Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)
»Da ist noch mehr. Das gleiche Neurotoxin haben wir auch im Blut des Betas gefunden, den Sie erschossen haben wollen. Wenn man jetzt bedenkt, wie rasch dieses Gift den Tod herbeiführt … Lassen Sie mich es so formulieren, Leo: Entweder Sie haben einem wandelnden Toten gegenübergestanden, oder Sie haben auf jemanden geschossen, der schon tot war, als Sie abgedrückt haben. Was halte ich Ihrer Meinung nach wohl für die wahrscheinlichere Variante?«
»Wer hat Ihnen diesen Floh ins Ohr gesetzt?«, erwiderte Beauregard. »War es Ihr kleiner Detektiv, den Sie so anhimmeln?«
»Unterschätzen Sie bitte nicht meine Intelligenz. Ich habe mir das schlicht und ergreifend selbst aus den Obduktionsberichten zusammengereimt.« Wilbur seufzte und schaute auf seine Hände. »Pollock Shermar ist tot. Seit heute Mittag. Er starb in einem Club für Betafetischisten auf einem Serviceliner. Bei einer Schießerei. Er hat es seinen Mördern allerdings nicht leicht gemacht. Er hat sie mit in den Tod genommen.«
Diese Nachricht löste dann doch eine deutlich sichtbare Regung in Beauregard aus: Seine Mundwinkel hoben sich zu einem sanften Lächeln. »Daher weht also der Wind. Ihnen ist Ihr Schnüffler abhandengekommen, ohne dass er vorher irgendwelche verwertbaren Informationen über die Todesfälle geliefert hätte. Deshalb klammern Sie sich jetzt an haltlose Vorwürfe. Denken Sie wirklich, ich hätte Cathy umgebracht? Wir waren nicht nur Nachbarn. Wir waren Freunde, Wilbur.«
Jetzt kommt’s drauf an. »Pollock hielt es nicht für ausgeschlossen.«
»Verstehe.« Beauregard atmete tief durch. »Lassen Sie mich Ihnen ein kleines Geheimnis über den Mann verraten, den Sie für Pollock Shermar gehalten haben.«
68
02.10.3042 A.D., 18:28
System: Sol
Planet: Erde
Ort: Lantis Island, Privatraum 3d von Wilbur Graeme Lantis
Was? Welches Geheimnis? In dem kleinen Zimmer, das sich hinter einer falschen Schranktür an die nachgebaute Riesenkajüte anschloss, beugte sich Pollock dichter an den Monitor heran, auf dem er das Gespräch zwischen Lantis und Beauregard beobachtete. Bruno, der neben ihm auf seinem Stuhl kauerte und bisher nur nervös mit den Nagezähnen gemahlen hatte, entfuhr ein zwitscherndes Pfeifen. »Ruhe!«, zischte Pollock ihn an. »Ich muss das hören!«
»Es dürfte Sie nicht überraschen, dass ich sehr weitreichende Kontakte in eine ganze Menge Konzerne habe«, sagte Beauregard selbstsicher. »Und das sind nicht bloß irgendwelche Tippsen, die mir einen Gefallen schulden. Sie wissen, wo meine Aufgabenbereiche früher lagen.«
»Spionage und verdeckte Einsätze«, sagte Lantis.
»Ich kenne auch den einen oder anderen Kollegen bei Knowledge Alliance«, fuhr Beauregard fort. »Und nachdem ich davon erfahren habe, dass Sie Pollock Shermar angefordert haben, habe ich mich da ein wenig umgehört. Nicht aus böser Absicht. Nur aus alter Gewohnheit. Ich kann nicht anders. Ich will immer wissen, mit wem ich es zu tun habe. Dafür haben Sie sicher Verständnis.«
»Sicher«, bestätigte Lantis.
»Sie erinnern sich bestimmt noch an Pollocks letzten Fall«, sagte Beauregard. »Den, zu dem es nie eine Episode gab. Den, nach dem seine Serie eingestellt wurde.«
»Der Vorfall auf Gambela.« Lantis nickte. »Er wurde dabei schwer verletzt.«
Der mittlerweile vertraute Druck, der Pollock seit seiner Ankunft in At Lantis immer wieder plagte, meldete sich mit schmerzhafter Vehemenz zurück. Hermes Christus! Es fühlte sich an, als würden in Pollocks Kopf all seine Gedanken langsam zwischen zwei Mühlsteinen zerrieben. Er keuchte und schmeckte ein bitteres Öl in seinem Mund, das ihm schier den Magen umdrehte.
»Nein, Wilbur, Pollock Shermar wurde damals nicht schwer verletzt.« Beauregard lächelte kühl. »Pollock Shermar wurde damals getötet. Ich habe persönlich mit der Frau gesprochen, die die Bergungsaktion leitete.«
Ich bin nicht tot! Hier sitze ich doch! Wie kann ich da tot sein? Der quälende Druck war gegenüber diesen rationalen Argumenten völlig unempfänglich. Im Gegenteil. Mit jedem weiteren Wort aus Beauregards Mund nahm er zu.
»In der Bunkeranlage, in die sich Shermar im Zuge seiner Ermittlungen hineinbegeben hatte, kam es offenbar zur Auslösung eines finalen Notfallprotokolls. Dazu gehörte unter anderem die Zündung mehrerer Sprengsätze an taktisch wichtigen Punkten. Shermar hielt sich an einem solchen Punkt auf. Die Leiche, die geborgen wurde, bestand im Grunde nur noch aus Teilen seines Rumpfs und
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