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Just Listen - Roman

Just Listen - Roman

Titel: Just Listen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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eine Seite weiter. »Komm doch mit, wenn du magst.« Sie blickte mich nicht an, während sie das sagte, und ihre Stimme war leise, fast tonlos.
    »Geht nicht, leider«, antwortete ich. »Muss morgen früh raus.«
    »Wie du willst«, meinte Sophie.
    Ich blieb in jener Nacht also zu Hause, während Sophie ins
Bendo
ging, um sich die Band anzuhören. Später erfuhr ich, dass sie anschließend mit Will ins
A-Frame
gefahren war und mit ihm geschlafen hatte. Trotz ihrer angeberischen Art und der Reden, die sie immer schwang, war es ihr erstes Mal. Und von da an interessierte sie sich für nichts mehr außer für Will.
    Mir fiel es schwer nachzuvollziehen, was an ihm so anziehend sein sollte. Sophie verkündete zwar dauernd, er sei süß und witzig und scharf und clever (und noch ungefähr eine Million weiterer Adjektive). Doch wenn ich Will von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, kam mir kein einzigesdieser Worte in den Sinn. Klar, Will sah gut aus und jeder riss sich darum, mit ihm abzuhängen, aber er war irgendwie schwer zu durchschauen. Unzugänglich. Er gehörte zu den Typen, die so attraktiv sind, dass man sich nur an sie rantraut, wenn sie einem herzlich und offen begegnen. Sonst hat man immer das Gefühl, sie seien eigentlich unnahbar. Doch Will wirkte weder herzlich noch offen, sondern reserviert und gleichzeitig geradezu beängstigend intensiv. Immer, wenn ich mich mit ihm unterhielt   – zum Beispiel im Auto, weil Sophie gerade in die Tanke gerannt war, um zu bezahlen, oder auf einer Party, während wir uns beide suchend nach ihr umschauten   –, war ich nervös. Und mir fast schmerzlich dessen bewusst, wie er mich anstarrte, oder   – offenbar mit voller Absicht   – lange Momente angespannten Schweigens zwischen uns zuließ.
    Noch schlimmer aber war: Will schien zu wissen, dass er mich verunsicherte. Er schien es sogar regelrecht zu genießen. Normalerweise versuchte ich, meine Befangenheit zu überspielen, indem ich zu viel oder zu laut redete. Oder beides gleichzeitig. Will blickte dann einfach stur geradeaus, und sein Gesicht wirkte völlig ausdruckslos, während ich wieder einmal hilf- und endlos vor mich hin plapperte, bis ich irgendwann, endlich, die Kurve kriegte und die Klappe hielt. Ich war mir absolut sicher, dass er mich für absolut dämlich hielt. Was ich in seiner Gegenwart von mir gab, war auch dämlich, wie bei einem kleinen Mädchen, das sich zu sehr anstrengt, um Eindruck zu schinden. Ich versuchte jedenfalls ihm so oft und gut wie möglich aus dem Weg zu gehen, auch wenn das leider nicht immer funktionierte.
    Andere Mädchen jedoch schienen dieses Problem nichtzu haben; entsprechend konnte er sich vor Angeboten kaum retten. Doch mit Will zusammen zu sein, war eine Art Fulltimejob, sogar für jemanden, der so clever, erfolgsgewohnt und energiegeladen war wie Sophie. Von Anfang an schwirrten eine Menge Gerüchte über die beiden durch die Gegend. Will kannte offenbar überall jeden. Vor allem jede. Außerdem gingen die beiden auf verschiedene Schulen, was bedeutete, dass die Geschichten, die man sich über ihn erzählte   – er könne seine Hände noch weniger bei sich behalten als seine Augen, zum Beispiel   – bereits mehrere Runden durch die Tratschkanäle hinter sich hatten, ehe sie zu uns drangen. Dieser Stille-Post-Effekt erschwerte es zu unterscheiden, was stimmte und was nicht. Darüber hinaus gab es da noch den Wusstest-du-dass-ich-in-einer-Band   -spiele-Faktor. Um ehrlich zu sein, hatte Sophie sich mit Will eine ganz schön schwere Aufgabe aufgehalst; bald entwickelte sich ein immer wiederkehrendes Muster, das ihre Beziehung definierte: Will trieb irgendetwas mit irgendeinem Mädchen   – Gerüchte kamen auf   – Sophie heftete sich erst jenem Mädchen an die Fersen   – anschließend Will   – sie stritten sich   – machten Schluss   – versöhnten sich wieder. Und so weiter und so fort.
    »Ich kapiere nicht, wie du das erträgst«, meinte ich einmal, als wir mitten in der Nacht viel zu schnell durch ein uns vollkommen unbekanntes Viertel fuhren und einmal mehr nach dem Haus eines Mädchens Ausschau hielten, von dem sie gehört hatte, es hätte angeblich mit Will geflirtet.
    »Natürlich nicht«, erwiderte Sophie schnippisch und überfuhr ein Stoppschild, bevor sie das Steuer herumriss und scharf nach rechts abbog. »Du warst auch noch nie wirklich verliebt, Annabel.«
    Worauf ich schwieg. Was sollte ich dazu auch sagen? Es stimmte im Prinzip. Ich war

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