Just Listen - Roman
sun’s above, it’s full of fire, kiss me here so I know you did, baby I’m falling, pyramid!«
Owen zuckte schmerzlich zusammen »Mallory, Bitsy Bond ist keine Sängerin, sondern ein Produkt. Ein Fake. Sie hat keine Seele. Sie steht für gar nichts.«
»Ach ja?«
»Ach ja. Man kennt sie eher wegen ihres Nabel-Piercings als wegen ihrer Musik.«
»Na und? Ich finde ihr Nabel-Piercing eins a.«
Owen schüttelte entnervt den Kopf, während er von der Straße auf einen kleinen Parkplatz einbog. Links lagen eine Reihe Geschäfte; er hielt auf einem freien Platz direkt vor einem der Läden. In der Auslage stand eine Schaufensterpuppe, die einen Poncho umhatte und erdfarbene Hosen mit Blümchenmuster trug. Auf dem Schild an der Tür stand TRAUMWEBER.
»Okay«, meinte Owen. »Wir sind da.«
Mallory verzog das Gesicht. »Na toll. Und wieder ein Nachmittag im Laden.«
»Gehört er euren Eltern?«, fragte ich.
»Ja«, grummelte Mallory, während Owen ihr Handy von der Mittelkonsole nahm und es ihr zurückgab. »Es ist so was von unfair. Ich stehe voll auf Klamotten und meine Mutter hat sogar einen Klamotten
laden
. Aber die Sachen, die sie verkauft, würde ich nicht in einer Million Jahren anziehen. Nicht einmal, wenn ich tot wäre.«
»Wenn du tot wärst, hättest du größere Probleme als die Frage, was du anziehen sollst«, stellte Owen fest.
Mallory blickte mich mit Grabesmiene an: »Weißt du, Annabel, das Zeug ist bloß aus so Ökostoffen und Naturfasern. Batiksachen aus Tibet, veganische Schuhe …«
»Veganische Schuhe?«
»Der Horror«, flüsterte sie mir zu. »Voll der Horror. Die haben nicht mal richtige Spitzen. Ich meine, spitze Spitzen.«
»Mallory, raus aus dem Wagen«, sagte Owen.
»Ich gehe schon, ich gehe ja schon.« Doch sie trödelte noch ein bisschen herum, kramte umständlich nach ihrer Tasche, löste den Gurt, öffnete schließlich langsam die Tür. »War echt toll, dich kennenzulernen«, sagte sie zu mir.
»Gleichfalls«, antwortete ich.
Sie schlüpfte aus dem Wagen, warf die Tür zu und ging Richtung Laden. Als sie die Eingangstür aufstieß, wandte sie sich noch einmal um und winkte mir so aufgeregt zu, dass ihre Hände verschwammen wie in einem Comic, wenn Geschwindigkeit dargestellt werden soll. Ich winkte zurück. Owen fuhr wieder los, zurück Richtung Hauptstraße.Ohne Mallory wirkte das Auto plötzlich kleiner. Und vor allem – erheblich ruhiger.
»Wie gesagt, tut mir leid«, meinte Owen, als wir an einer roten Ampel hielten.
»Muss es nicht. Sie ist nett.«
»Du lebst auch nicht mit ihr zusammen. Oder musst ihre Musik ertragen.«
»104Z – Musik pur.«
»Hörst du den Sender?«
»Früher mal. Als ich ungefähr in der gleichen Klassenstufe war wie deine Schwester.«
Er winkte abwehrend ab. »Es wäre etwas anderes, wenn sie keinen Zugang zu wirklich guter Musik hätte oder kulturell total unterprivilegiert wäre. Aber ich habe ihr tonnenweise CDs gebrannt. Sie will sie bloß nicht hören. Stattdessen knallt sie sich die Rübe lieber mit diesem Pop-Mist zu und hört einen Sender, wo mehr Werbespots als Songs gespielt werden.«
»Bei deiner Sendung ist das also anders?«
»Na ja, schon.« Er schielte kurz zu mir rüber und schaltete, nachdem wir wieder auf die Hauptstraße eingebogen waren, einen Gang hoch. »Es ist ein gemeinnütziger Lokalsender ohne Werbung. Aber ich wäre sowieso immer der Meinung, dass man verantwortungsvoll mit dem umgehen muss, was man den Leuten vorsetzt. Wenn man die Wahl zwischen Dreck und Kunst hat, warum soll man sich dann nicht für die Kunst entscheiden?«
Wieder einmal sah ich ihn bloß stumm an und dachte darüber nach, wie gründlich ich mich in Owen Armstrong getäuscht hatte. Ich war mir zwar nicht einmal sicher, wen oder was ich genau erwartet hatte. Aber bestimmt nicht den Menschen, der neben mir saß.
»Wo wohnst du eigentlich?« Er wechselte die Spur; wir näherten uns einem Stoppschild.
»In den Arbors«, erwiderte ich. »Ein paar Meilen hinter der Mall. Du kannst einfach –«
»Weiß schon«, sagte er. »Der Sender liegt nur ein paar Straßen von hier. Ich müsste da eben kurz vorbeischauen, falls das für dich okay ist.«
»Klar. Kein Problem.«
Der kommunale Radiosender befand sich in einem flachen, rechteckigen Gebäude, das früher eine Bank gewesen war. Daneben stand ein Metallturm und über dem Eingang hing eine ziemlich kläglich wirkende Fahne, auf der die Buchstaben WRUS standen sowie KOMMUNALES
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