Justifiers - Hard to Kill: Justifiers-Roman 8 (German Edition)
bisschen ging es, und Morbus hatte gesagt, ein bisschen sei besser als nichts.
Er schob und hob sie ein Stückchen zur Seite. Die Augenlider flackerten, er sah das Zucken der Nickhäute darunter. Ihr Mund klaffte ein wenig auf, die Zunge sah ausgetrocknet aus. Er feuchtete einen sauberen Lappen aus dem MedSet an, den letzten, und benetzte den Rand der Maulspalte und die Zunge. Sie schluckte nicht. Der Tropf, der neben ihr hing, war durchgelaufen, dafür war der Urinbeutel an ihrer Seite zum Bersten voll. Morbus hatte keine Anweisungen hinterlassen, wie Arris beides wechseln sollte.
Funkstille. Das Wort wog schwer. Er lief zum Kokon. Die verwesenden Einzelteile des toten Aliens stanken erbärmlich, ihm wurde übel. Die Werte des anderen stiegen – langsam, aber konstant. Er rechnete ihren Anstieg hoch und kam zu dem Schluss, dass er höchstens noch ein oder zwei Stunden hatte, bis der erste Wert die rot markierte Grenze erreichen würde.
Er sah auf. Durch den Höhleneingang flutete das Morgenlicht, als richte jemand einen gigantischen Bunsenbrenner ins Innere. Die Sonne stieg schnell. Sie war so grell, dass seine künstlichen Augen einen Augenblick brauchten, um die Helligkeit auszufiltern, wenn er direkt hineinsah; im ersten Augenblick war er wie blind. Am Himmel flammten riesige, flüchtige Lichtgestalten, weiß und grau und ein ausgeblichenes Blau. Morbus hatte etwas von Gasschichten gemurmelt und von Polarlichtern, es hatte sich Arris nicht erschlossen, aber es war ein beängstigendes Spektakel, und er fühlte sich winzig und verloren.
Nellys Stöhnen riss nicht ab. Es wurde tief und grauenhaft. Arris eilte zu ihr, obwohl er nicht wusste, wozu die Eile, denn dann stand er vor ihr und wusste dennoch nicht, was zu tun war. Oder doch – Schmerzmittel vielleicht? Dunkel erinnerte er sich, dass Morbus dem Tropf, der ihr Flüssigkeit zuführte, auch Schmerzmittel beigemengt hatte.
Hastig suchte er nach einem schmerzstillenden Pflaster, riss es auf und klebte es Nelly auf den Hals. Die Schuppen fühlten sich trocken und rissig an unter seinen Fingern.
Er wartete. Darauf, dass Morbus und Eddie zurückkehrten und erklärten, weshalb es so spät geworden war. Darauf, dass das Stöhnen aufhörte.
Nelly verdrehte die Augen, wimmerte und fing an zu schreien, als ein Krampf ihren Leib erfasste. Die Schreie klangen, als wäre ein anderes Wesen in ihrem Körper gefangen, es war nicht Nellys Stimme. Irgendetwas unter den Verbänden aus getrocknetem Schaum riss auf, ein widerlicher Geruch wallte Arris entgegen. Es war derselbe Gestank, den die Überreste des toten Aliens verströmten. Verwesung.
Eventuell halluzinogen . Das war das Ergebnis, mit dem Wolf nach stundenlanger Analyse ankam – das Gift oder die Substanz, die die Aliens ihren Opfern zuführten, wirkte eventuell halluzinogen .
Argon erinnerte sich an Nox’ Behauptung, Sky stünde unsichtbar hinter ihm, und sie statteten ihm einen Besuch ab, bügelten auf dem Hin- und Rückweg Murrays nicht unberechtigte Fragen ab, was nun eigentlich verdammt noch mal auf einmal los sei, und nahmen Nox, der zur Begrüßung kaum die Augen öffnete, Blut ab. Auch hier fanden sich Spuren jener Substanz, überraschenderweise in höherer Konzentration als bei Scar und Stray, obwohl Nox’ einzige Verletzung aus den Kratzern bestand, die die kräftigen Muskelschichten der Bauchdecke nicht durchdrungen hatten. Es blieb also vorerst dabei, dass sie ein bisschen mehr als gar nichts wussten, ein Zustand, der Argon auf die Nerven zu gehen begann, und er wünschte, er hätte Wolf doch lieber darauf angesetzt herauszufinden, wie es zu ihrem nicht programmierten Sprung gekommen war. Allerdings stellte sich die Frage, was sie mit der Erkenntnis überhaupt anfangen sollten.
Seine Vermutung war, dass sich sein ehemaliges Team ins System gehackt und eine andere Sprungsequenz eingeleitet hatte, damit sie keinen zweiten Langstreckensprung in Kauf nehmen mussten, um ihn abzuliefern, und dass dabei etwas gründlich schiefgegangen war. Das war vielleicht mit etwas weniger Zeitaufwand auch aus Nox herauszubekommen.
Auf dem Schirm im Cockpit glühte das erste Morgenlicht, als er seine Leute im Besprechungsraum zusammenrief. Die bewusstlose Scar hatten sie zu den Cetanern verlagert und unter Tinas Aufsicht gestellt. Argon wartete, bis die anderen sich setzten und ihn anschauten. Er nahm sich die Zeit, jeden von ihnen zu mustern. Wolfs Beunruhigung. Toros offenen Blick, in dem keine Bereitschaft lag,
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