Justin Mallory 01 - Jäger des verlorenen Einhorns
fragte Mallory.
»Außer um natürlichen Bedürfnissen nachzugehen«, sagte das Wiesel.
»Wir essen hier am Tisch«, ergänzte Trenchcoat. »Das spart Zeit.«
»Und natürlich hole ich Schlaf nach, wenn er am Zug ist«, sagte das Wiesel.
»Fragt sich einer von Ihnen auch mal, was in den vergangenen Jahrzehnten auf der Welt geschehen ist?«, wollte Mallory wissen.
»Hin und wieder«, räumte das Wiesel ein. »Werden immer noch Kriege geführt?«
»Dreißig oder vierzig«, antwortete Mallory. »Herrscht Verbrechen auf den Straßen?«
»Natürlich.«
»Wie steht es um die Yankees?«, fragte Trenchcoat. »Gewinnen sie immer noch Meisterschaften?«
»Von Zeit zu Zeit.«
»Na, da haben Sie es«, sagte Trenchcoat achselzuckend. »Nichts hat sich verändert.«
»Überlegen Sie mal, wie viel Geld wir gespart haben, indem wir keine Zeitungen mehr kauften«, ergänzte das Wiesel.
»Aber Sie können doch nicht einfach der Welt den Rücken kehren und für den Rest Ihres Lebens Schach spielen«, beharrte Mallory.
»Natürlich können wir das«, sagte Trenchcoat. »Zumindest bis zum Ende der Partie«, sagte das Wiesel. »Wird es jemals vorbei sein?«
»Gewiss«, antwortete das Wiesel zuversichtlich. »In fünfzehn Jahren oder so habe ich ihn.«
»Träum weiter«, sagte Trenchcoat verächtlich.
»Das scheint mir eine solche Verschwendung«, merkte Mallory an. »Sie hängen einfach nur hier herum.«
»Er hängt herum«, entgegnete das Wiesel. »Ich schmiede derweil einen Plan, um seine indische Verteidigung zu durchbrechen.«
Trenchcoat drehte sich um und starrte Mallory an. »Und was tun Sie, das so wichtig ist?«
»Ich fahnde nach einem Einhorn.«
»Na ja, Sie werden es in der Stadt nicht finden«, meinte Trenchcoat. »Einhörner brauchen Wasser und Grün. An Ihrer Stelle würde ich in Afrika oder Australien oder solchen Gegenden suchen.«
»Dieses Einhorn wurde gestohlen«, erläuterte Mallory. »Gehört es Ihnen?«
»Nein. Ich bin Detektiv.«
»Wissen Sie, es ist komisch, dass Sie das sagen«, fand Trenchcoat. »Oh? Wieso?«
»Weil ich auch mal Detektiv war.«
»Und Sie?«, wandte sich Mallory an das Wiesel. »Waren Sie auch Detektiv?«
» Au contraire. Ich war ein Verbrecher.«
»Genauer gesagt«, ergänzte Trenchcoat, »war er mein Verbrecher.«
»Ich denke nicht, dass ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Mallory.
»Es ist im Grunde ganz einfach«, sagte Trenchcoat. »Was ist das, worauf Detektive nun gar nicht verzichten können? Verbrecher!«
»Und ich brauchte ihn genauso dringend«, fuhr das Wiesel fort. »Tatsächlich haben wir uns gegenseitig definiert. Man kann keinen Verbrecher haben ohne Gesetze, und man kann Gesetze nicht durchsetzen, wenn man keine Verbrecher hat. Man könnte sagen, dass wir eine symbiotische Beziehung hatten. Ich checkte jeden Morgen um acht Uhr ein und zog los, um zu rauben und zu plündern ...«
»Und ich checkte um neun Uhr ein - es schien nur fair, ihm die Zeit zu geben, ein paar Gesetze zu brechen - und versuchte dann, ihn dingfest zu machen.« Trenchcoat unterbrach sich, ein Lächeln freudiger Erinnerung im Gesicht. »Wir haben uns den ganzen Tag lang richtig hineingehängt; er hat sich verkleidet und ist immer wieder im Dunkeln untergetaucht, und ich habe Indizien gesammelt und ihn aufzuspüren versucht ...«
»Dazwischen eine Stunde Mittag ...«, warf das Wiesel ein.
»Und dann checkten wir um fünf aus, gingen zusammen einen trinken und bereiteten uns auf den nächsten Tag vor.«
»Wir haben sogar Krankentage und Urlaub koordiniert.«
»Richtig«, bekräftigte Trenchcoat. »Und eines Tages dämmerte uns, dass das Spiel wichtiger war als der Lohn für die Mühen.«
»Mir wurde klar, dass der Versuch, ihn zu überlisten, für mich befriedigender war als das Stehlen. Schließlich hatte ich schon ein Lagerhaus voller Toaster und habe nie zu Hause gegessen.«
»Und ich machte mir im Grunde nichts daraus, Mörder und Bankräuber zu fassen, was zumeist keine Schwierigkeit darstellte - und außerdem ließen die Gerichte sie ohnehin in einem fort wieder laufen.«
»Uns wurde auch bewusst, dass wir ein bisschen zu alt dafür wurden, in der Stadt herumzurennen und aufeinander zu schießen ...«, erzählte das Wiesel.
»Nicht dass wir je ernsthaft versucht hätten, einander zu treffen ...«
»Da also das geistige Kräftemessen das war, was uns reizte, entschieden wir, das ganze Drumherum an den Nagel zu hängen und uns auf den grundlegenden Wettkampf zu
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