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Justice (German Edition)

Justice (German Edition)

Titel: Justice (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Fermer
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Schmerzes oder der Wut, aber er sah nur Traurigkeit in ihren dunklen Augen.
    »Du bist wirklich nicht sauer?«, fragte er unsicher, aber erleichtert.
    Zeni drückte fest seine Hand. »Nein. Glaub mir«, beruhigte sie ihn. »Wenn du sagst, dass dein Opa ein guter Mann ist, dann vertraue ich dir. Wenn er den Job nicht gemacht hätte, dann hätte ihn jemand anderes gemacht. Wichtig ist nur, wie er heute dazu steht. Ich denke, was dein Geschichtslehrer gesagt hat, ist richtig: Wir können das nicht verstehen. Wir wissen nicht, wie es damals war. Wir haben es selbst nie erlebt. Dein Großvater sieht es heute bestimmt anders.«
    »Ja natürlich«, sagte Milan, und ihm fiel ein weiterer Aspekt ein: »Was ist mit deiner Mutter? Mit deinen Schwestern? Ich muss ihnen auch davon erzählen. Was glaubst du, werden sie dazu sagen?«
    »Mach dir keine Sorgen. Sie werden der gleichen Meinung sein wie ich.« Zeni wirkte überzeugt. Dennoch legte sie eine Pause ein und dachte einen Augenblick lang nach. »Weißt du, meine Mutter kann es sich nicht leisten, nachtragend zu sein. Ihr ist so viel passiert. Sie hat mehr gelitten, als ich mir vorstellen kann. Aber sie hat gelernt, die Vergangenheit zu akzeptieren. Sie kann die Zeit nicht ungeschehen machen.«
    Zeni runzelte die Stirn und verstummte. Eine Weile herrschte Stille im Raum. Milan schaute nachdenklich aus dem Fenster. So viele Leben. So viele Menschen, die miteinander verbunden waren. Es betraf sie alle.
    Auf der anderen Seite der Straße kam eine Frau nach Hause. Sie trug ihre schwere Einkaufstüte auf dem Kopf. Hinter ihr färbte sich der Himmel langsam rot. Zeni folgte Milans wehmütigem Blick und sagte schließlich: »Die Sonne geht unter. Die Tage werden kürzer.«
     
    Wie sooft fand Milan seine Mutter zu Hause allein vor. Sie hatte schon eine Flasche Rotwein aufgemacht, obwohl es erst früh am Abend war. Sie saß am Esszimmertisch und blätterte durch ihre Geschäftspapiere. Immer wenn sie die Buchhaltung überprüfte, gönnte sie sich dazu ein Glas Rotwein.
    »Wo ist Papa?«, fragte Milan, als er ins Wohnzimmer kam und einen Blick durch die offene Tür des Arbeitszimmers warf. Eigentlich hatte Milan erwartet, dass sein Vater zu Hause sein würde. Er war ausnahmsweise nicht auf Geschäftsreise, was Milan in der Situation sehr recht war.
    »Er ist gerade zum Flughafen gefahren«, informierte ihn seine Mutter. »Mit Werner.«
    »Mit Opa? Was macht er denn am Flughafen?«
    »Er verreist«, erklärte seine Mutter beiläufig. »Nach Deutschland.«
    Milan stutzte. »Wie, nach Deutschland? Was macht er da?«
    »Heute Vormittag hat er einen Anruf aus Berlin bekommen. Ein Freund von ihm ist gestorben. Er wollte unbedingt zur Beerdigung.«
    Ein Freund in Berlin? Werner hatte nie von Freunden in Deutschland gesprochen. Er war bestimmt zehn Jahre nicht mehr dort gewesen.
    »Ich war auch erstaunt«, sagte Sabine. »Sie sollen ganz eng miteinander gewesen sein. Der Freund hat wohl eine Weile in Kylemore gelebt.«
    Ein Auswanderer, schoss es Milan durch den Kopf. Wahrscheinlich einer von denen, die nach der Abschaffung der Apartheid ihr Glück woanders gesucht haben. Davon gab es viele.
    »Wie lange bleibt er?«, fragte Milan perplex. Solange Werner unterwegs war, könnte er mit seiner Mutter nicht über seine neuen Erkenntnisse reden.
    »Die Beerdigung ist am Wochenende. Er meinte, er bleibt ein paar Wochen. Vielleicht auch länger. Er wusste es nicht so genau.« Sie zuckte mit den Schultern und fügte mit einem vielsagenden Lächeln hinzu. »Du kennst doch deinen Großvater. Er steckt immer voller Überraschungen.«
    Milan wunderte sich. Er glaubte die Geschichte mit der Beerdigung nicht. Das war nur ein Vorwand. Aber wieso dann die plötzliche Abreise? Wollte sich sein Großvater damit nur der Aussprache entziehen? Oder hatte es irgendetwas mit dem Besuch von Herrn Stein zu tun?
    »Wer kümmert sich um seine Pflanzen?«, fragte Milan und dachte an die leere Wohnung am Sea Point.
    »Wer wohl? Miss Rent-a-Plant höchstpersönlich.« Sabine deutete auf den Schlüsselbund, der neben ihren Papieren auf dem Esstisch lag.
    »Das kann ich doch machen«, bot Milan an. »Du hast schon genug zu tun.«
    Sabine war sichtlich überrascht. Normalerweise riss sich Milan nicht darum, seine Hilfe in Haushaltsangelegenheiten anzubieten. Bevor sie sich für das Angebot bedanken konnte, hatte Milan schon die Schlüssel in die Hand genommen und war auf dem Weg nach draußen.
    Es wäre natürlich nicht

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