Jupiter
ein Erschauern ihres eigenen Körpers fühlen. Sie musste das Gefühl haben, gestreichelt und liebkost zu werden. Er beobachtete ihr Gesicht: die Augen halb geschlossen, das seltsame kleine Lächeln in ihren teigigen Zügen. Kein Zweifel, sie genoss die Bewusstseinserweiterung nicht anders als eine Drogensüchtige.
Grant tauchte durch die Luke und glitt in seine Koje. Er schloss die Augen und versuchte Krebs aus seinem Bewusstsein zu verdrängen. Die Sonde schwankte und taumelte, warf ihn in der Enge seiner Koje von einer Seite zur anderen. Schlaf war unmöglich.
»Grant… sind Sie wach?« Es war Karlstads flüsternde Stimme.
Grant glitt mit den Füßen voran aus seiner Koje und sah, dass Karlstad am Ende seiner Schlafstelle saß, die Füße um die dicken kurzen Metallbeine der Koje gehakt und über einen Taschencomputer gebeugt, den er in einer Hand hielt. Der kleine Bildschirm warf einen geisterhaften grünlichen Schein auf sein Gesicht, das in den Schlieren ihres flüssigen Mediums zu verschwimmen schien.
»Sind wir in der Nähe des Roten Flecks?«, fragte Grant. Karlstad blickte zu ihm auf. »Ha? Der Fleck? Nein, im Gegenteil. Wir sind auf der anderen Seite des Planeten.«
»Ach. Gut.«
Die Sonde taumelte unter einem heftigen Stoß und warf Grant beinahe von seiner Koje.
»Dies ist schlimm genug, meinen Sie nicht?«, fragte Karlstad. Er blickte besorgt zur Decke auf.
»Ich dachte bloß…«
»Sie treibt uns absichtlich durch diesen Sturm«, sagte Karlstad grimmig.
»Warum sollte sie das tun?«
»Sie bringt uns zurück zu unserer ersten Eintrittsposition«, sagte Karlstad. »Sie folgt dem Plan für diese Mission so blindlings wie ein Lemming, der sich von einem Kliff stürzt.«
»Zurück in den Sturm, dem wir ausgewichen sind? Das ist verrückt!«
Karlstad hielt seinen Taschencomputer an den Mund und sprach hinein. Grant bewegte sich näher und setzte sich am Ende seiner Koje neben ihn. Die Sonde sackte durch, dann wurde sie emporgehoben. Grants Magen rebellierte.
»Hier, sehen Sie.« Karlstad hielt den Computer so, dass Grant den leuchtenden kleinen Bildschirm sehen konnte. Seine Hände zitterten so, dass Grant die seinen darüber legte, um sie ruhig zu halten.
»Wenigstens lässt die Windgeschwindigkeit nach. Ist gerade unter fünfundfünfzig Meter pro Sekunde gesunken«, murmelte Karlstad und tippte mit dem Zeigefinger an den Bildschirm. »Das sind weniger als zweihundert Kilometer pro Stunde. Wir kommen heraus.«
»Ich denke mir, sie erwartete nicht, dass der Sturm in dieser geringen Höhe so viel Turbulenz erzeugen würde«, meinte Grant.
»Darauf würde ich nicht wetten«, murrte Karlstad.
Dann sagte er zum Computer: »Darstellung Gradient Außendruck.«
Der kleine Bildschirm wurde leer.
»Sie sind mit dem Bordcomputer verbunden?«, fragte Grant.
»Was sonst?«
Nun zeigte der Bildschirm eine bizarr gewellte Kurve mit einer tiefen Ausbuchtung in der Mitte.
»Sehen Sie?« Karlstad zeigte auf die Darstellung. »Es ist ein kleiner, kompakter Sturm. Dort ist das Zentrum. Wir sind in dieser Region hier.«
»Warum hat Krebs den Sturm nicht ganz gemieden?«, fragte Grant. »Wir hätten ihm ohne weiteres ausweichen können.«
»Wie ich Ihnen sagte, sie folgt dem Plan«, antwortete Karlstad mit einem bitteren Lächeln. »Nach dem Plan sollen wir hier sein, also sind wir hier, ungeachtet der Bedingungen draußen.«
Grant schüttelte den Kopf. »Das ergibt keinen Sinn.«
»Aber sicher, für eine wie Krebs, die unter pathologischer Analretention leidet.«
»Vielleicht will sie nur Daten über den Sturm gewinnen«, meinte Grant. »Schließlich ist sie Wissenschaftlerin. Niemand hat bisher Daten aus dem Innern eines jovianischen Zyklons gewonnen. Dies ist eine Gelegenheit.«
»Der wahre wissenschaftliche Idealismus«,höhnte Karlstad. »Die Daten müssen her, selbst wenn wir alle dabei umkommen.«
»Die Sonde ist nicht in Gefahr«, sagte Grant. »Nicht wirklich. Wir können einen Sturm wie diesen abreiten.« Aber mit seinem inneren Auge sah er noch immer Krebs’ hingerissenen Ausdruck, als die Sonde unter der Wut des Sturmes erzitterte. Und er erinnerte sich seiner eigenen Leidenschaft.
Karlstads Miene wurde sehr verdrießlich. »Ich habe die medizinischen Daten des Bordcomputers durchsucht.«
»Gibt es was über sie?«
»Die persönlichen Daten sind alle gesperrt«, sagte Karlstad. »In den offenen Daten gibt es nicht viel mehr als Anweisungen fürFälle Erster Hilfe und Anleitungen für
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