Jupiter
ärztliche Dienst«, unterbrach ihn eine Frauenstimme. »Diese Simulation ist beendet.«
Karlstad, der noch neben Grant saß, lachte unterdrückt.
»Was ist komisch?«, fragte Grant.
»Verschiedenes. Erstens, zu sehen, wie Wos Machonummer in die Hosen geht.«
Wo stritt noch mit dem Versuchsleiter und der diensthabenden Ärztin. Aber inzwischen waren alle Kontrollleuchten auf der Schalttafel in einem gleichmäßigen Rot.
»Zweitens, zu wissen, dass sein Blutdruck noch höher steigt, weil er seinen Willen nicht haben kann.«
Grant fand das nicht lustig.
»Aber das Komischste von allem ist die Sache mit der Ärztin«, fuhr Karlstad fort. »Der Alte kann sie nicht fertigmachen.«
»Die Ärztin kann nicht überstimmt werden?«
»Diese nicht. Mit dem nächsten Versorgungsschiff wird sie abreisen. Und sie hat eine Professur an der Universitätsklinik in Basel. Wo kann ihr nichts anhaben.«
»Sie hat die Simulation abgeschaltet.«
»Ganz recht. Und ich denke, sie hat auch Wos Plan, die Tiefenmission zu leiten, zunichte gemacht.«
*
Die nächsten Wochen gingen als »der Zorn Li Zhang Wos« in die Stationsgeschichte ein. Enttäuscht in seiner Hoffnung, die bevorstehende Tiefenmission zu leiten, richtete der Stationsdirektor seinen Zorn gegen jeden, der ihm in die Quere kam. Dutzende von Scootern wurden summarisch aus der Station verbannt und in die gefrorenen Einöden Europas und der anderen Jupitermonde geschickt, der intensiven Strahlung des Riesenplaneten ausgesetzt und gezwungen, wochenlang in gepanzerten Schutzanzügen zu leben, während sie sich auf dem Eis wie gewöhnliche Ölfeld-Bohrarbeiter mit schweren Bohrausrüstungen abplacken mussten. Alle Techniker, die an der verhängnisvollen Simulation mitgearbeitet hatten, wurden versetzt. Mehrere wurden mit den schlechtesten Beurteilungen, die Wo schreiben konnte, zur Erde zurückgeschickt. Unter ihnen befand sich auch der Versuchsleiter, dessen Personalakte um eine vernichtende Bewertung seiner Tätigkeit in der Station bereichert worden war. Trotzdem waren sie alle froh, mit heiler Haut davonzukommen.
»Gegen Laynie und Zeb kann er nichts unternehmen«, sagte Karlstad inmitten des wochenlangen Wütens zuversichtlich zu Grant. Aber er flüsterte jetzt und sprach vom Direktor nur wenn sie unter vier Augen waren. »Er braucht sie für die Mission.«
»Wer wird die Mission leiten?«, flüsterte Grant zurück.
»Zeb wahrscheinlich, wenn Wo noch einen Rest von gesundem Menschenverstand hat. Zeb ist das tüchtigste Mitglied der Mannschaft.«
Grant war da nicht so sicher. Er ging Dr. Wo aus dem Weg, soweit es ihm möglich war, arbeitete still und fleißig im Labor für Flüssigkeitsdynamik und behielt eine saubere Weste. Er versuchte sogar Begegnungen mit O’Hara und Muzorawa zu vermeiden, da er befürchtete, dass Dr. Wo, wenn er schon nicht diese beiden Zeugen seiner Demütigung nicht direkt bestrafen konnte, seinen Zorn sehr leicht an ihren Freunden auslassen könnte.
»Er kann die Mission nicht einfach abschreiben«, flüsterte Karlstad, obwohl sie allein in seinem Quartier waren, nachdem die Cafeteria für den Abend geschlossen hatte. »Er muss einen neuen Leiter ernennen und die Aufgabenverteilung der Mannschaft neu ordnen.«
»Es gibt eine Vakanz bei der Besatzung«, sagte Grant. »Bedeutet das nicht, dass einer der Ersatzleute in die Liste der Aktiven aufgenommen wird?«
Karlstad machte große Augen. »Es gibt nur drei Ersatzleute.«
»Und Sie sind einer davon.«
»Mich wird er nicht auswählen«, sagte Karlstad und schüttelte den Kopf, als wollte er ihn von der bloßen Idee befreien. »Irene und Frankovic sind viel besser qualifiziert.«
Grant kannte die beiden kaum. Irene Pascal war eine Fachärztin für Neurophysiologie, Bernard Frankovic ein Biochemiker.
»Aber Sie sind einer der verfügbaren Ersatzleute«, bekräftigte Grant, überrascht, wie sehr er den Ausdruck schieren Entsetzens in Karlstads normalerweise ruhig und kühl blickenden Augen genoss.
»Er wird mich nicht auswählen«, murmelte Karlstad wieder. »Er wird nicht. Er kann nicht!«
*
Mehrere Tage später wurde die ganze Jupiter-Arbeitsgruppe zu Dr. Wo bestellt. Zu seiner Überraschung hatte man auch Grant in die
Vorladung einbezogen. Warum ich?, fragte er sich. Aber er achtete darauf, dass er mehrere Minuten vor der angegebenen Zeit den Konferenzraum neben dem Büro des Direktors erreichte.
Neun Männer und Frauen drängten sich in dem kleinen, nüchternen Raum, davon vier in
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