Jurassic Park
modernsten, die es damals gab. Aber die hatte der Wind immer wieder umgeweht. Sie hatten auch andere Zelte ausprobiert, aber mit dem gleichen Ergebnis. Schließlich fingen sie an, Tipis aufzustellen, die innen geräumiger und komfortabler waren und dem Wind besser standhielten. »Das da sind Schwarzfuß-Tipis, mit vier Pfosten«, sagte Grant. »Sioux-Tipis haben nur drei Pfosten. Aber da das hier früher Schwarzfußgebiet war, dachten wir...«
»Mhm«, machte Morris. Er betrachtete die öde Landschaft und schüttelte den Kopf. »Wie lange sind Sie schon hier draußen?«
»Ungefähr 60 Kisten«, antwortete Grant. Als Morris ihn überrascht ansah, erklärte er: »Wir messen die Zeit nach Bierkisten. Im Juni haben wir mit 100 Kisten hier angefangen. Bis jetzt haben wir ungefähr 60 davon geschafft.«
»63, um genau zu sein«, bemerkte Ellie Sattler, als sie den Wohnwagen erreichten. Grant beobachtete amüsiert, wie Morris sie anstarrte. Ellie trug abgeschnittene Jeans und ein Arbeitshemd, das sie unter der Brust verknotet hatte. Sie war 24 und braungebrannt. Die blonden Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
»Ellie ist unsere große Stütze«, sagte Grant und stellte sie vor.
»Was sie macht, macht sie perfekt.«
»Und was macht sie?« fragte Morris.
»Paläobotanik«, antwortete Ellie. »Außerdem kümmere ich mich um die Ausgrabungspräparate.« Sie öffnete die Tür, und sie gingen hinein.
Die Klimaanlage im Wohnwagen brachte die Temperatur nur auf etwa 30 Grad herunter, aber nach der Mittagshitze draußen war das kühl. In dem Wohnwagen standen eine Reihe langer Holztische, auf denen, ordentlich aufgereiht, gekennzeichnete und mit Etiketten versehene Knochenstückchen lagen. Weiter hinten waren Keramikschüsseln und Krüge zu sehen. Es roch stark nach Essig.
Morris warf einen flüchtigen Blick auf die Knochen. »Ich dachte, Dinosaurier waren riesig«, sagte er.
»Waren sie auch«, entgegnete Ellie. »Alles, was Sie hier sehen, stammt von Saurierbabys. Bedeutend ist Snakewater vor allem wegen der vielen Dinosauriernistplätze, die man hier findet. Bevor wir mit unserer Arbeit begonnen haben, wußte man praktisch nichts über Dinosaurierjunge. Man hatte bis dahin nur ein einziges Nest entdeckt, und zwar in der Wüste Gobi. Wir haben hier ein Dutzend verschiedener Hadrosauriernester mit Eiern und Babyknochen gefunden.«
Während Grant zum Kühlschrank ging, zeigte sie Morris die Essigsäurebäder, in denen der Kalkstein von den zarten Knochen abgelöst wurde.
»Die sehen aus wie Hühnerknochen«, bemerkte Morris, als er in eine der Keramikschüsseln spähte.
»Ja«, sagte sie. »Sie haben viel Ähnlichkeit mit Vögeln.«
»Und was ist mit denen?« fragte Morris und zeigte auf zwei mit dicken Plastikplanen abgedeckte Haufen großer Knochen vor dem Fenster.
»Ausschuß«, erwiderte Ellie. »Knochen, die wir nur als Bruchstükke aus der Erde holen konnten. Früher haben wir die einfach weggeworfen, aber inzwischen schicken wir sie ein und lassen sie genetisch untersuchen.« »Genetisch untersuchen?«
»Hier«, sagte Grant und drückte ihm ein Bier in die Hand. Ellie gab er ebenfalls eins. Sie warf den Kopf zurück und trank es auf einen Zug aus. Morris starrte sie an.
»Bei uns geht's ziemlich ungezwungen zu«, bemerkte Grant. »Wollen Sie in mein Büro kommen?«
»Natürlich«, sagte Morris. Grant führte ihn in einen Winkel des Wohnwagens, wo eine zerfledderte Couch, ein ausgeleierter Sessel und ein abgenutzter Sofatisch standen. Grant ließ sich auf die Couch fallen, die unter ihm ächzte und eine Wolke Kalkstaub aufsteigen ließ. Er lehnte sich zurück, legte die Füße auf den Tisch und bot Morris den Sessel an. »Machen Sie es sich bequem.« Grant war Professor für Paläontologie an der Denver University und einer der bedeutendsten Forscher auf seinem Gebiet, aber gesellschaftliche Konventionen waren noch nie seine Sache gewesen. Er sah sich selber als Mann vor Ort, als jemanden, der im Freien arbeitete, und er wußte, daß in der Paläontologie alle wichtige Arbeit im Freien getan werden mußte, mit den eigenen Händen. Grant hatte wenig übrig für die Akademiker, für die Museumskuratoren, für die Salonlöwen unter den Dinosaurierjägern, wie er sie nannte. Und er gab sich alle Mühe, sich in Kleidung und Auftreten von diesen saurierjagenden Salonlöwen zu distanzieren. Sogar seine Vorlesungen hielt er in Jeans und Turnschuhen.
Grant sah zu, wie der junge Anwalt der
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