Junimond (German Edition)
meistens, obwohl er spürte, dass Stella Fragen und Worte erwartete. Und er gab sich Mühe.
»Was habt ihr heute für Aufnahmen gemacht?«, fragte er sie interessiert.
»Wir haben uns gegenseitig über unsere Häuser interviewt«, sagte Stella.
»Irgendetwas, was wir wissen sollten?«, sagte Nick während er am Beamer hantierte. »Leute, die sich auf dem Dachboden aufgehängt haben, Flüche über dem Haus, Leichen im Keller?«
Stella wollte etwas sagen, aber Olivia unterbrach sie sofort. »Wir verraten nichts. Es soll ja noch ein bisschen spannend bleiben.«
Nick grinste. »Du meinst zum Beispiel die Frage, wer der Geist ist, der jeden Abend in meinem Zimmer erscheint und mir sagt, dass dieser Film nie fertig werden wird, weil wir immer noch kein Konzept haben?«
»Das ist nur deine eigene Angst und Unsicherheit. Natürlich wird der Film fertig«, sagte Olivia und stupste Nick mit ihrem großen Zeh freundschaftlich an. »Du wirst ihn schneiden und wie immer das Wunder vollbringen.«
»Hauptsache, ich habe etwas zum Schneiden.«
Sie kamen bis zum ersten Drittel des Films, als es an der Haustür klingelte. Ares hatte seinen Arm immerhin schon auf die Lehne des Sofas geschoben und war ziemlich zuversichtlich, dass er ihn bis zur Mitte des Films irgendwie um Stella legen konnte, aber nun sprang Stella auf, um die Tür zu öffnen und Ares zog seinen Arm schnell wieder zurück.
Sie hörten lautes Rufen und großes Hallo an der Tür, zwei fremde, aber junge Stimmen und dann kamen alle ins Wohnzimmer.
Ares hatte die Tatsache, dass Stella irgendwo in Berlin Freunde hatte, immer für selbstverständlich gehalten, aber als er den großen, coolen Typen in seinem verwaschenen Hoodie und ein Mädchen mit wilden schwarzen Haaren in der Tür stehen sah, kam es ihm trotzdem seltsam vor. Was machten die hier?
»Hi, das sind Dana und ... Tim.«
»Hallöchen!«, sagte Dana und grinste breit in die Runde.
»Was geht ab!«, sagte Tim und Ares hasste ihn sofort.
Im nächsten Moment saß Dana zwischen Ares und Stella und Tim irgendwo auf dem Boden. Während der Film auf Pause stand und Robin Williams in einer sehr unvorteilhaften Geste erstarrt war, plapperten Dana und Stella über Berlin und die letzte coole Party und Olivia fragte nach und Nick stimmt zu und Ares fühlte sich überflüssig. Er betrachtete Danas gebräunten rechten Arm, der auf ihrem gebräunten Oberschenkel lag und vom Oberarm bis zu den Handgelenken mit feinen weißen und rosig schimmernden und sehr sauber nebeneinander gelegten Narben bedeckt war. Sie ritzt sich , dachte Ares, und versteckt es noch nicht mal . Er konnte den Blick kaum von dem Arm lösen. Okay, er war auch verrückt und verletzte sich ständig, aber wieso tat man das vorsätzlich? Sehr seltsam .
Und dann war da Tim, der mit seinem Autoschlüssel herumspielte (Anhänger ein Fingerboard) und sich mit Nick darüber unterhielt, wo man hier gut skaten konnte. Angeber .
»Was seht ihr gerade für einen Film?«, fragte Dana.
»Rate mal!«, sagte Nick, aber Ares war sich sicher, dass die beiden keine Ahnung von Filmen hatten.
»Sieht langweilig aus!«, sagte Tim und grinste und Stella lachte albern, obwohl sie den Film ausgesucht hatte.
Tim sah den Stapel DVDs auf dem Tisch und durchsuchte ihn.
»Hey, wie wäre es mit Dracula!«
Nick und Ares sahen sich an. Ihre Sammlung von Dracula-Filmen war heilig und Kult, sechs Filme mit Christopher Lee, aber gleichzeitig etwas, dass man vor Mädchen und Filmkritikern besser versteckte, denn sie waren schlecht, schlecht, schlecht. Es war sicher Zufall, dass dieser eine Film hier lag, Nick musste ihn aus Versehen gegriffen haben, oder?
»Tja«, sagte Nick wenig konstruktiv und Olivia zog die Augenbrauen hoch.
»Ich bin ziemlich fertig, ich leg mich schon mal hin«, sagte Ares und setzte sich auf. Die Boxershorts war leicht am Oberschenkel festgeklebt, er spürte wie ihm schwindlig wurde. Alle starrten ihn fragend an.
»Hey, ich will hier nicht die Stimmung verderben, aber die Medikamente wirken.«
Tim grinste vielsagend, obwohl er die Bemerkung offensichtlich vollkommen falsch interpretierte und Olivia und Nick wechselten einen kurzen, informativen Blick.
Nick musste wissen, dass Ares gar nichts genommen hatte und jetzt wusste es auch Olivia und verstand gleichzeitig, dass Ares allein sein wollte. Sie stand auf.
»Okay, soll ich dir helfen?«
»Geht schon«, sagte Ares und winkte in die Runde. »Viel Spaß, wir sehen uns morgen.«
Oben, in
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