Just Listen - Roman
die Sendung
Anger Management
, am Mikrofon: Owen. Es ist sechs Minuten nach sieben. Danke, dass ihr eingeschaltet habt. Irgendwelche Musikwünsche? Vorschläge? Fragen? Ruft an unter 555-WRUS. – Hier ist Dominic Waverly.«
Das folgende Stück war voll der Techno, startete mit einigen rasanten, hörbar computergenerierten und asynchronen Beats, die allmählich zusammengemixt und einander angeglichen wurden. An früheren Sonntagen hatte ich immer extrem aufmerksam zugehört, weil ich das, was ich hörte, mögen oder zumindest verstehen wollte. Wenn das nicht klappte, hatte ich nie gezögert, es Owen auch direkt ins Gesicht zu sagen. Wäre ich bloß in der Lage gewesen, das auch bei allem anderen zu tun, das vielleicht zu sagen gewesen wäre. Aber man erwischt nicht immer den perfekten Augenblick. Manchmal muss man einfach das tun, was unter den gegebenen Umständen das Beste ist.
Deshalb saß ich in dieser Minute in meinem Auto, auf dem Weg zum WRU S-Gebäude . Um exakt zwei nach acht bog ich auf den Parkplatz ein.
Heilen mit Kräutern
, das nach Owens Sendung lief, hatte gerade begonnen. Ich parkte zwischen den Autos von Owen und Rolly, schnappte mir die CD, die auf dem Beifahrersitz lag, und ging hinein.
Im Sender war es ruhig. Eine Stimme rezitierte murmelnd Wissenswertes über Ginkgo Biloba. Ich durchquerte die Lobby. Am Ende des Ganges zu meiner Rechten befand sich eine der gläsernen Sprecherkabinen. Während ich mich näherte, entdeckte ich zunächst einmal Rolly; er hockte in dem kleinen Nebenkabuff an den Kontrollschaltern,trug ein grellgrünes T-Shirt sowie eine Baseballkappe verkehrt herum und hatte seinen Kopfhörer darübergestülpt. Neben ihm saß Clarke, einen Becher mit Kaffee aus dem Automaten in der Hand; vor ihr lag das Kreuzworträtsel aus der Sonntagszeitung. Sie unterhielten sich, keiner der beiden bemerkte meine Anwesenheit. Doch Owen sah mir, als ich mich nun der Hauptkabine zuwandte, bereits direkt in die Augen.
Er saß noch am Mikrofon, stapelweise CDs vor sich auf dem Tisch, überall verstreut. Seiner Miene nach zu urteilen freute er sich nicht gerade, mich zu sehen. Er wirkte sogar noch frostiger als an dem Tag auf dem Parkplatz. Umso wichtiger also, dass ich jetzt diese Tür öffnen und zu ihm hineingehen würde. Was ich denn auch tat.
»Hi.«
Er warf mir einen flüchtigen Blick zu. »Hey.« Seine Stimme klang völlig ausdruckslos.
Ein Brummen ertönte, dann hörte ich, wie Rolly mich durch einen der Lautsprecher über meinem Kopf begrüßte: »Annabel!« Sein munterer Ton stand in direktem Kontrast zu Owens, der gerade mal konventionell höflich gewesen war. »Hallo, wie läuft’s denn so bei dir?«
Ich drehte mich um, winkte ihm zu. Er und Clarke winkten zurück. Rolly beugte sich vor, um mir noch etwas zu sagen, entschied sich jedoch auf Owens Blick hin rasch um und zog den Kopf von der Gegensprechanlage zurück. Mit einem hörbaren Klicken schaltete sich das Mikrofon aus.
»Was machst du hier?«, fragte Owen.
Klar, dass er sofort auf den Punkt kam. »Ich muss mit dir reden«, antwortete ich.
Aus den Augenwinkeln bekam ich mit, dass in dem angrenzendenKabuff leichte Hektik entstand. Ich drehte den Kopf, blickte hinüber. Clarke stopfte eilig die Zeitung in ihre Tasche, Rolly zog sich den Kopfhörer ab, stand auf.
Wer ist
jetzt
konfliktscheu?
, dachte ich, während die beiden hinausstürzten. Rolly schaffte es trotz ihres nahezu halsbrecherischen Tempos so eben noch, mit einem Klaps auf den Schalter das Licht auszuknipsen.
»Wir … äh … fahren schon mal vor, Bacon fassen«, sagte er zu Owen, als er hinter mir vorbeimarschierte. »Bis später?«
Owen nickte. Rolly lächelte mich noch einmal an, bevor er endgültig abzischte. Clarke zögerte einen Moment, ihre Hand hielt die offene Tür. »Alles okay bei dir?«
»Ja«, erwiderte ich. »Mir geht es gut.«
Sie zog ihre Tasche enger über die Schulter, warf Owen einen Blick zu, den ich nicht deuten konnte. Beeilte sich, Rolly einzuholen, griff nach seiner Hand. Gemeinsam entschwanden sie Richtung Lobby.
Ich drehte mich wieder zu Owen um, der ebenfalls seine Sachen zusammenräumte, das Kabel um den Kopfhörer wickelte. »Ich habe nicht viel Zeit.« Beim Sprechen blickte er mich nicht an. »Wenn du mir also etwas zu sagen hast, spuck’s aus. Jetzt.«
»Okay. Die Sache ist die …« Ich musste innehalten. Mein Herz schlug rasend schnell, mir war richtig übel. Normalerweise würde ich an diesem Punkt
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