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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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erreichten.
    »Noch ein Stück geradeaus.«
    Während wir schweigend durch die Straßen fuhren, beschlich mich dasselbe Gefühl wie am Morgen bei Whitney: dass ich zumindest den Versuch starten sollte, ein Gespräch anzufangen. »Und wie bist du dazu gekommen, eine Radiosendung zu machen?«
    »So was hat mich schon immer interessiert«, erwiderte Owen. »Und kurz nachdem wir hergezogen waren, hörte ich, dass der kommunale Sender einen Workshop anbietet, bei dem man die Grundlagen lernt. Anschließend kann man Vorschläge für eine Sendung machen. Wenn sie das Konzept gut finden, laden sie dich zu einem Probesprechen ein. Und wenn sie mögen, was du ihnen präsentierst, kriegst du eine Sendezeit zugeteilt. Rolly und ich bekamen unsere im letzten Winter. Aber dann wurde ich verhaftet. Was uns ein ganzes Stück zurückwarf.«
    Er erzählte das so beiläufig, als würde er über einen Urlaub am Grand Canyon oder eine Hochzeit plaudern, zu der er eingeladen gewesen war. »Du wurdest verhaftet?«, fragte ich nach.
    »In der Tat.« Erneut hielt er an einem Stoppschild. »Ich wurde in eine Schlägerei verwickelt, in einem Club beziehungsweise auf dem Parkplatz davor. Mit so ein paar Typen eben.«
    »Verstehe.«
    »Hast du bisher nichts davon gehört?«
    »Glaub schon, so dies und das.«
    »Warum fragst du dann?«
    Ich merkte, wie mein Gesicht heiß wurde. Wenn man vorlaute Fragen stellt, sollte man darauf gefasst sein, eventuell auch welche beantworten zu müssen. »Keine Ahnung. Glaubst du denn alles, was du so hörst?«
    »Nein.« Er blickte mich einen Moment lang an, ehe er sich wieder auf die Straße konzentrierte. »Tue ich nicht.«
    Na bestens
, dachte ich. Okay. Ich war also nicht die Einzige, die irgendwelche Gerüchte gehört hatte. Was nur fair war. Ich hatte schließlich auch all diese Theorien über Owen gehabt, die nur darauf beruhten, was andere über ihn quatschten. Aber bislang war mir noch nicht einmal in den Sinn gekommen, dass über mich ebenfalls Geschichten erzählt wurden. Zumindest eine.
    Erneut fuhren wir schweigend weiter, hielten zwischendurch an zwei weiteren Stoppschildern. Schließlich atmete ich tief durch: »Falls es dich interessiert   – es stimmt nicht.«
    Bevor wir langsam um eine Kurve fuhren, schaltete Owen einen Gang runter, wobei das Getriebe leise vor sich hin rumpelte. »Was stimmt nicht?«
    »Was du über mich gehört hast.«
    »Ich habe nichts über dich gehört.«
    »Ja klar«, sagte ich.
    »Wirklich nicht. Ich würde es dir sagen, wenn es so wäre.«
    »Echt?«
    »Ja.« Ich wirkte wohl ziemlich skeptisch, denn er fügte hinzu: »Ich lüge nicht.«
    »Du lügst nicht«, wiederholte ich.
    »Ja, genau das habe ich gerade gesagt.«
    »Nie.«
    »Nö.«
    Klar lügst du nie
, dachte ich. »Das ist ein guter Vorsatz. Sofern man ihn einhalten kann.«
    »Ich habe gar keine andere Wahl. Mit den Dingen hinterm Berg zu halten, funktioniert bei mir nicht. Das habe ich mittlerweile gelernt, und zwar auf die harte Tour.«
    Schlagartig kam mir Ronnie Waterman in den Sinn: Wie er auf dem Schulparkplatz in die Knie ging, sein Kopf auf den Kies prallte. »Du bist also immer ehrlich?«
    »Du nicht?«
    »Nein«, erwiderte ich unwillkürlich. So ungezwungen, so spontan, dass es mich eigentlich hätte überraschen müssen. Aus irgendeinem Grund tat es das aber nicht. »Bin ich nicht.«
    »Aha«, sagte Owen; wir erreichten gerade ein weiteres Stoppschild. »Gut zu wissen, schätze ich.«
    »Damit will ich nicht sagen, dass ich eine Lügnerin bin.« Er zog die Augenbrauen hoch. »So habe ich das jedenfalls nicht gemeint«, fuhr ich fort.
    »Wie hast du es denn gemeint?«
    Ich schaufelte mir gerade mein eigenes Grab. Was mir auch klar war. Trotzdem versuchte ich weiter, mich zu erklären. »Es ist bloß   … ich sage nicht immer das, was ich empfinde.«
    »Warum nicht?«
    »Weil die Wahrheit manchmal ziemlich wehtut.«
    »Stimmt«, antwortete er. »Lügen aber auch.«
    »Ich möchte nicht   …« Ich stockte und war mir nicht sicher, wie ich mich ausdrücken sollte. »Ich möchte niemandenverletzen. Oder verärgern. Deshalb sage ich manchmal nicht genau das, was ich denke. Um anderen das zu ersparen.« Typische Ironie des Lebens: In dem Moment, da ich diese Worte aussprach, war ich so ehrlich wie seit Jahren nicht. Vielleicht wie überhaupt noch nie.
    »Aber es ist und bleibt eine Lüge. Auch wenn du es gut meinst.«
    »Weißt du, ich kann auch nicht ganz glauben, dass du tatsächlich immer die

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