Justin Mallory 01 - Jäger des verlorenen Einhorns
intelligenten Leute, die ich kenne, anscheinend in keinem Job durchhalten. Ich finde das äußerst verwirrend.«
»Im Grunde nicht«, fand Mallory. »In meinem Manhattan sieht es weitgehend genauso aus.«
»Wirklich?«
Mallory nickte. »Die cleveren Leute können die meisten Probleme der Welt lösen - aber zueinander passende Socken anzuziehen oder zu lernen, wie man einen Reifen wechselt, scheint ein bisschen über ihre Begriffe zu gehen.«
»Wie tröstlich«, sagte Murgelström. »Ich fürchtete schon, es handelte sich um ein isoliertes Phänomen.«
»So viel Glück haben wir nicht«, sagte Mallory. Er setzte seinen Weg nach Norden fort. »Bleiben wir lieber in Bewegung. Robe hin, Robe her, es ist verflucht kalt hier.«
»Vielleicht erweist sich der Schnee als Vorteil«, sagte Murgelström hoffnungsvoll. »Wir müssten die Spur des Einhorns finden können.«
»Falls unser Marathonläufer sie nicht verwischt«, sagte Mallory.
Sie setzten ihren Weg fast einen weiteren Kilometer fort, im heftigen Wind die Schultern hochgezogen und die Köpfe gesenkt. Dann setzte sich Murgelström plötzlich schwer auf die Erde.
»Ich kann nicht mehr weiter«, sagte er. »Ich friere und bin nass und erschöpft.«
»Und du denkst, du fühlst dich wieder warm und trocken und voller Energie, indem du mitten in einem Schneesturm auf der Erde sitzt?«, fragte Mallory sarkastisch.
»Es ist mir einfach egal!«, stöhnte Murgelström. »Sollen sie doch morgen bei Sonnenaufgang nach mir suchen kommen. Sie finden ohnehin nur noch die gefrorenen Überreste eines noblen kleinen Elfen, der nie jemandem etwas Böses wollte.«
»Wüsstest du irgendetwas, wodurch du dich wieder besser fühlen würdest?«
»Absolut nichts«, erklärte Murgelström entschieden.
»Nicht mal eine Freundin?«
»Na ja ... vielleicht.«
»Sieh mal«, sagte Mallory, »falls ich einverstanden bin, dass du losziehst und mit jemandem ins Bett hüpfst, denkst du, dass du anschließend wieder bei der Sache bleiben kannst?«
»Oh, absolut, John Justin!«, rief der Elf enthusiastisch. »Jetzt erkenne ich es ganz deutlich! Es liegt nicht am Wetter, sondern nur an meinem Stoffwechsel.«
»Hör auf zu sabbern, oder dir friert noch das Kinn ab«, sagte Mallory angewidert.
»Ich bin in zehn Minuten zurück«, sagte Murgelström und sprang auf. »Höchstens fünfzehn.« Er zögerte. »Vielleicht zwanzig.«
»Nimm dir dreißig Minuten Zeit und sieh mal, ob du etwas über Fliegenfänger Gillespie in Erfahrung bringst.«
»Klar«, sagte Murgelström. »Ich treffe dich hier in einer halben Stunde wieder.«
»Ich hoffe doch, du denkst nicht, dass ich hier im Schnee stehen bleibe und abwarte, während du deinen Spaß hast«, sagte Mallory.
»Was hast du denn vor?«
»Ich bin Detektiv«, antwortete Mallory. »Ich werde versuchen, das verdammte Einhorn zu finden.«
»In deinem eigenen Manhattan warst du nie so unbeirrbar«, bemerkte Murgelström.
»In meinem eigenen Manhattan war die Lage nie so schwarz und weiß«, gab Mallory zu bedenken. »Stets hatte man es mit rechtlichen Verwicklungen und mildernden Umständen und moralischer Mehrdeutigkeit zu tun. Das hier ist viel einfacher: Etwas wurde von einem Schurken gestohlen, und man bezahlt mich dafür, es zurückzuholen.«
»Ich dachte, du hättest gesagt, du würdest dein Manhattan vorziehen«, sagte der Elf.
»Ich sagte, dass ich mein Manhattan verstehe«, entgegnete Mallory. »Das ist nicht das Gleiche.«
»Wie kannst du etwas vorziehen, was du nicht verstehst?«
»Ich verstehe die Form nicht. Die Substanz ergibt eine Menge Sinn.«
»Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte Murgelström.
»Dann hast du wenigstens etwas, worüber du nachdenken kannst, während du nach einer deiner vielen wahren Lieben suchst.«
»Wie finde ich dich wieder, wenn ich fertig bin?«
»Auf die gleiche Weise, wie ich versuche, Rittersporn zu finden. Du folgst meinen Spuren.«
»Was, wenn der Schnee schmilzt oder du ein Haus betrittst?«, beharrte Murgelström.
»Dann beauftrage einen Detektiv«, sagte Mallory und folgte weiter dem Reitweg.
»Das ist nicht sehr komisch, John Justin!«
»Falls du dir Sorgen machst, kannst du ja deine Romanze zurückstellen und mich begleiten.«
»Ich folge deinen Spuren«, sagte Murgelström hastig. Er trabte durch den Park zu den hellen Lichtern an der Fifth Avenue hinüber.
Mallory blickte dem kleinen Elfen kurz nach, drehte sich um und ging erneut den Reitweg entlang.
Er war nicht weiter als
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