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Just Kids

Titel: Just Kids Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Smith
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Yale-Absolvent, hatte als Leutnant zur See am D-Day bei der Landung an Omaha Beach teilgenommen und als Kurator im Wordsworth Atheneum und dem Detroit Institute of Arts gearbeitet. Er konnte sich auf gebildete und humorvolle Art und Weise über jedes Thema unterhalten, von der freien Marktwirtschaft bis zu Peggy Guggenheims Liebesleben.
    Was ihre anscheinend vorherbestimmte Verbindung besiegelte, war die Tatsache, dass Robert und Sam am selben Tag Geburtstag hatten, am 4. November, mit genau fünfundzwanzig Jahren Abstand. Als sie sechs Monate zusammen waren, feierten wir das mit einem Frühstück im Pink Tea Cup. Trotz seines vielen Geldes mochte Sam dieselben Läden wie wir. Am Abend desselben Tags schenkte Robert Sam eine Fotografie, und Sam Robert eine Hasselblad. Dieser frühe Geschenketausch ist symbolisch für ihre Rollen als Künstler beziehungsweise Mäzen.
    Die Hasselblad war eine Mittelformatkamera, ausgestattet fürein Polaroid-Rückteil. Sie war kompliziert und erforderte einen Belichtungsmesser, und die austauschbaren Objektive ermöglichten Robert eine größere Tiefenschärfe. Er hatte mit ihr größere Wahlmöglichkeiten, mehr Flexibilität und bessere Kontrolle über das Licht. Robert hatte sein visuelles Vokabular längst gefunden. Die neue Kamera lehrte ihn nichts Neues, sie ermöglichte ihm lediglich, genau das Ergebnis zu erzielen, das er im Sinn hatte. Robert und Sam hätten sich keine bedeutungsvolleren Geschenke füreinander ausdenken können.

    Im Spätsommer sah man tagein, tagaus zwei Double Bubble Cadillacs vor dem Chelsea parken. Der eine war pink, der andere gelb, und die Zuhälter trugen Anzüge und breitkrempige Hüte farblich passend zu den Autos. Die Kleider ihrer Frauen passten farblich zu den Anzügen. Das Chelsea veränderte sich, und die Atmosphäre in der Twenty-third hatte etwas Manisches, so als wäre irgendetwas schrecklich schiefgelaufen. Es war nicht logisch zu erklären, auch wenn es der Sommer war, in dem alle Augen auf ein Schachturnier gerichtet waren, bei dem Bobby Fischer, ein junger Amerikaner, im Begriff war, den großen russischen Bären zu stürzen. Einer der Zuhälter wurde ermordet, obdachlose Frauen trieben sich vor unserer Tür herum, brüllten Obszönitäten und durchsuchten unsere Post. Das rituelle Geplänkel zwischen Bard und unseren Freunden spitzte sich zu, und viele wurden vor die Tür gesetzt.
    Robert war oft mit Sam auf Reisen, und Allen war auf Tour mit der Band. Keiner von beiden ließ mich gerne allein.
    Als in unser Loft eingebrochen wurde, stahlen die Diebe Roberts Hasselblad und seine Motorradjacke. Bei uns war noch nie eingebrochen worden, und Robert war fassungslos, nicht nur wegen der teuren Kamera, sondern auch weil er um meine Sicherheit besorgt war und der Verletzung unserer Privatsphäre. Mir tat der Verlust der Lederjacke weh, denn wir hatten sie in seinen Installationen benutzt. Später fanden wir sie wieder, sie hing an der Feuertreppe. Der Dieb hatte sie bei der Flucht fallen gelassen, die Kamera aber behalten. Vielleicht hatte das Chaos bei mir den Dieb entmutigt, dennoch stahl er das Outfit, das ich bei unserem Jahrestag 1969 auf Coney Island getragen hatte. Es war mein Lieblingsoutfit, das auf dem Foto. Es hing an einem Haken an der Tür, frisch gereinigt. Warum er gerade das geklaut hat, werde ich wohl nie erfahren.

    Es war Zeit, die Zelte abzubrechen. Die drei Männer in meinem Leben – Robert, Allen und Sam – diskutierten das aus. Sam gab Robert Geld, damit er sich ein Loft in der Bond Street, gleich bei ihm um die Ecke, kaufen konnte. Allen fand eine Wohnung im Erdgeschoss in der East Tenth Street, fußläufig zu erreichen von Robert und Sam. Er versicherte Robert, dass er mit der Band genug verdiente, um für mich zu sorgen.
    Wir beschlossen, am 20. Oktober 1972 auszuziehen. Das war Arthur Rimbauds Geburtstag. So wie Robert und ich es sahen, hatten wir unseren Eid erfüllt.
    Alles wird sich ändern, dachte ich, während ich meine Sachen packte, den ganzen Irrsinn meines Durcheinanders. Ich band eine Schnur um einen Schreibpapierkarton, der einmal Florpost-Papier enthalten hatte. Nun enthielt er einen Stapel mit Kaffeeflecken verzierter Seiten, die Robert gerettet, vom Fußboden aufgelesen und mit seinen Michelangelo-Händen glattgestrichen hatte.
    Robert und ich standen allein in meinem Teil des Lofts. Ich ließ ein paar Sachen zurück – das Spielzeuglamm auf Rädern, eine alte weiße Jacke aus Fallschirmseide, PATTI

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