Justifiers - Hard to Kill: Justifiers-Roman 8 (German Edition)
nichts. Auch draußen nicht.«
Eine Gänsehaut rann über ihren Rücken. Wieder zögerte sie, dann senkte sie die Waffe und ging an ihm vorbei nach draußen. Ihr war außerordentlich bewusst, dass sie ihm den Rücken zuwandte, aber ihr war auch klar, dass es keine Rolle spielte. Wenn er sie umbringen wollte, würde er das tun, es gab nicht viel, was sie dagegen unternehmen konnte.
Drei Monde, einer davon zu einer fast nicht mehr sichtbaren Sichel verblasst. Am alleräußersten Rand des Himmels vielleicht eine Ahnung des heraufdämmernden Morgens. Stille. Stille auf der silbrig schimmernden Ebene und Stille im Funknetz.
Was, dachte sie, wenn sie ohne sie aufgebrochen waren? Argon war ein guter Pilot, sie brauchten sie nicht. Aber sie verwarf den Gedanken schnell wieder, weigerte sich, es sich vorzustellen, und außerdem hätte das bedeutet, sie wäre mit Nox hier allein. Wenn ihr Verstand die jüngsten Ereignisse überlebte, war das eine respektable Leistung, fand sie, sie musste es sich nicht durch solche Gedankenspiele noch schwerer machen.
»Wir haben eine Anlage entdeckt«, sagte sie zu Nox, als sie spürte, dass er hinter sie trat. »Möglicherweise ist da noch jemand. Oder es kommt noch jemand zurück. Immerhin ist die ganze Ausrüstung noch da, das ganze Lager voller Kisten. Und in der anderen Anlage gibt es ein Shuttle.«
Sie sah nicht, wie er hinter ihr das Gesicht verzog, als er die Sehnsucht in ihrer Stimme hörte. Ein Shuttle. Als bedeute es alle Freiheit der Welt. Ein Shuttle, um ein paar Lichtjahre weit in den Weltraum hinauszuhopsen, ein paar weitere Hopser, um irgendeinen Planeten zu erreichen, auf dem man Formulare ausfüllte, sich umfangreich und mit vielen ermüdenden Wiederholungen erklärte, bestenfalls in einem Hotel wartete, andernfalls in einer Zelle, bis sie einen wieder einsammelten und einem sagten, was zu tun war. Ein Shuttle. In ihrer Stimme klang deutlich mit, was sie dachte: Rettung.
So hast du auch mal gedacht , hörte er Sky sagen. Ihre Stimme war kaum hörbar, und als er den Kopf wandte, sah er sie dastehen, durchscheinend wie ein Geist. Er wusste, dass er sie wieder deutlicher sehen würde, wenn er gejagt und gegessen hatte.
»Da hat auch noch etwas auf mich gewartet«, erwiderte er, und die kleine Pilotin schaute ihn verwirrt an. Er bemerkte ihren Blick aus dem Augenwinkel, aber er hatte nur Augen für Sky. In seinen Adern pochte schmerzhaft das Blut, in seinem Magen tobte der Hunger, und er wusste, dass er verloren war. Zugleich war er zu Hause. Er musste nur dringend etwas essen, dann war er wieder zu Hause. So sehr zu Hause, wie es für ihn eben möglich war.
Sky sagte etwas, zugleich fragte Nova, was sie tun sollten, und er bat sie zu schweigen, um zu verstehen, was Sky sagte, mit dieser viel zu leisen Stimme, die fast nur noch in seinen Gedanken zu hören war. Er lauschte, und dann seufzte er.
Novas Blick war durchdringend und voller Misstrauen. Sie musste ihn für verrückt halten. Und das war er ja auch, er war der Letzte, der es bestreiten würde.
»Ich glaube, dein Shuttle ist noch da«, sagte er. »Es wird nur ein bisschen Arbeit, noch ein Ticket zu bekommen. Und wir sollten uns beeilen.«
Das Wasser umschloss Argon wie eine Faust aus Eis, als er kopfüber eintauchte, in einem Bogen unter der Oberfläche dahinschoss und etliche Meter weiter wieder auftauchte. Nie einen Kopfsprung in unbekanntem Gewässer , jaulte wie eine Sirene die uralte Überlebensregel in seinem Kopf. Hier galt sie nicht – hier galt vielmehr: Aus der Höhe geht es ohnehin tief runter, und wer zu nah am diesseitigen Ufer landet, wird gefressen.
Tatsächlich sprangen zwei der Lucies ihm nach, eine holte Arris mit einem fast beiläufigen Treffer von der Wand, noch bevor sie richtig abgesprungen war, der anderen, die gar nicht weit genug gekommen wäre, briet Morbus wortwörtlich den Hintern, und sie landete kreischend im Wasser und trieb fort. Argon bekam davon nicht viel mit, die Strömung war erheblich stärker als erwartet, und er musste mit aller Kraft dagegen arbeiten, um nicht zu schnell abgetrieben zu werden.
Eddie und der Junge sprangen rasch nacheinander, Eddie zögernd, der Junge etwas verfrüht und mit wilder Entschlossenheit. Morbus stieß sich mit der Lässigkeit eines Sporttauchers ab und kam fluchend und spuckend wieder an die Oberfläche. Er erwischte den Jungen, dessen Kraft nicht ausreichte, um die Geschwindigkeit nennenswert zu verlangsamen, mit der die Strömung ihn
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