirmjäger aus
anderthalb Meter Höhe runterspringt und sich die Knochen bricht.«
    Der
Arbeitstag ist vorüber und die Männer versammeln sich allmählich im Bunker,
reißen Witze, lesen Zeitschriften und riskieren immer wieder mal einen Blick
auf Guttie. Er liegt auf einer Bahre und hört Musik. Die Hände hat er über der
Brust gefaltet, sein Gesichtsausdruck ist selig. Er schwebt in anderen Sphären.
Ich sitze auf einer Pritsche neben Jones, dem einzigen Schwarzen im Platoon und
einem von fünf in der Company. Er kommt aus Reno in Nevada, hat aber eine Zeit
lang in Colorado gelebt, wo er nach eigener Aussage im Fitnesstest der Army
die höchste Punktzahl des ganzen Staats erreicht hatte. Er drückte 190 Kilo
auf der Bank und riss die vierzig Meter in 4,36 Sekunden runter. Mit einem
Sportstipendium an der State University hatte es nicht geklappt, und irgendwann
dealte er in Reno mit Drogen, bevor er zur Army ging, um nicht auf der Straße
umgelegt zu werden oder im Knast zu landen. »Im normalen Leben wollten sie mich
schon oft genug abknallen, und daher wusste ich genau, wie ich unter Beschuss
reagieren würde«, sagte er. »Ich meine, ich bin ja nicht bescheuert - also

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