Jungs sind wie Kaugummi - süß und leicht um den Finger zu wickeln (German Edition)
Rettung ihres Sprösslings herbei. »Fabi – bedroht dich dieses Mädchen schon wieder?« Sie funkelte mich an, offenbar bereit zu allem.
Sicherheitshalber wich ich ein paar Schritte Richtung Babypflege zurück. Dabei ließ ich den tückischen kleinen Fruchtzwerg nicht aus den Augen. »Ihr Söhnchen hat Ihnen was zu sagen«, sagte ich.
Die Unterlippe der kleinen Zecke zitterte heftiger.
»Was fällt dir ein?« Godzilla richtete den Einkaufswagen auf mich aus und stampfte mit dem Fuß auf wie ein wilder Stier in der Arena. Ich war jetzt ebenfalls versucht, nach meiner Mama zu rufen, aber die war zwei Reihen weiter immer noch im Rosenholzfieber.
»Diese Geschichte im Schulbus damals, die hat Ihr Sohn völlig frei erfunden.« Ich redete hastig, denn hier ging es um Leben oder Tod. »Wahrscheinlich hat er den Joghurt selber in den Schulranzen gematscht und dann Angst vor Ihnen bekommen. Und später hat er auf die erstbeste Person gezeigt, die aus dem Bus kam. So war’s doch, oder, Joghi?«
Der Fruchtzwerg guckte noch unschlüssig, Godzilla immerhin hatte aufgehört, mit den Füßen zu stampfen.
»War’s nicht so?« Ich durchbohrte die prall gefüllte Anoraktasche mit meinen Augen.
Der Fruchtzwerg sagte immer noch nichts.
»Fabi«, sagte Godzilla mit überraschend sanfter Stimme.
»Traubenzucker ist auch was Feines«, sagte ich genauso sanft.
»Ja, so war es!«, brach es aus dem Fruchtzwerg heraus. »Ich habe den Joghurt selber in meinen Ranzen getan, Mama.«
»Du hast gelogen, Fabi? Das Mädchen hatte gar nichts damit zu tun?« Godzilla sah ehrlich betroffen aus.
»Doch«, sagte der Fruchtzwerg, aber da starrte ich erneut auf die Anoraktasche und imitierte heftige Kaubewegungen mit dem Kiefer.
»Ich meine, nein, hat sie nicht . . .«, verbesserte sich der Fruchtzwerg.
»Ich saß nur zufällig in der Nähe«, ergänzte ich freundlich.
»Aber Fabi!« Godzilla war echt fertig mit der Welt. Das hätte sie ihrem Liebling wohl nicht zugetraut. »Wie konntest du nur?«
Auf den Gedanken, sich bei mir zu entschuldigen, kam sie natürlich nicht, aber darauf konnte ich auch gut und gern verzichten.
»Wiedersehen«, sagte ich und machte mich auf die Suche nach Mama. Sie hatte die Lippenstifte endlich hinter sich gelassen und war bereits zu den Deodorants vorgedrungen.
»Wo warst du so lange?«, erkundigte sie sich.
»Ach, bloß hier und da«, murmelte ich und beobachtete nicht ohne Genugtuung, wie Godzilla mit Fruchtzwergchen den Laden verließ, ohne etwas gekauft zu haben. Vor der Tür schüttelte sie den Jungen, dass diverse Zahnpflegekaugummis aus der Anoraktasche fielen, und da brüllte Godzilla, wie nur Godzilla brüllen kann.
Meine Mutter betrachtete sie kopfschüttelnd.
»Leute gibt’s«, sagte sie.
»Ja«, sagte ich. »Dieses Kind da ist jünger als ich und klaut wie ein Rabe. Du könntest es wirklich noch schlimmer angetroffen haben.«
»Ja«, sagte Mama. »Wahrscheinlich.« Und dann erlaubte sie mir aus heiterem Himmel, am Freitag bei Kati zu übernachten. Ich umarmte sie stürmisch.
SECHS
Ich war ziemlich aufgeregt, als ich bei Jakob klingelte, fast so, als wäre er Konstantin und nicht der gute alte Jakob, den ich schon immer kannte. Ich hatte auch ein bisschen Angst, weil ich nicht genau wusste, was auf mich zukam. Ich konnte nur hoffen, dass Jakob sich wirklich auf das verstand, was wir vorhatten, denn ich würde ihm im Falle des Falles nicht weiterhelfen können, so viel war sicher.
Jakobs Schwester Magdalena machte mir die Tür auf.
»Jakob ist in seinem Zimmer«, sagte sie. »Hier, du kannst die Pizza mit hochnehmen.« Sie drückte mir ein Familienblech Pizza Spinaci in die Hand. Jakob schien wirklich gar nichts den Appetit zu verderben. Ich selber war viel zu aufgeregt, um etwas zu essen. Und ich wollte sicher nicht nach Knoblauch schmecken bei meinem ersten Zungenkuss.
»Mach die Tür zu«, sagte Jakob, als ich mit dem Blech bei ihm ins Zimmer trat. »Sonst kommen meine Schwestern rein und sehen, dass ich den DVD-Player geklaut habe. Ich habe ihnen erzählt, dass Opa ihn sich ausgelie hen hat, und sie sind stinksauer auf Opa, weil sie heute zum dreitausendzwanzigsten Mal Stolz und Vorurteil anschauen wollten.«
Ich machte die Tür zu.
»Abschließen«, sagte Jakob. »Oder möchtest du dabei erwischt werden? Ich kann dir sagen, das war vielleicht kompliziert, das Ding zu besorgen.«
»Was für ein Ding?«, fragte ich, und meine Stimme klang so brüchig, dass ich mich räuspern
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