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Junimond (German Edition)

Junimond (German Edition)

Titel: Junimond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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voller Energie. Sie war eine von den Frauen, die sich Stella früher immer als Mutter gewünscht hatte. Patent, gut gelaunt, gut organisiert und dabei noch freundlich und offen. Sie beobachtete, wie Nick leicht gebeugt vor ihr stand und sie ihm kurz dankbar die Hand auf die Schulter legte und verstand, was Olivia gemeint hatte. Nick lebte in einer Familie, in der offenbar alles in Ordnung war. Lautstarke Streits und Gummigeschosse inklusive.
    »Ich wollte ihr nur schnell sagen, was wir gemacht haben und das alles okay ist«, entschuldigte sich Nick bei Stella. Er öffnete die Tür zu seinem Zimmer.
    Für ein Jungenzimmer war es erstaunlich aufgeräumt, fand Stella. Auf einem Schreibtisch standen ein Computer mit einem zusätzlichen Bildschirm und diverse Abspielgeräte.
    »Wir schneiden immer bei mir«, erklärte Nick während Stella sich umsah. Er deutete auf seinen Schreibtischstuhl und fuhr seinen Computer hoch.
    »Und, Stella? Wie fandest du das Gespräch mit Frau Dohm? Hast du eigentlich vorher recherchiert? Ich meine ... Villa Quandt und so?«
    »Ja, ein wenig«, sagte Stella und setzte sich. »Als sie das von der Villa sagte, wusste ich, dass es interessant werden könnte. Aber das andere war Zufall. Mann, ihre Mutter war da, genau in diesem Kino und zu dem Zeitpunkt, als die SA dort aufgelaufen ist, um den Film zu stören! Irre, oder?«
    »Wenn sie es richtig erinnert hat. Immerhin war sie ja ein Säugling als das alles passiert ist.«
    »Aber das Foto!«
    Nicks Computer war hochgefahren und er rief Google auf.
    »Ein Foto ist kein Beweis. Wer weiß, was sich in ihrer Erinnerung an die Worte ihrer Mutter bis heute verändert hat.«
    Stella sah, dass er Suchbegriffe eingab. Nick deutete auf einen Wikipedia-Artikel.
    »Aber es scheint zu stimmen. Hier steht zum Beispiel die Sache mit der gestörten Filmvorstellung. Fragt sich nur, ob ihre Mutter das alles erlebt hat oder Frau Dohm sich das später ausgedacht hat.«
    Stella beugte sich zu ihm hinüber und sah auf den Bildschirm. »Du meinst, sie hat unter ihren Zeitungsbergen ein Laptop versteckt und sich alles bei Wikipedia rausgesucht, was sie uns erzählt hat?«
    Nick grinste, dann sagte er ernst: »Weißt du, ich glaube, Frau Dohm weiß überhaupt nicht mehr, was sie erlebt und was sie nur gelesen oder gehört hat. Du hast es doch selber gesagt, sie hat vermutlich sehr viel mehr gehört und gelesen als selber erlebt. Ich meine, immer in diesem Haus und so.«
    »Könnte sein«, sagte Stella nachdenklich. »Immerhin hat sie einen Fernseher. Vielleicht hat sie ganz viele Dokumentationen über die Zeit gesehen und dann gedacht, sie oder ihre Mutter hätten es selber erlebt. Ich kann irgendwie nicht glauben, dass ihre Mutter mit einem kleinen Kind auf der Hochzeit von Goebbels war.«
    Sie sahen sich an. Es war einfach zu absurd. Sie waren zu Frau Dohm gegangen, einer Zeitzeugin, um zu erfahren, wie es damals gewesen war, wer hier gewohnt und gelebt hatte und am Ende trauten sie nicht einer ihrer Aussagen.
    »Und das Internet ist auch keine sichere Quelle ...«, sagte Nick und schaltete den Computer wieder aus. »Weißt du, manchmal denke ich, jede Zeit hat ihre eigenen Wahrheiten und Lügen. Ich sage dir, bei Wikipedia steht ne Menge Unsinn. Ich habe sogar gehört, dass Lehrer dort falsche Einträge machen, nur um zu sehen, ob Schüler für ein bestimmtes Thema dort abschreiben. Verrückt, oder?«
    »Am Ende weiß man überhaupt nicht mehr, was man glauben soll und was nicht«, sagte Stella und ließ sich auf den Stuhl zurückfallen.
    »Schätze, deshalb haben wir damals in der Schule diesen Ausflug nach Sachsenhausen gemacht. Wenn man etwas nicht mit eigenen Augen sieht, dann fällt es einem schwer, bestimmte Dinge zu glauben.«
    Stella nickte. »Aber richtig verstehen kann man es trotzdem nicht, oder?«

47
    »Ich will in keiner Zeit leben, in der Gefühle keine Zeit haben.«
    (A Single Man)
    Zur selben Zeit
    Olivia hatte ihren iPod in ein Abspielgerät gestellt und die Rolling Stones so laut aufgedreht wie es ging.
    Sie wusste, dass man Ares mit Rockmusik zu fast allem bekommen konnte, denn die Sache war heikel. Ares hasste es, gefilmt zu werden. Doch sie fand die Idee geradezu genial, wie eigentlich alle ihre Ideen, und sie brauchte einen Schauspieler oder besser gesagt: ein Model.
    Seit sie den Kleiderschrank auf dem Dachboden entdeckt hatte, hatte diese Idee sie verfolgt und nun war der beste Augenblick, sie umzusetzen. Olivia stellte die Kamera an das

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