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Jupiter

Jupiter

Titel: Jupiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bova Ben
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Moment«, raunte der Kapitän hinter ihm.
    Grant sah ein schwaches grünliches Leuchten erscheinen, ein geisterhaft blasses Licht wie von einem unheimlichen Tiefseebewohner. Er war zu überrascht, um zu sprechen.
    »Energiereiche Partikel aus Jupiters Magnetosphäre bringen Ios Atmosphäre zum Leuchten. Man sieht es nur, wenn Io im Schatten ist.«
    Richtig, dachte Grant. Er erinnerte sich, irgendwo darüber gelesen zu haben. Sauerstoff-und Schwefelatome wurden von Kollisionen mit Partikeln der Magnetosphäre angeregt. Die Erscheinung ähnelte den Nordlichtern auf Erden, es war der gleiche physikalische Mechanismus. Trotzdem war der Anblick eine Überraschung, ein Geschenk der Natur.
    »Danke, Kapitän«, sagte er wieder und wandte sich vom Bildschirm ab, um zu ihm aufzublicken.
    Der Kapitän hob die massigen Schultern. »Als ich in Ihrem Alter war, wollte ich Wissenschaftler werden. Das Sonnensystem erforschen. Neues Leben suchen, neue Entdeckungen machen.« Er seufzte schwer. »Stattdessen bin ich mit diesem Eimer unterwegs.«
    »Es ist ein wichtiger Job«, sagte Grant.
    »O ja, sicherlich.« Er sprach mit einem Akzent, den Grant nicht genau zu deuten wusste. Russisch? Polnisch? »So wichtig, dass das Schiff die meiste Zeit vom Computer gelenkt wird und ich nichts zu tun habe als aufzupassen, dass die Mannschaft keinen Mist macht.«
    Darauf wusste Grant nichts zu erwidern.
    »Nun ja, wenigstens habe ich hin und wieder fleißige junge Schlauberger wie Sie zu befördern«, sagte der Kapitän und zeigte ein unerwartetes Lächeln. Grants Unbehagen verstärkte sich. Was wollte der Mann, der nie ein gutes Wort für ihn gehabt hatte?
    »Ich, ah…« Er stand auf. »Ich habe noch eine Menge zu lernen. Und ich muss meiner Frau ein Video schicken. Das tue ich jeden Tag, und…«
    Der Kapitän lachte herzhaft. »Ja, natürlich«, sagte er. »Ich verstehe, mein Junge. Keine Sorge.«
    Er lachte und ging zur Kaffeemaschine. »Solange das VR-System funktioniert und der Eimer zusammenhält, haben Sie nichts zu befürchten.«
    Grant sank auf seinen Stuhl zurück, während der Kapitän grinsend seine Tasse füllte und zur Tür ging.
    Dort blieb er stehen und wandte sich um. »Übrigens gibt es neben der Brücke eine Beobachtungskuppel. Wenn Sie Jupiter mit bloßem Auge sehen wollen, haben Sie meine Erlaubnis, sie zu benutzen.«
    Grant zwinkerte überrascht. »Äh… ja… danke«, stammelte er. »Vielen Dank. Es tut mir Leid, wenn ich…«
    Aber der Kapitän hatte schon kehrt gemacht und stapfte den Gang zur Brücke hinunter.
    Grant saß da und fragte sich, ob er den Kapitän missverstanden und sich lächerlich gemacht habe. Aber er hatte das VR-System erwähnt, und Grant hatte gehört, dass Simulationen virtueller Realität nicht nur Navigationszwecken, Standortbestimmungen und anderen Bordfunktionen dienten, sondern auch für Simulationen von Sex verwendet werden konnten. Hatte er womöglich das gemeint?
    Grant schüttelte den Kopf und tat den Gedanken als abwegig ab. Dann machte er sich daran, eine weitere Videobotschaft für Marjorie aufzusetzen, natürlich ohne den Kapitän zu erwähnen. Aber beim Gedanken an Marjorie fragte er sich gegen seinen eigenen Willen, wie VR-Sex sein mochte.
6. ANKUNFT
    Grant spähte durch das transparente Panzerglas der Beobachtungskuppel und stellte fest, dass Jupiter nicht nur immens war, sondern lebendig.
    Inzwischen waren sie in einer Umlaufbahn um den Planeten, und seine gigantische Masse war so nahe, dass er nichts anderes sehen konnte, nichts als die Wolkenstreifen und -wirbel, die in sichtbarer Bewegung über Jupiters Antlitz zogen. Die Wolken strömten und veränderten sich vor seinen Augen, bildeten Wirbel von der Größe Asiens, veränderten ihre Konturen und schienen manchmal wie Lebewesen zu pulsieren. Blitzentladungen leuchteten in diesen Wolken auf, plötzliche Explosionen, die wie Signallampen im Dunst aufleuchteten.
    Unter diesen Wolken war Leben, das wusste Grant. Gigantische ballonartige Wesen, die Clarkes Medusen genannt wurden und in den orkanartigen Winden trieben, die um den Planeten jagten. Lebewesen, die niemals Land gesehen hatten und ihre ganze Existenz treibend in den Wolken verbrachten. Mit Segeln wie Spinnweben, die mikroskopische Sporen und Nährstoffe fingen, Partikel wie langkettige Kohlenstoffmoleküle, die sich in den Wolken bildeten und allmählich abwärts zum globalen Ozean sanken.
    Wie von ungefähr kamen ihm die Worte eines Psalms in den Sinn:
    Die Himmel verk

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