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Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)

Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)

Titel: Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Plischke
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bisher dachte, Themis, dann haben Sie aller Voraussicht nach auch … ein Gehirn?«
    »Ja.«
    Wieder tauchte auf dem Monitor ein Bild im Bild auf. Im allerersten Moment dachte Pollock, die KI hätte ihre Aufmerksamkeit innerhalb ihres Äquivalents eines Körpers auf die Unterkunft von Thorium Makutsi gerichtet. Doch im Gegensatz zu der mit Servern und wirr verlaufenden Kabeln vollgestopften Halle des Heavys war der Ort, den Themis Pollock zeigte, von einer klaren, geradezu klinischen Ordnung geprägt.
    Tausende Serverbänke, deren Energiezuflüsse unsichtbar blieben, waren in konzentrischen Kreisen aufgestellt, die in regelmäßigen Abständen schmale Lücken aufwiesen. Im Zentrum der Ringe erhob sich eine gigantische Säule – durchsichtig, hohl und offenbar mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt. In ihr schwamm eine aus der Entfernung nur schwer zu erkennende, milchige Kugel, die höchstens die Größe eines Hardballs aufwies. Hin und wieder zuckten helle Entladungen von den Rändern der Säule zu der Kugel – oder vielleicht auch in die umgekehrte Richtung, denn die Impulse waren zu schnell, um sie genau zu verfolgen. Aus der Vogelperspektive der Kamera betrachtet, die Themis angesteuert hatte, entstand so ein Eindruck, der irgendwo zwischen einem Irrgarten und einer antiken Tempelanlage changierte. Und wie jeder andere Tempel hatte auch dieser seine dienstbaren Priester, die in stiller Ernsthaftigkeit ihren heiligen Pflichten nachkamen: In diesem Fall waren es Dutzende Wartungsbots, die auf ihren zierlichen Reifen über den glatten Boden der Gänge zwischen den Servern dahinrollten, um hier und da Halt zu machen und einen Greifarm auszufahren. Damit zogen sie aus den Bänken einzelne, halb transparente Platten hervor, die sie danach zu irgendwelchen anderen, scheinbar beliebigen Punkten im Irrgarten transportierten, wo sie ihre kostbare Fracht in einem neuen Server abluden. Die gesamte Szenerie war in ein gespenstisch-kühles, blaues Licht getaucht, und Pollock glaubte fast, die Kälte, die im Sitz von Themis’ Bewusstsein herrschen musste, aus dem Bildschirm heraus in das kleine Hinterzimmer und in seinen Körper hinein kriechen zu spüren.
    »Was machen diese Bots da?«, fragte Pollock, die Stimme heiser vor einer Ehrfurcht, für die er sich vor sich selbst schämte. Sie ist kein Gott, Junge! Nur eine Person wie du und ich. Das hat sie selbst gesagt.
    »Um bei Ihrem Bild von einem organischen Gehirn zu bleiben, Mister Shermar, ist jede Platte, die Sie sehen, eine Nervenzelle oder eine Geflecht von Nervenzellen, in dem Erfahrungswerte abgelegt werden. Die Bots erfüllen eine Funktion, die es in dieser Form in einem organischen Gehirn allerdings so nicht gibt. Sie ordnen die Erfahrungswerte und setzen Sie zu größeren Sinneinheiten zusammen. Sie schaffen meine Erinnerungen und weisen Ihnen Bedeutung zu, wenn Sie so wollen.«
    »Sie formen Ihr Gedächtnis«, sagte Pollock.
    »So ist es.« Die KI senkte den Blick. »Und bei meinen Nachforschungen über die verschwundenen Überwachungsaufnahmen bin ich auf etwas Ungeheuerliches gestoßen. Jemand hat einen dieser Bots unter seine Kontrolle gebracht und mir damit einen Teil meiner Erinnerungen gestohlen. Es ist die einzige Erklärung dafür, warum ich nicht mehr auf die Aufnahmen zugreifen kann. Sehen Sie, Mister Shermar, ich vergesse nie etwas. Ich kann nichts vergessen. Die Bots in meinem Gehirn unterstützen mich nur darin, bestimmte Daten in den Hintergrund zu stellen und auf Abruf bereitzuhalten. Doch im Fall dieser Aufzeichnungen gibt es nichts mehr, was ich noch abrufen könnte.«
    »Wie kann sich jemand so einen Bot quasi unter den Nagel reißen, um Ihre Erinnerungen zu löschen?«, wollte Pollock wissen.
    »Alle Bots, die in At Lantis aktiv sind, können vom zentralen Sicherheitssystem aus angesteuert werden, um sie im Notfall abzuschalten«, sagte Themis. »Ich hielt das für eine kluge Vorgehensweise für den Fall, dass ich …«
    »Dass Sie wider Erwarten irgendwann einmal gewissermaßen die Beherrschung über sich verlieren«, beendete Pollock den Satz für die KI. »Falls Sie aus welchen Gründen auch immer beschließen, dass Sie genug davon haben, dass wir Menschen auf und in Ihnen herumkrabbeln.«
    »Mein Schicksal hat mich Vorsicht gelehrt«, erwiderte Themis. Das Bild im Bild von ihrem Allerheiligsten schloss sich wieder.
    »Gut.« Pollock verschränkte die Arme vor der Brust. »Beziehungsweise nicht gut. Jemand hat in Ihrem Hirn herumgefummelt.

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