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Jungs sind keine Hamster

Jungs sind keine Hamster

Titel: Jungs sind keine Hamster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmeißer
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Rockern, bei der sich die Jungs selbstredend absolut heldenhaft und extrem männlich verhalten haben. Ich will euch nicht die Illusionen rauben, aber Jungs erzählen unglaublich viel Quatsch, um Mädchen zu beeindrucken.
    Wenn Jungs eine klitzekleine Platzwunde an der Stirn haben, behaupten sie zum Beispiel, ihnen wäre so etwas passiert: „Diese Verletzung habe ich von einem Motorradunfall. Ich war mit meinem Bruder auf der Autobahn mit hundertachtzig Sachen unterwegs, als so ein Riesenlastwagen auf einmal rüberzog und uns voll erwischte. Ich bin bestimmt fünfhundert Meter weit geflogen und dann gegen die Leitplanke geknallt. Ich war erst ohnmächtig, aber als ich aufwachte, dachte ich, mein Kopf explodiert. Ich hatte Höllenschmerzen und war total blutverschmiert. Dann habe ich die Schreie gehört und sofort gehandelt und den Fahrer aus seinem brennenden Lkw gerettet. Die Schmerzen waren schrecklich, aber ich habe mir nichts anmerken lassen. Die Polizei und die Sanitäter meinten, dass ich ein Held sei.“
    Die Wahrheit: Er ist über den Puppenwagen seiner kleinen Schwester gestolpert und hat die ganze Nacht geweint.
    Aber das mit Marvin und mir war etwas anderes. Wir hatten ja noch gar nicht genug Zeit miteinander verbracht, als dass er mich hätte anlügen können. Und weder wollte ich ihn mit fremden Gedanken im Kopf („Der ist ein Arsch!“) kennenlernen, noch wollte ich darüber nachdenken, ob ich einen Fehler machte. Aber Lore verprellen – das ging natürlich auch nicht. Eigentlich. Ich sah nach draußen. Warum wurde es nicht dunkel? Dauerte dieser Tag ewig? Aus lauter Verzweiflung machte ich Hausaufgaben und sortierte Klamotten aus, die ich seit Jahren nicht getragen hatte.
    Am nächsten Morgen wachte ich in meinem Sessel auf. Irgendwann nachts war ich zwar ins Bett geklettert, aber an Schlaf war nicht zu denken gewesen. Mir spukte viel zu viel im Kopf herum. Also war ich wieder zurück in meinen Sessel gewankt, weil sich dort nun mal am besten nachdenken ließ. Über mich, Gorillas und Marvins. Irgendwann musste ich dann wohl doch eingeschlafen sein.
    Bibbernd wartete ich an der Haltestelle auf den Schulbus. Der Wind war eisig und meine Kleidung für die Temperaturen völlig falsch ausgewählt. Ich hatte meinen karierten kurzen Rock an, trug dicke schwarze Strümpfe, ein pinkes T-Shirt und eine schwarze, viel zu dünne Jacke. Kurz dachte ich darüber nach, wieder umzudrehen und mir was Wärmeres anzuziehen. Aber das ließ ich bleiben. Ich hatte schon fast eine Stunde gebraucht, um die Klamotten auszusuchen, und auf das Auswahldrama hatte ich keinen Bock mehr. Ich besaß einfach keine Klamotten, in denen ich bei Jungs einen Hallöchen-die-sieht-ja-super-aus-Eindruck hinterlassen konnte. Zumindest nicht bei Jungs, die wie Marvin immer todschick und teuer gekleidet waren. Das, was ich trug, war schon das Maximum, was man aus meinem Kleiderschrank rausholen konnte. Aber immerhin sah ich so einigermaßen passabel aus. Wenn man mal von meinem Gezitter und meinen blauen Lippen absah. Und ich wollte, nein, ich musste gut aussehen. Irgendwie befürchtete ich, dass Marvin sonst bei meinem Anblick wieder zu Verstand kommen und unser Date absagen könnte. Als der Bus um die Ecke bog, juchzte ich auf. Endlich ins Warme!
    In der Schule setzte ich mich auf meinen Rucksack direkt vor die große Eingangstür. Der Bereich war überdacht und bot Schutz vor dem kalten Wind.
    Kurz vor acht kam Marvin zusammen mit Sven und Justin als einer der Letzten auf den Schulhof. Cool bleiben, hieß meine Devise, was nicht so leicht war, da mir das Herz schon wieder fast aus der Brust hüpfte, als ich Marvin sah. Aber Sven und Justin durften nichts merken. Die würden ja aus allen Wolken fallen, sich mit Lore verbrüdern und uns auseinanderhassen.
    „Menschenskinder, ist bei dir der Frühling oder ein Frühlingsgefühl ausgebrochen?“ Ich drehte mich um und sah, wie mich die dick eingemummelte Lore von Kopf bis Fuß musterte.
    „Wieso?“, fragte ich scheinheilig.
    Lore packte mich an den Armen und fragte ernst: „Weißt du etwa, wer der Gorilla ist?“
    „Waaas?“ Ich tat empört. „Nein!“
    „Du würdest es mir doch auch verraten, oder?“
    „Logisch! Du bist doch meine beste Freundin“, sagte ich und schämte mich sofort dafür, Lore derart anzuflunkern. Dabei hätte ich ihr so furchtbar gerne von Marvin erzählt! Aber das ging einfach nicht.
    Lore sah mich skeptisch an. „Aber erzähl mir nicht, dass du nicht

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