Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)
seinem Kopf.«
»Wollen Sie damit sagen, der Pollock Shermar, dem ich die Ermittlungen in der Serie von Todesfällen übertragen habe, ist ein Doppelgänger?«, fragte Lantis.
Ich bin kein Doppelgänger! Ich bin ich! Pollock presste sich die Fäuste gegen die Schläfen. Ich bin ich!
»Nein! Nein! Nein!«, wisperte Bruno neben ihm. »Nicht so!«
»Es ist ein wenig komplizierter«, sagte Beauregard. »Unser Pollock Shermar, der hier in At Lantis bei dieser Schießerei gestorben ist, war kein einfacher Betrüger, der nur eine Rolle gespielt hat. Zumindest nicht bewusst. Das Projekt, dessen Versuchskaninchen er gewesen ist, hatte ehrgeizigere Pläne. Und einen hochtrabenden Namen: Lazarus. Wenn es hier jemanden gegeben hat, der es mit einem wandelnden Toten zu tun hatte, dann sind Sie das, Wilbur.«
Ich bin nicht tot! Zu dem Druck kam ein reißender Schwindel, der Pollock kraftlos zusammensacken ließ, und der bittere Geschmack in seinem Mund wurde von dem nach Blut verdrängt. Ich bin nicht tot.
»Eine Forscherin in Diensten von Alliance glaubt, einen gangbaren Weg gefunden zu haben, um die Toten aufzuerwecken.« Beauregard klang hochgradig amüsiert. »Dabei hat ihre Arbeit nichts Metaphysisches. Sie bedient sich nur bei bereits bekannten Technologien. Jeder Konzern hat Datenbanken mit Genmaterial von Generationen seiner Angestellten, und regelmäßige Zerebralscans sind in der Neurologie auch eher ein alter Hut. Sie bilden die Struktur der Hirnzellen zuverlässig ab, um rechtzeitig auf organisch bedingte psychische Störungen zu reagieren. Die kreative Leistung dieser Frau bestand eigentlich nur darin, diese beiden Ansätze miteinander zu verbinden und eine kleine ethische Grenze zu überschreiten. Ihre Überlegung ging wohl ungefähr so: ›Wir haben all diese wunderbaren kognitiven Matrizen aus den Zerebralscans ungenutzt herumliegen. Was passiert, wenn ich die eines verdienten, gewinnbringenden Mitarbeiters meines Mutterkons, der von seinem letzten Einsatz nicht lebend zurückgekommen ist, gewissermaßen auf einen Klon dieses Mitarbeiters aufspiele? Und was, wenn ich vorher das Hirn der geborgenen Leiche scanne, um die Matrize, die ich dann erhalte, mit der bereits bestehenden zu kombinieren?‹ Ihr Projekt läuft inzwischen fast zwanzig Jahre. Es hat viele Rückschläge erlebt, bis endlich der Moment da war, an dem ein Klon sowohl sein beschleunigtes Wachstum als auch die psychische Belastung so weit ertrug, um seine Einsatzmöglichkeiten im Feldversuch zu überprüfen.«
»Was soll das bedeuten?«, fragte Lantis tonlos. »Dass mein Pollock hier nur ein Klon ist, der mit den Erinnerungen und der Persönlichkeit seiner toten Vorlage versehen wurde?«
»Niederschmetternd, nicht wahr?«, fragte Beauregard zurück.
Ein letztes Mal bäumte sich Pollock gegen die unsichtbaren Mächte auf, die sein innerstes Selbst zu zermalmen drohten. Dann musste er sich geschlagen geben, und der Damm in ihm brach.
69
02.10.3042 A.D., 18:32
System: Sol
Planet: Erde
Ort: Lantis Island, Privatraum 3d von Wilbur Graeme Lantis
Die Luft in der Werkskantine der Zeche war stickig und roch nach einer widerlichen Mixtur aus Schweiß und künstlichen Proteinen. »Wie viele von deinen Freunden sind denn schon verschwunden?«
» Viel zu viele.« Der junge Nacktmullbeta schaute ihn traurig mit seinen kleinen, dunklen Augen an. »Und wenn ich Sie korrigieren darf, Mister Shermar: Meine Freunde sind nicht verschwunden.«
» Sondern?«
»Sie wurden entführt«, raunte der Beta düster.
Er setzte das Infrarot-Fernglas ab und saugte an dem dünnen Plastikschlauch, der von seinen Lippen zum Wasservorrat seines Wüstenanzugs lief. Kein Zweifel. Was da in zwei Klicks Entfernung in der flirrenden Hitze aufragte, war keine natürlich entstandene Felsformation. Die Wärmesignatur passte nicht. Sie war einen Tick zu kühl. Nur zwei, drei Grad, aber das reichte, um seinen Verdacht zu bestätigen. Ziemlich gut getarnte Abluftrohre. Der kleine Nacktmull hatte Recht. Hier gab es einen Bunker. »Hey, Jost! Mach mal ein paar nette Aufnahmen von den Steinen da drüben, ja? Die werden sich im nächsten Teaser gut machen, von wegen bedrohliche Atmo und so.«
Jost schwitzte wie ein Schwein, obwohl die Klimaanlage in ihrem Hotelzimmer auf vollen Touren lief. Sein T-Shirt war ein einziger nasser Lappen, und er kam gar nicht schnell genug damit nach, sich die Stirn abzuwischen, bevor ihm auch schon die nächste dicke Perle über die Braue ins Auge rann.
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