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Justifiers - Hard to Kill: Justifiers-Roman 8 (German Edition)

Justifiers - Hard to Kill: Justifiers-Roman 8 (German Edition)

Titel: Justifiers - Hard to Kill: Justifiers-Roman 8 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Hallmann
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Welt aufgestiegen waren.
    Er träumte, dass sie ihn zerfleischten. Es dauerte lange, weil im Traum die Zeit eigenartig verzerrt war und weil er nicht starb. Sie stritten kreischend um die Beute, hier und da schnappte eins zu, riss Fleisch von seinen Knochen, weiße Augen, schimmernde, nadelartige Zähne, eine Weile stand eins direkt auf ihm, während es von ihm fraß, die Krallen bohrten sich tief in sein Fleisch. Im Grunde hätte er längst tot sein müssen, aber er lebte, er spürte noch immer, wie die Zähne sein Fleisch zerrissen, als sie bereits mit den Eingeweiden fertig waren und sich den Organen unter seinem Brustkorb widmeten, als sie sich unter die Rippen wühlten. Er starb nicht, starb ganz einfach nicht, und dann kam sie durch die bleichen Leiber geschritten, sie, deren Fell brannte, mit violetten Augen, in denen das stumpfe Feuer sterbender Sterne glomm, sie, die sich über ihn beugte, ihm ins zerrissene Gesicht schaute, mitleidlos registrierte, wie wenig noch von ihm übrig war, und ihn fragte: Und wer bist du?
    Nox erwachte schreiend, die Frage hallte in ihm nach wie ein Peitschenhieb, der nicht enden wollte, aber als er dann endlich bei Bewusstsein war, sich keuchend orientierte und erinnerte, wo er war, da wusste er nicht mehr, was an der Frage so schlimm gewesen war, und er sah Sky, die bei seinem Schrei zurückgewichen war und nun am Fußende des Betts kauerte, die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen.
    Er keuchte, zitterte, schauderte, ihm war heiß. Er fieberte, begriff er, kein Antibiotikum, er hatte die Wunde nicht desinfiziert, sie hatte sich entzündet. Die Hand war ganz nutzlos, nicht einmal die Krallen einziehen konnte er, sie ragten aus den reglosen Fingern wie gebogene Scherben, die ihm jemand ins Fleisch getrieben hatte. Er spürte, wo sie verliefen, spürte auch die Adern im Arm, jede einzeln, so schien es ihm, es war ein ungeheuerlicher Schmerz, der ihn staunen ließ, zu was Nervenenden und ein Gehirn imstande waren, was sie gemeinsam bewirken konnten, welche überwältigenden Empfindungen sie erfanden, nur um eine Information zu transportieren. In diesem Fall eine ganz und gar nutzlose: Da stimmt was nicht, da ist etwas nicht in Ordnung. Als könnte man das, mit Verlaub, nicht sehen .
    Er hatte sich schon immer gefragt, wozu Schmerzen eigentlich wirklich gut waren, was den praktischen Nutzen betraf. Der Körper juckte, wenn man sich nicht kratzen sollte, tödliche Wunden schmerzten, obwohl sich ohnehin nichts mehr dagegen tun ließ, und gegen viele Schmerzen musste man das Gegenteil von dem tun, was sie einem signalisierten, musste ausgerenkte Gelenke wieder einrenken, obwohl der Schmerz einem sagte, man sollte ganz still halten, musste Knochen richten, obwohl es so wehtat, dass man dabei möglicherweise das Bewusstsein verlor … Schmerzen, fand er, waren eine außer Kontrolle geratene hysterische Maßnahme eines mangelhaften Produkts namens Körper, das er nicht ernst nehmen konnte.
    »Und für die Psyche gilt das Gleiche«, sagte er missmutig zu Sky. »Schmerz ist keine Information. Schmerz nützt nichts. Schmerz ist eine Deformierung.«
    Sie starrte ihn an und zuckte konvulsivisch mit der Schwanzspitze.
    »Was soll das?«, herrschte er sie gereizt an. »Was willst du? Ich bin immer noch müde. Was starrst du mich so an?
    »Du bist allein im Traum und einsam«, flüsterte sie. »Er nicht. Er ist nur allein. Nicht einsam.«
    »Mein Herz«, fauchte er, »ich bin nicht in der Stimmung für Rätsel. Mir fault der Arm ab. Ich bin wehleidig.«
    Es war, als würde sie ihn gar nicht hören. »Er brennt. Er ist gestorben. Er lebt. Er schläft tief unten im Bauch der Virago und wartet. Aber auf was? Und wer ist er? Ich kenne ihn nicht.«
    Nox betrachtete seinen Arm, fuhr eine Kralle der anderen Hand aus und schlitzte die straff gespannte Haut neben der Wunde auf. Eiter quoll heraus. Es stank, aber der Schmerz ließ ein wenig nach. Sorgfältig wischte er den Eiter ins Kopfkissen.
    Sky beachtete seine medizinisch bedenklichen Maßnahmen nicht und erzählte auch nichts von Desinfektionsmitteln. Sie starrte ihn an. »Ich kenne ihn nicht«, flüsterte sie. »Ich kenne ihn nicht.«
    »Ist das eine Metapher?«, fragte er sie ungeduldig. »Oder eine Fieberphantasie? Ich weiß nicht, was du von mir willst.«
    »Ich kenne ihn nicht«, wiederholte sie nur.

Arbeitsanweisung VI
    Notwendiger Rückzug
    In seltenen Ausnahmefällen kann es notwendig werden, dass Sie sich trotz nicht erfüllten Auftrags von

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