Justin Mallory 02 - Mallory und die Nacht der Toten
ansprechen, einfach weil sie allen feineren Instinkten von begeisterten Fans blutigen Sports entgegenläuft. Einige von Ihnen sind noch nicht so lange Mitglied der Enthusiasten Blutigen Sports von Lower South Manhattan wie ich, sodass Sie möglicherweise nicht wissen, warum Dr. Theodore Van Rhysling ausgeschlossen wurde. Denen von Ihnen, die mit dem Fall nicht vertraut sind, sei gesagt, dass sich Dr. Van Rhysling auf seltene Blutkrankheiten spezialisiert hatte, und als er eine fand, die sowohl bösartig als auch unheilbar war, schickte er seinen Patienten jede Nacht auf die Straße, bis er dem Vampir begegnete, der Dr. Van Rhyslings Wohngegend terrorisierte. Der Vampir gönnte sich einen Bissen und starb eines langsamen und grässlichen Todes. Falls einer von Ihnen die gleiche Idee hegen sollte, sei er gewarnt, dass seine Mitgliedschaft wie die Dr. Van Rhyslings gekündigt wird. Der wahre Sportler benutzt niemals einen vergifteten Köder!
Sagen wir nun mal, dass etwas schiefgeht, dass das Unausweichliche geschieht und Ihrer Beute klar wird, dass sie Ihnen so nahe ist wie Sie ihr und Sie den gefürchteten ersten Biss erhalten. Die meisten Opfer stürmen dann ins Krankenhaus, um eine Nottransfusion von Blut oder Plasma zu erhalten, was absolut gar nichts nützt, da der Blutstrom bereits infiziert wurde und auf diesem Wege nicht wiederhergestellt werden kann. Mein Vorschlag lautet, sofort Blutegel auf die Bisswunde zu setzen; schon zehn Minuten nach dem Biss käme das zu spät, sodass Sie auf der Jagd Blutegel mitführen sollten. Wenn die Sonne aufgeht und Sie nach wie vor keinen Vampir stellen konnten, nun, so ergeben die Blutegel zumindest ein herzhaftes Frühstück, besonders gebraten, paniert und zusammen mit Gorgonen-Rühreiern serviert.
Eine abschließende Warnung: Zahlen bedeuten nichts, also lassen Sie Ihre treuen Trolle lieber zurück. Kraft bedeutet nichts, sodass Sie auch Ihren Hausleoparden oder Ihre Hauslamia nicht mitnehmen sollten. Den einzigen möglichen Vorteil bietet Ihnen das eigene Gehirn, und ich würde nicht übertrieben zuversichtlich ans Werk gehen, denn die beiden letzten Vampire, die ich zur Strecke gebracht habe, waren ein Professor für Ethik an der Harvard-Universität und ein erfolgreicher Hollywood-Agent, beides wahrhaft ehrfurchtgebietende Blutsauger.
Also studieren Sie Ihre Beute, machen Sie sich mit dem Territorium vertraut, schärfen Sie die Pflöcke, sammeln Sie Blutegel ein, und gute Jagd!
– Ende des Vortrags –
ANHANG 2
V AMPIRE OHNE M YTHEN
Monografie von Professor Seldon Hari
Direktor des Museums für die Geschichte
des Unnatürlichen
Eine Menge Mythen ranken sich um den Vampir, die meisten davon fast gänzlich mythischer Natur. Es wird Zeit, dass das Museum für die Geschichte des Unnatürlichen sie widerlegt oder, wo das nicht möglich ist, sie als völlig falsch entlarvt, außer denen, die es nicht sind.
Vampire sind ein missverstandener Haufen. Die meisten Leute denken, dass es ihnen richtig Spaß macht, die Hälse ihrer Opfer zu zerfetzen und ihr Blut zu trinken. Falsch. Sie leiden unter dem psychischen Zwang, das zu tun, genauso, wie sich ein Löwe lieber friedlich neben ein Lamm legen würde, wäre da nicht diese Konditionierung.
Der durchschnittliche Vampir schläft täglich zehn Stunden lang in seiner Heimaterde. Nicht in einem Bett, wohlgemerkt, oder einem Ruhesessel vor dem Fernseher. Nein, er schläft im Dreck, was zu seinem Gefühl von Isolation und Unterlegenheit beiträgt.
Seine Haut reagiert sehr empfindlich auf die Sonne. Er erleidet leicht Verbrennungen. Er muss sich vor Hautkrebs hüten. Deshalb ist er natürlich lieber nachts unterwegs, die Entscheidung für einen Lebensstil, der unvermeidlicherweise falsch verstanden wird, obwohl seine Vorzüge jedem offenkundig werden, der sich die Mühe macht, darüber nachzudenken. Ich meine, jetzt mal ernsthaft: Wie viele Nachtclubs haben zur Mittagszeit geöffnet? Wenn ein einsamer, geknechteter Vampir nach einer Begleiterin sucht, haben Sie jemals den Begriff »Damen des Nachmittags« gehört? Er versteckt seine Unsicherheit, indem er formelle Kleidung und sogar einen Umhang trägt, was einfach lächerlich wirkt, wenn man dieses Aufzuges um elf Uhr drei vormittags oder auch vierzehn Uhr fünfundvierzig ansichtig wird.
Und da die Gesellschaft seinen armseligen Versuchen, Selbstachtung zu gewinnen, mit Missbilligung begegnet, entwickelt er seinerseits etwas, was man nur als antisoziale Verhaltensweisen
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