Just Listen - Roman
auf Markenflittchen«, sagte Owen.
Mallory nahm ihre Hand weg. »Und du, Owen, denk dran: U und U!«
Wieder warf Owen ihr einen Blick im Rückspiegel zu. Stöhnte leicht auf. »Okay, was ich damit sagen wollte, Mallory, ist: Ich finde deine Fixiertheit auf Labels und materielle Dinge ziemlich problematisch.« Seine Stimme klang gequält.
»Vielen Dank«, konterte sie. »Und ich weiß deine Sorge um mich nachzuvollziehen und zu würdigen. Aber wie
du
weißt, ist Mode nun einmal mein Leben.«
Fragend blickte ich Owen an. »U und U?«
»Umformulieren und umdirigieren«, erklärte mir Mallory. »Gehört zur Wutbewältigungsstrategie. Wenn er dich beleidigt, kannst du ihm sagen, dass es deine Gefühle verletzt hat und er sich bitte anders ausdrücken soll.«
Wieder blickte Owen sie im Rückspiegel an; sein Gesicht zeigte keinerlei Regung. »Danke, Mallory.«
»Bitte, gern geschehen.« Sie strahlte mich an, hopste erneut auf ihrem Sitz herum.
Einen Moment lang sagte niemand etwas, während wir weiterfuhren. Was mir die Gelegenheit gab, meine neu gewonnenen Erkenntnisse über Owen Armstrongs Privatleben Revue passieren zu lassen und zu sortieren. Oder es zumindest zu versuchen. Das Einzige, was mich
nicht
überraschte, war die Tatsache, dass er ein Wutbewältigungstraining absolviert hatte. Mallory, seine Musik und natürlich die Tatsache, dass ich all das hautnah miterlebte, waren dagegen richtiggehende Schocker. Klar hatte Owen eine Familie, ein Privatleben, wie jeder andere Mensch auch. Ich hatte mir nur nie wirklich die Zeit genommen, mir das vor Augen zu führen. Es war so, wie wenn man als Kind im Supermarkt auf einmal zufällig einem Lehrer oder der Dame von der Stadtbücherei begegnet und total verblüfft ist, weil man sich bis dahin nie klargemacht hat, dass diese Menschen auch außerhalb der Schule oder der Bücherei als eigenständige Wesen existieren.
»Ich finde es echt nett, dass du mich mitnimmst«, sagte ich zu Owen. »Ich weiß nicht, wie ich sonst nach Hause gekommen wäre.«
»Kein Problem. Ich muss nur noch ein paar –«
Doch er wurde von Mallory unterbrochen, die tief Luft holte: »Nein, ist nicht wahr! Ich kriege dein Haus zu sehen?!«
»Fehlanzeige«, erwiderte Owen knapp.
»Aber wir bringen sie heim und ich bin mit dabei!«
»Ich setze dich zuerst ab«, sagte er.
»Warum?«
»Weil Mom gesagt hat, dass ich dich zum Laden bringen soll, bevor ich am Sender vorbeifahre.« Wir überquerten eine Kreuzung und bogen von der Hauptstraße ab.
Mallory stieß einen gequälten Seufzer aus. »Aber Owen –«
»Kein Aber. So ist es verabredet und so wird’s gemacht.«
Mallory ließ sich dramatisch enttäuscht auf ihrem Sitz zurückfallen. »Das ist ab-so-lut nicht fair.«
»Das Leben
ist
nicht fair. Gewöhn dich dran.«
»U und U.«
»Fehlanzeige«, entgegnete Owen, streckte die Hand aus, drehte die Lautstärke am Radio auf – und das Gezirpe begann von vorn.
Minutenlang waren nur die Maya-Gesänge zu hören. Lange genug jedenfalls, dass ich schon fast anfing, mich daran zu gewöhnen. Doch plötzlich verspürte ich Atem an meinem Ohr. Mallory. »Als du den Werbespot gedreht hast – durftest du die Klamotten danach behalten?«
»Mallory!«, sagte Owen mahnend.
»
Was
denn?«
»Kannst du nicht einfach mal still sitzen und der Musik zuhören?«
»Das ist keine Musik. Das ist Grillengezirpe und Geschrei.« Sie wandte sich an mich: »Owen ist voll der Musik-Nazi. Alle dürfen sich dauernd bloß das komische Zeug anhören, das er in seiner Radiosendung spielt.«
»Du hast eine Radiosendung?«, fragte ich Owen.
»Bloß bei einem Lokalsender«, erklärte er mir.
»Diese Sendung ist sein
Leben
«, sagte Mallory melodramatisch. »Er bereitet sich die ganze Woche über darauf vor, macht sich total den Kopf deswegen, obwohl sie läuft, wenn jeder Normalsterbliche noch gar nicht wach ist.«
»Ich spiele keine Musik für Normalsterbliche, sondern für Leute, die –«
»... erleuchtet sind«, ergänzte Mallory und verdrehte die Augen. »Ich höre lieber 104Z. Da laufen die
Top Forty
und viele gute, alte Songs, zu denen man super tanzen kann. Ich stehe voll auf Bitsy Bonds. Sie ist meine Lieblingssängerin. Letzten Sommer war ich mit meinen Freundinnen bei ihr im Konzert. War voll super. Kennst du
Pyramid
?«
»Äh, ich weiß nicht«, antwortete ich.
Mallory setzte sich kerzengerade hin, strich ihr Haar zurück und schmetterte:
»Stack it up, higher and higher, the
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