Jurassic Park
überrascht zu sein und schwieg eine Zeitlang. »Wen heiraten Sie dann?« fragte er schließlich.
»Ich glaube, ich werde niemanden heiraten«, erwiderte Grant.
»Ich auch nicht.«
Wieder gingen sie ein Stück schweigend nebeneinander her. »Werden wir die ganze Nacht gehen?« fragte Tim etwas später. »Ich glaube nicht, daß ich das schaffe«, sagte Grant. »Wir müssen rasten, wenigstens ein paar Stunden lang.« Er sah auf die Uhr. »Wir haben Zeit. Noch fast 15 Stunden, bis wir zurück sein müssen. Bis das Schiff das Festland erreicht.«
»Und wo machen wir Rast?« fragte Tim sofort.
Grant hatte sich schon dasselbe gefragt. Zuerst hatte er daran gedacht, auf einen Baum zu klettern und dort oben zu übernach ten. Aber sie würden sehr hoch klettern müssen, um vor den Tieren in Sicherheit zu sein, und Lex konnte im Schlaf herunterfallen. Außerdem waren die Äste ziemlich hart; sie würden keinen Schlaf finden. Zumindest er nicht.
Sie brauchten einen wirklich sicheren Ort. Er dachte an die Pläne, die er sich im Flugzeug angesehen hatte, und ihm fiel wieder ein, daß es in jeder der verschiedenen Abteilungen Außengebäude gab. Er wußte nicht, wie sie aussahen, weil er die Detailpläne nicht gesehen hatte, außerdem konnte er sich nicht mehr genau daran erinnern, wo sie sich befanden, aber er wußte noch, daß sie über den ganzen Park verstreut waren. Vielleicht gab es gleich in der Nähe welche.
Aber ein Gebäude zu finden war etwas ganz anderes als nur über eine Abgrenzung zu klettern und das Tyrannosaurierareal zu verlassen. Eine gewisse Strategie war dazu nötig. Und die besten Strategien waren -
»Tim, kannst du deine Schwester einen Augenblick halten? Ich will auf einen Baum klettern und mich umsehen.«
Von seinem Beobachtungspunkt hoch oben in den Ästen hatte Grant einen guten Überblick über den Wald, der sich links und rechts von ihm ausdehnte. Sie waren überraschend nah am Waldrand - direkt vor ihm endeten die Bäume an einer Lichtung mit einem Elektrozaun und einem fahlgrauen Betongraben. Dahinter lag ein offenes Feld, die Sauropodenweide, wie er vermutete. In der Entfernung dann wieder Bäume und schließlich der Ozean, auf dem das Mondlicht funkelte.
Irgendwo hörte er einen Dinosaurier brüllen, aber es kam von weit her. Er setzte Tims Nachtsichtbrille auf und sah sich noch einmal um. Der geschwungenen Linie des Grabens folgend, entdeckte er schließlich, wonach er suchte: den dunklen Streifen eines Wirtschaftswegs, der zum flachen Rechteck eines Dachs führte. Das Dach erhob sich nur wenig über den Erdboden, aber es war da. Es war nicht weit entfernt. Nur etwa 500 Meter von dem Baum weg.
Als er wieder herunterkletterte, hörte er Lex weinen.
»Was ist los?«
»Ich hab ein Tier gehört.«
»Das tut uns nichts. Bist du jetzt wieder wach? Komm.«
Er führte sie zum Zaun. Er war vier Meter hoch und endete in einer Stacheldrahtrolle. Im Mondlicht schien er unendlich hoch vor ihnen aufzuragen. Der Graben befand sich direkt dahinter. Lex sah den Zaun zweifelnd an. »Kannst du an ihm hochklettern?« fragte Grant.
Sie gab ihm ihren Handschuh und den Baseball. »Klar. Leicht.« Sie fing an zu klettern.
»Es ist eiskalt«, sagte Lex. Sie standen hüfthoch in stinkendem Wasser am Grund eines tiefen Betongrabens. Den Zaun hatte sie ohne Zwischenfall überklettert, nur Tim hatte sich am Stacheldraht das Hemd aufgerissen. Dann waren sie in den Graben hinuntergerutscht, und jetzt suchte Grant nach einer Möglichkeit, wie sie wieder herauskamen.
Im Mondlicht sah Grant Klumpen auf der Wasseroberfläche treiben. Er watete an der Wand des Grabens entlang und untersuchte sie. Der Beton war glatt, daran hochklettern konnten sie nicht. »Igitt«, sagte Lex und zeigte auf das Wasser. »Das tut dir nichts, Lex.«
Schließlich entdeckte Grant eine Stelle, an der der Beton aufgerissen war und eine Ranke ins Wasser wuchs. Er zerrte an der Ranke, sie hielt sein Gewicht aus. »Also los, Kinder.« Sie kletterten an der Ranke zu der Wiese darüber hoch.
Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie die Wiese überquert und den Erddamm erreicht hatten, hinter dem der tiefer gelegene Wirtschaftsweg zu dem Wartungsgebäude führte. Sie kamen an zwei Bewegungsmeldern vorbei, und Grant stellte besorgt fest, daß die Sensoren, ebenso wie die Scheinwerfer, noch immer nicht funktionierten. Mehr als zwei Stunden waren seit dem Stromausfall vergangen, und er war noch immer nicht behoben.
In der Ferne hörten
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