Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)
sich auf ihren Mesca LSD -Trips schließlich auch nie gefragt, welche komplexen biochemischen Abläufe in ihrem Organismus dafür sorgten, dass sie sehr glaubwürdige und fesselnde Unterhaltungen mit allerlei unbelebten Objekten wie Handtaschen und Badezimmerspiegeln führte. Vielleicht hätte Woods ihr erklären können, was Autopilot in ihr anstellte, aber warum hätte sie ihn darauf ansprechen sollen?
Woods war wirklich ein Ausbund an Höflichkeit. Selbst die Fragen, die er ihr über ihre anderen Klienten gestellt hatte, waren sehr zurückhaltend formuliert gewesen. Eigentlich stand in ihrem Arbeitsvertrag ausdrücklich drin, dass sie abgesehen von Pop nicht mit irgendwelchen Dritten einfach so über ihre Klienten plaudern durfte. Für Escorts galt aus nachvollziehbaren Gründen so etwas Ähnliches wie eine ärztliche Schweigepflicht, was ihre Klienten anging. Woods hatte ihr allerdings schon beim ersten Treffen plausibel dargelegt, woher sein Interesse an ihr wirklich rührte.
»Ich muss mich absichern, Jessica«, hatte er in seiner superrauen, supertiefen Stimme gesagt, die immer wie ein Knurren klang, bei dem es ihr intensiv in den Ohren kribbelte. »Eine Filmproduktion, wie sie meinen Partnern und mir vorschwebt, ist eine teure Investition. Auch und gerade für einen relativ kleinen Markt wie den für Betas, sind die Kosten dennoch immens. Da will man keine Überraschungen. Streng genommen gehörst du noch so lange Pop, bis wir dich aus deinem Vertrag herausgekauft haben. Bevor ich mit ihm darüber verhandle, würde ich nur gern wissen, ob du dir vorstellen könntest, dass einer deiner Stammklienten so auf dich fixiert ist, dass er sich bei Pop unter Umständen ein Vorkaufsrecht für dich gesichert hat. Mir geht es nur darum, bei Pop nicht ins offene Messer zu laufen.«
Das leuchtete ihr ein, obwohl sie nach diesem ersten Treffen nach wie vor ziemlich skeptisch war, ob sie da nur im Begriff war, einem Betrüger aufzusitzen. Dann hatte ihr Woods bei ihrem zweiten Termin – dem mit der großen Champagnerflasche und dem Autopilot – eröffnet, dass sie nicht die erste Escort von der Pleasant Surprise war, der er ein solch verlockendes Angebot unterbreitete. Einige andere hatten schon angenommen, und sie musste ihm die Namen zwar aus der Schnauze ziehen, aber als er sie endlich preisgab, ergab plötzlich alles einen Sinn. Warum Pop in den letzten Wochen so guter Dinge war und mit Knete förmlich um sich schmiss. Wo Kamantha, Crispin und die anderen Jungs und Mädels abgeblieben waren, die sie schon seit ein paar Wochen nicht mehr gesehen hatte – nicht auf dem Fitnessdeck, nicht in der Wartehalle am Gleiterlandeplatz, nicht in der Praxis von Doktor Morris zum regelmäßigen Gesundheitscheck. Nach dieser Erkenntnis hatte Jessica all ihre Hemmungen heruntergeschluckt und bereitwillig Woods’ Fragen beantwortet. Warum sollte ausgerechnet sie auf etwas verzichten, von dem andere Escorts ganz offensichtlich schon derbe profitiert hatten? Woods wollte sie als einen der Stars für sein ehrgeiziges Projekt, und sie wäre bescheuert gewesen, sich das freiwillig durch die Lappen gehen zu lassen.
Jessica beschloss, die knifflige Entscheidung in Sachen Outfit noch ein paar kostbare Minuten hinauszuzögern, und setzte sich wie sie war an ihren Schminktisch. Als Pop ihr vor zwei Monaten den riesigen Gefallen getan hatte, sie in eine Außenkabine umziehen zu lassen, hatte Jessica das voll ausgekostet. Sie hatte ihre Aufbrezelstation so platziert, dass sie nur den Kopf ein kleines Stück zu drehen brauchte, um vom Spiegel weg und durch das kleine Bullauge hinaus auf das faszinierende und zugleich ungemein beruhigende Auf und Ab der Wellen auf dem Atlantik zu schauen. Das Schönste war, dass an Bord der Pleasant Surprise nicht einmal die Gefahr bestand, dass einem speiübel wurde: Ultrasmarte Gyroskope im Bauch des Liners verhinderten, dass das Schiff in den Wogen rollte, wenn es auf seiner Fahrt von Anlaufstelle zu Anlaufstelle rings um die Inselwelt von At Lantis durch den kläglichen Rest eines einst so stolzen Ozeans pflügte. In all der Zeit, die Jessica hier nun schon untergebracht war, hatte sie es noch nie erlebt, dass der Boden mehr als ein paar Millimeter schwankte oder irgendwelche Gegenstände durch die Gegend rutschten.
Daher lag auch ihre Zahnraspel noch genau dort, wo sie sie am Vorabend zwischen ihren Schminkutensilien deponiert hatte. Sie bleckte sich selbst im Spiegel an und versuchte abzuschätzen, ob
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