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Justice (German Edition)

Justice (German Edition)

Titel: Justice (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Fermer
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erschossen.«
    »Erschossen?«, staunte Milan. »Von wem?«
    »Das weiß man nicht. Von Tsotsis. Von Straßendieben. Vielleicht vom Geheimdienst. Der Fall wurde nie aufgeklärt. Es kann sein, dass Steins Frau etwas wusste, was sie nicht hätte wissen dürfen. Kurz vor ihrer Ermordung hatte sie Feldforschung in einem Gebiet an der Ostküste betrieben. Die Gegend wurde als heimliches Trainingslager der inoffiziellen Streitkräfte genutzt. Vielleicht hatte sie dort etwas entdeckt.« Werner seufzte und schenkte sich den letzten Schluck Whisky ein. »Ich glaube, nicht mal Kurt weiß, wer sie getötet hat.«
    Er leerte sein Glas wieder in einem Zug, gähnte mit weit offenem Mund und schlug sich kräftig auf den Oberschenkel.
    »So, junger Mann«, sagte er resolut. »Mehr weiß ich nicht über deinen Kurt Stein. Geschweige denn über seine Frauengeschichten.« Er stand auf und reckte sich. »Es ist spät. Willst du hier übernachten?«
    Milan schaute ausdruckslos auf die Stelle, wo Stein vorher gestanden hatte. Er schüttelte den Kopf. »Nein danke. Ich fahre nach Hause.«

Catherine de Koning
     
    Am nächsten Tag fuhr Milan nach Khayelitsha, um endlich mit Zeni über seinen Großvater zu reden. Mit schwerem Herzen parkte er vor dem pfirsichfarbenen Haus und sah seine Freundin, die bereits in der offenen Haustür auf ihn wartete. Wie immer war sie fröhlich und munter. Sie grüßte ihn mit einem flüchtigen Kuss.
    »Meine Mutter ist mit meiner Schwester unterwegs«, kündigte sie an. »Wir können heute hierbleiben.«
    Milan folgte ihr ins Haus. Der vordere Raum bestand aus einer offenen Küche mit zwei Campingherden, einem Wohnzimmerbereich mit Couchtisch und zwei abgewetzten Sofas, die vor einem antiquierten Fernseher standen. Vor den Fenstern hingen dünne Vorhänge, die den Raum vor den Sonnenstrahlen schützen sollten. Es gab keine Isolierung unter dem Wellblechdach. Direkt darunter hing von einem der Balken eine einzelne Glühbirne. Trotzdem machte der Raum einen gemütlichen Eindruck. Der einzig andere Raum im Haus war das Schlafzimmer. Es hatte einen karierten Vinylfußboden und war gerade groß genug für zwei Doppelbetten und einen Kleiderschrank.
    »Erzähl mal, wie fandest du denn die Hochzeit?«, fragte Zeni, als sie mit Milan in den hinteren Raum ging.
    »Es war super«, antwortete er ehrlich. »Bis auf die Sache am Schluss natürlich.«
    Zeni winkte ab. » Eish! Es gibt eben eine Menge Idioten auf dieser Welt.«
    »Er war ein richtiges Arschloch«, beharrte Milan und die Erinnerungen an die Beleidigungen gegenüber Zeni stiegen wieder in ihm hoch.
    »Es gibt auch eine Menge Arschlöcher auf dieser Welt«, fügte sie mit einem lässigen Schulterzucken hinzu und ließ sich auf dem Bett nieder. »Ich werde mich daran gewöhnen müssen. So sind Menschen eben. Sie haben Angst vor Dingen, die sie nicht kennen. Ich finde es wirklich nicht so schlimm. Ehrlich. Es war nur ein Schock. Ich hatte nicht damit gerechnet. Alle anderen waren so nett. Und dann kam er. Aber es waren nur Worte. Der Mann war vollkommen harmlos.«
    »Na ja«, meinte Milan skeptisch. »Ich bin mir da nicht so sicher.«
    Doch der betrunkene Gast war nicht das wahre Problem. Milan setzte sich neben seine Freundin und nahm ihre Hand.
    »Ich muss dir etwas sagen«, fing er an und schaute ihre glatte Handfläche an. Zeni starrte ihn beunruhigt an und wartete, bis er weitersprach. »Es geht um meinen Großvater. Ich habe etwas bei seinem Umzug entdeckt ...«
    Milan erzählte Zeni alles. Von der Auszeichnung, die er bei seinem Großvater zufällig gefunden hatte, bis zum Gespräch mit Herrn Stein am Bootshaus kurz vor der Hochzeit. Er sprach über Werners Beteiligung an der Zerstörung von District Six, über die Reue, die er bei seinem Opa festgestellt hatte, und über seine Bemühungen, die schändliche Episode für sich zu behalten. Die ganze Zeit hörte Zeni Milan aufmerksam zu. Sie blickte starr auf ihre beiden ineinander verschlungenen Hände und unterbrach ihn nicht. Erst als er fertig war, sprach sie.
    »Ich bin nicht wütend«, sagte sie sanft. Sie war sichtlich betroffen. »Nicht auf dich und auch nicht auf deinen Großvater. Er hat nur seinen Job gemacht. Er hat nicht den Befehl erteilt. Und er hat sich diese Politik auch nicht ausgedacht. Er war nur einer von vielen.«
    Milan konnte Zenis versöhnliche Reaktion kaum glauben. Er hatte nicht erwartet, dass sie die Neuigkeit so frei von Zorn hinnehmen würde. Er suchte nach einem Anzeichen des

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