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Junimond (German Edition)

Junimond (German Edition)

Titel: Junimond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Bongard
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Frau Dohm entschieden. »1931 wurde das Verbot noch einmal kurz aufgehoben, aber zwei Jahre später, da ließen sie dann alle Filme verbieten, die ihnen nicht passten.«
    »Die ... Nazis?«, sagte Stella vorsichtig, wie um ganz sicher zu gehen.
    »Ja, Gleichschaltung und Säuberung nannte das Goebbels.«
    Nick macht eine unauffällige Bewegung mit seinem Kopf zu der Anrichte im Wohnzimmer, auf der genau ein Regalbrett nicht vollgestellt war. Dort stand das gerahmte Foto eines Mannes.
    »Goebbels?«, formte Stella lautlos mit den Lippen und Nick zuckte mit den Schultern.
    »Frau Dohm?«, sagte Stella und holte endlich einen gefalteten Zettel aus ihrer Hosentasche. »Kann ich ihnen ein paar Fragen stellen?«
    Frau Dohm lächelte wieder verlegen, aber auch etwas kokett. Nick hatte den Eindruck, dass sie die Aufmerksamkeit genoss.
    »Ich mache ihnen einen Tee, ja?«, sagte er, um sie bei Stimmung und wach zu halten.

44
    In der Küche kannte Nick sich gut aus. Er wusste, wo er einen Wasserkocher fand und wo die Teebeutel standen. Viel mehr, als Tee kochen konnte man in der Küche nicht, auf den Platten des Herdes hatte Frau Dohm Eierkartons gestapelt und im Backofen lagerte sie glatt gestrichene Aluminiumfolie. Nachbarn hatten Nicks Mutter auf das, wie sie es nannten, Problem mit Frau Dohm aufmerksam gemacht und seitdem kümmerte sich seine Mutter um die alte Frau. Nick war das erste Mal aus Neugierde mitgekommen. Im Hinterkopf hatte er gleichzeitig die Idee gehabt, einen Film über Frau Dohm zu drehen und ihr Müll-Haus , wie er es heimlich nannte. Aber als er sie kennenlernte, verwarf er die Idee wieder. Er hatte Angst, dieser Film würde Frau Dohm und ihr Haus ausstellen wie eine Zirkusattraktion und er war sich nicht sicher, ob er das wollte und ob sein Interesse berechtigt war oder nur Voyeurismus. Er hatte nie mit Olivia oder Ares darüber gesprochen, doch jetzt, da Stella das alles gesehen hatte und sie dieses Interview drehten, würde er wohl eine Haltung dazu einnehmen müssen.
    Nick setzte das Teewasser auf, suchte eine Teetasse und kontrollierte, ob sie gut abgewaschen war und hängte erst dann den Teebeutel hinein. Er hörte Stellas ruhige Stimme aus dem Wohnzimmer und Frau Dohm, die aufgeregt antwortete. Sie war begeistert gewesen, als Nick sie gefragt hatte, ob sie etwas über die »alten Zeiten« erzählen wolle und es störte sie offenbar nicht, dass man sah, wie sie wohnte. Aber war es trotzdem in Ordnung, es der Welt zu zeigen?
    Nick steckte seinen Kopf vorsichtig zurück ins Wohnzimmer.
    »Ob ich Goebbels gekannt haben?«, hörte er Frau Dohm sagen.
    »Mein liebes Mädchen, natürlich habe ich ihn kennengelernt. Das war kaum zu vermeiden, da er hier in der Gegend ein- und ausging und meine Mutter mit Magda Quandt befreundet war.«
    »Magda Quandt? Hat sie etwas mit der Quandt-Villa in der Virchowstraße zu tun?«, hörte Nick Stella aufgeregt fragen.
    »Aber ja. Sie war die zweite Frau von Günther Quandt.«
    Frau Dohm lächelte vielsagend und schien bei der Geschichte richtig aufzublühen. »Quandt war eine gute Partie. Er war unheimlich reich. Sie zogen 1928 nach Neubabelsberg.«
    Stella nickte verständnisvoll und warf Nick wieder einen entschuldigenden Blick zu, als wollte sie sage: So sind wir Frauen, wir reden über alles Mögliche bis wir zum Wesentlichen kommen.
    »Wie war Magda Quandt so?«, fragte Stella.
    »Tja, in ihrer Jugend ... sehr schwankend. Was wohl auch mit ihren Lebensumständen zusammenhing. Ihr erster Geliebter war Jude, so wie ihr Stiefvater und machte sie mit dem jüdischen Bräuchen vertraut.«
    Nick räusperte sich von der Tür aus und formte mit dem Mund ein alles-okay? in Stellas Richtung und sie formte etwas zurück, dass er nicht lesen konnte. Es ist alles Okay? oder Mir tut der Hintern weh? Geh und hol den Tee ?
    Aber er blieb und lächelte Frau Dohm aufmunternd zu. Sie winkte zurück und wandte sich dann wieder an Stella.
    »Dann lernte sie Quandt kennen.« Frau Dohm seufzte theatralisch. »Als sie heirateten, musste sie sogar wieder den Namen ihres leiblichen Vaters annehmen, weil Quandt keine Frau mit jüdischem Namen heiraten wollte. Ihm zuliebe wechselte sie zum Protestantismus.«
    Frau Dohm schwieg und träumte leicht weg und erst als Stella ihren Arm berührte, wachte sie auf.
    »Wie ging es weiter mit Magda Quandt?«
    »Nun«, sagte Frau Dohm, »es war wohl abzusehen. Er trennte sich nach 8 Jahren Ehe von ihr und sie wurde 1930 Mitglied in der NSDAP.«
    »Ach

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