Justifiers - Autopilot: Justifiers-Roman 7 (German Edition)
Unschuld wissen.
»Warum ich ›immer‹ so giftig bin, weiß ich nicht genau. Schlechte Erziehung, allgemeiner Hass auf meine Mitmenschen, eine psychische Störung – such dir was aus. Aber was mich im Moment ankotzt, mein Lieber, das kann ich dir sagen.« Komisch. Hätte nie gedacht, dass es so gut tun kann, die ganze Scheiße rauszulassen, die ich sonst in mich reinfresse. »Irgendjemand hier in diesem überbewerteten Urlaubsresort spielt ein richtig mieses Spiel mit mir. Schickt mir einen Hinweis, mit dem ich am Ende nichts anfangen kann. Warum? Um mich von etwas anderem abzulenken? Aus perverser Freude daran, mich auf eine falsche Spur zu schicken, die gar keine ist? Siehst du, Bruno, das ist das Schlimmste: Ich kenne nicht mal die absoluten Grundregeln dieses Spiels. Ist es eine Runde ›Verarsch den blöden Schnüffler‹ oder eine Partie ›Hasch mich, ich bin der Frühling‹? Was soll dieser ganze Mist hier?«
Bruno, der sich die kurze Tirade schweigend angehört hatte, runzelte die Stirn und Teile seiner Wangen. »Pollock, ich bin in mich gegangen. Dabei habe ich etwas festgestellt.« Er blinzelte verlegen. »Es könnte sein, dass du mit deiner ersten Theorie unter Umständen gar nicht Unrecht hattest. Ich wollte es möglicherweise nicht sofort einsehen, weil ich in dieser Hinsicht gewissermaßen … befangen bin. Es spricht nämlich schon etwas dafür, dass Betas in diese Angelegenheit verstrickt sein könnten .«
»Hört, hört!« Pollock sah ihn skeptisch an. »Bin ich plötzlich doch kein Speziesist, oder wie?«
»Ich kenne dich nicht lange genug, um mir darüber ein abschließendes Urteil zu erlauben«, sagte Bruno. »Aber in diesem Fall – in unserem Fall – lohnt es sich, ein Detail nicht zu vergessen. Ein Detail, das zumindest für eines der Opfer ein noch klareres Motiv liefert als nur eine kritische Äußerung über Betarechtsfragen.«
»Mach’s bitte nicht so dramatisch.«
»Slim Kaschgalejew.« Bruno sprach den Namen aus, als wäre er ein düsteres Omen.
»Die Spielernatur? Der, der sich beim Zitteraalspielen gegrillt hat? Was ist mit ihm?«
»Er war PR-Experte für FullCorp.« Bruno senkte den Blick. »Und FullCorp ist der Konzern, der als Erstes jemals einen Beta produziert hat. Wenn es tatsächlich radikale Betas in At Lantis gibt …«
»… wäre unser Slim das symbolträchtigste Ziel, das man sich nur wünschen kann.« Pollock drehte das leere Glas in seiner Hand. Ich muss dringend weniger saufen. Dass Pride Fur darauf scharf wäre, einen Propagandisten wie Slim Kaschgalejew umzunieten, da hätte ich selbst draufkommen können. »Wieso ist mir das nicht aufgefallen?«
»Ganz ehrlich?« Bruno musterte Pollock, als müsste er sich vergewissern, nicht in eine verbale Falle zu tappen, die ihm da gestellt wurde. »Ganz, ganz ehrlich?«
»Ja.«
»Ich befürchte, du warst zu beschäftigt. Erst damit, dich vor Miss Purrtra in ein möglichst männliches Licht zu rücken. Was ich dir nicht vorwerfe. Miss Purrtra ist eine sehr attraktive Frau. Später warst du dadurch abgelenkt, dass du mich unbedingt für meine Aufmüpfigkeit bestrafen wolltest. Und dann kamen Lee und dieses Video.« Bruno mahlte mit den Nagezähnen. »Im Grunde ist das meine Schuld. Ein guter Sidekick hält seinem Partner außer dem Rücken auch noch den Kopf frei.«
»Vergiss es«, wehrte Pollock ab. Seine Finger huschten bereits über seine Multibox. »Trudy, alte Hütte«, sagte er betont locker, als die Verbindung stand. »Sie werden es kaum glauben. Ich habe eine Spur. Wann können Sie mit mir eine kleine Tatortbegehung machen?«
19
27.09.3042 A.D., 17:26
System: Sol
Planet: Erde
Ort: Lantis Island, an Bord des Serviceliners Pleasant Surprise , Bar Zehn Hinten
Es gab Augenblicke, in denen Manolete es immer noch nicht ganz glauben konnte, dass ausgerechnet er – ein Bullenbeta, der eigentlich dazu gezüchtet worden war, ein blutiges Ende auf dem Schlachtfeld zu finden – es nach At Lantis geschafft hatte. Zugegeben, er konnte nicht damit prahlen, auf einer eigenen Insel oder in den luftigen Höhen der Nabe zu wohnen, aber für ein Geschöpf wie ihn war eine einfache Kabine in einem Serviceliner trotzdem nicht zu verachten. Und ja, der Job, dem er jetzt nachging, war nicht unbedingt einer, von dem sich Eltern wünschten, dass ihre Kinder ihn hätten – zum Glück hatten Betas keine Eltern im eigentlichen Sinn, denen es das Herz brechen konnte, wenn sich ihr Nachwuchs als Escort verdingte. Außerdem
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