Justifiers - Hard to Kill: Justifiers-Roman 8 (German Edition)

Gebrauch von Schusswaffen zu tun als mit dem Anreichen von Taschentüchern. Tränen gingen ihm so auf die Nerven, dass er §in den ersten drei Lebensjahren seines jüngeren Bruders nichts mit ihm zu tun haben wollte. Nicht dass es sich danach wesentlich geändert hatte, sie hatten nicht miteinander gesprochen, seit er mit siebzehn zu Hause ausgezogen war, aber das war dann etwas Persönliches gewesen.
    »Hättet ihr uns denn beteiligt?«, fragte Nova jedoch nüchtern, statt zu heulen. »Für das Risiko, das wir immerhin mittragen, ohne dass uns jemand gefragt hätte?«
    Argon erwiderte ihren Blick direkt und ohne auszuweichen. Sie blinzelte nicht. »Indirekt«, sagte er. »Wir hätten sämtliche Schulden beglichen, um uns die Kredithaie vom Hals zu schaffen. Wenn dann noch etwas übrig gewesen wäre, dann hätten wir alle gemeinsam darüber verfügt, ja. Allerdings hatten wir nicht vor, euch zu sagen, woher das Geld stammt.«
    »Aha.« Sie blinzelte sehr langsam. »Hältst du deine Offenheit für entwaffnend?«
    »Für verspätet«, erwiderte er und fand diese Direktheit tatsächlich entwaffnend.
    Eine ganze Weile lang schwieg sie. »Das sehe ich allerdings ähnlich«, sagte sie dann. »Es wäre fair gewesen, uns zumindest die Gelegenheit …«
    »Die Gelegenheit zu was zu geben?«, mischte sich Wolf ein. »Die, nein zu sagen? Lieber auf der todsicheren Abschussliste der Kredithaie zu bleiben, als die Möglichkeit in Kauf zu nehmen, dass eventuell der 2OT eines Tages auf unsere Spur stößt? Regst du dich darüber auf, dass wir das sichere Verhängnis durch ein potenzielles ausgetrieben haben? Verdammt noch mal, wir konnten die Raten nicht zahlen. Langfristig ging das nicht. Wir haben uns verkalkuliert.«
    Ihre Unterlippe zitterte. »Ich sage ja nur …«
    »Und wo wärst du hingegangen?«, hakte er nach. »Irgendwohin, wo du dich wieder hättest verstecken müssen? Wärst du einfach so gegangen? Hättest du uns im Stich gelassen? Hättest du uns das Ultimatum gestellt, entweder die Finger von dem Zeug zu lassen oder dich zu verlieren? Hm?«
    »Nein«, schrie sie fast, »natürlich nicht. Aber …«
    »Dann kann es dir ja wohl egal sein«, schnappte er. »Wir haben dir also eine Entscheidung vorenthalten, die sowieso so ausgefallen wäre, wie sie auch jetzt ausgefallen ist. Wo also ist dein verdammtes Problem?«
    »Stopp«, sagte Argon, aber natürlich war es zu spät.
    Nova sprang auf, es flossen Tränen, es folgte Gebrüll, und die beiden keiften einander an wie Waschweiber. Es war, als hätten sie nur auf einen Anlass gewartet, endlich mal loszulegen, er drang nicht zu ihnen durch. Kurz überlegte er, während Toro nur finster zuschaute, dann entschied er sich für Wolf, ging hin und schlug ihm ins Gesicht.
    Wolf war so verblüfft, dass er sich wieder setzte.
    »Das war das erste Geständnis von zweien«, sagte Argon, während sich Wolf das Gesicht rieb. »Ihr macht mir nicht gerade Mut für das zweite.«
    »Du machst es nicht besser.« Wolf schüttelte den Kopf. »Du machst es echt nicht besser. Überleg dir mal, was du tust.«
    »Setz dich«, sagte Argon zu Nova.
    »Haust du mir sonst auch eine runter?«, erkundigte sie sich spitz, aber bevor er antworten konnte, setzte sie sich. Ihr Gesicht war bleich, nur die Wangen brannten hochrot vor Zorn.
    Eine leichte Erschütterung ging durch die Virago , fast eher ein Zittern. Einen Augenblick lang dachte Argon, er hätte es sich nur eingebildet, hätte eine körperliche Empfindung auf seine Umgebung übertragen. Aber die anderen schauten erschrocken auf.
    Auf dem Tisch geriet die Kassette ins Rutschen. Ganz langsam. Sie alle schauten zu, mit dümmlichen Gesichtern, als wären dem kleinen Kasten soeben Beine gewachsen.
    »Ich glaube, dein zweites Geständnis muss warten«, sagte Wolf in die Stille.
    »Ich glaub’s nicht«, flüsterte Nova. »Das hast du gerade nicht gesagt.«
    »Was?«
    Die Kassette nahm Fahrt auf. Zwanzig Millionen plus rutschten Toro in den Schoß, der sie auffing und hielt, als wären sie giftig.
    »Du hast nicht gerade gesagt, dass das zweite Geständnis warten muss.« Nova bewegte kaum die Lippen beim Sprechen. »Du hast nicht so einen Spruch gerissen, während wir …«
    »Festhalten«, blaffte Argon sie wütend an.
    Tief unter ihnen stöhnte der Fels. Ein Rumpeln stieg auf, als würde sich der Planet mit Verdauungsbeschwerden herumschlagen. Argon sah Novas bleiches Gesicht, die riesigen, aufgerissenen Augen.
    Ein heftiger Schlag traf die Virago