Justifiers - Hard to Kill: Justifiers-Roman 8 (German Edition)
ihn ernsthaft zu kritisieren. Nova. Novas Blick konnte er nicht deuten. Mit ihr war irgendetwas eigenartig, er konnte den Zeitpunkt nicht genau bestimmen, wann es angefangen hatte, aber er glaubte, es hatte mit Nox zu tun. Oder damit, dass er ein Justifier gewesen war. Vielleicht hatte es auch begonnen, als er sie gewürgt hatte. Der Tag, an dem er sie gegen die Wand gestoßen und später Little getötet hatte, schien ihm ein Jahr zurückzuliegen, aber wenn er sich nicht irrte, war es vorgestern Abend gewesen.
Unwillkürlich glitt sein Blick zu den noch nicht verblassten blauen Malen an ihrem Hals, und sie bemerkte es und legte die Hand darüber, errötend, als sei es etwas, für das sie sich schämen musste, nicht er.
Rasch schaute er weg. »Es ist Zeit für offene Karten«, sagte er ohne Umschweife. »Wir sollten alle auf demselben Stand sein. Keine Geheimnisse zwischen uns.« Es erinnerte ihn verwirrend an den Moment, wenn eine Schießerei begann, auf einmal war alles klar und offen. Nicht das Ergebnis, aber der Weg dorthin. Er hätte es nicht beschreiben können, und vielleicht lag es auch nur daran, dass der Adrenalinpegel in seinem Blut dem in einer Schießerei glich, aber welche Zweifel er auch gehabt haben mochte, jetzt waren sie fort.
Wolfs Beunruhigung wuchs. Als Argon in die Tasche griff, die er aus seinem Quartier mitgebracht hatte, und die Kassette herausholte, sah er aus, als wollte er aufspringen. »Muss das sein?«, fragte er. »Glaubst du nicht, das macht es schlimmer?«
»Ich kann Nox nicht anständig verhören, wenn ich nicht weiß, ob er vielleicht Geheimnisse ausplaudert, die ich vor einem von euch habe. Ich weiß nicht, was er weiß.«
Nova verschränkte die Arme vor der Brust und zog die Knie an, es sah nicht ablehnend aus, sondern eher, als umarmte sie schützend sich selbst.
»Wolfs und mein Geheimnis«, sagte Argon und stellte die Kassette auf den Tisch. »Je nach Käufer hat es einen Wert von zwanzig Millionen aufwärts. Und da fängt es erst an, wir reden hier von einem Betrag, der nach oben fast offen ist.«
»Nach oben offen? Kaum«, erwiderte Wolf, zog eine schmerzerfüllte Grimasse und massierte sich die tiefen Falten, die sich dabei in sein Gesicht gruben. »Dafür ist die Ware zu heiß.«
»Der entsprechende Konzern …«
»Der zahlt einem dahergelaufenen Freelancer auch nicht beliebig viel. Ab einer bestimmten Summe kannst du davon ausgehen, dass sie lieber nach einem Weg suchen, uns umzulegen, auch wenn sie riskieren, es versehentlich dabei zu zerstören.«
Nova und Toro starrten auf die Kassette. Sie war schlicht und von dem unspektakulären Graublau unbehandelten Sternenstahls.
»Was ist denn da drin?«, fragte Toro.
Irgendwie klang es witzig in Argons Ohren, nicht so, als fragte er nach etwas, das unfassbare Summen wert war, sondern nach dem Inhalt des Kochtopfs, in dem das Mittagessen für heute dampfte. Vermutlich war es Argons Nervosität, aber fast hätte er gelacht. »Baupläne und ein Prototyp.«
Nova wandte den Blick nicht von der Kassette. Er fragte sich, wie sie das da drinnen wahrnehmen würde, und einer spontanen Eingebung folgend beugte er sich vor und schob ihr die Kassette zu. Inzwischen kam es ihm ganz normal vor, dass die schimmernde Oberfläche des Tischs ein Gefälle von gut zehn Grad hatte.
Die Blicke aller Anwesenden lagen auf Novas Fingerspitzen, die sie zögernd auf den Sternenstahl legte.
»Keine Angst«, beruhigte er sie. »Da explodiert nichts. Nein, mach sie nicht auf. Ich möchte wissen, ob du etwas spürst.«
Ihm fiel auf, dass ihre Augen von fast demselben Grau waren wie die Kassette, dann schlossen sich die Lider, sie blieb mit ausgestreckten Armen sitzen, statt die Kassette näher heranzuziehen, und konzentrierte sich auf die Schwingungen aus dem Innern.
»Komisch«, murmelte Toro gedämpft. »Mir kommt es immer so vor, als ob’s nichts Besonderes ist, dass sie das Schiff fliegt, ohne echt auf einen Knopf zu drücken. Total stinknormal. Aber das jetzt gerade ist irgendwie … strange.« Er beugte sich vor. »Was ist da drin?«
Nova öffnete die Augen. »Ich bin nicht ganz sicher. Es ist ein bisschen … lebendig.«
»Lebendig?«, fragte Argon interessiert.
»Es schläft. Aber dahinter liegt Wachheit. Es sucht. Und es ist … es ist, als ob es ein ganzer Bienenschwarm ist, der … der nach derselben Blume sucht.« Unsicher verzog sie das Gesicht.
Wolf sah Argon an, aber der beobachtete unverwandt Nova, die jetzt den Blick hob
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