Justin Mallory 02 - Mallory und die Nacht der Toten
verstecken, der zu gern meine Schulden, die ich bei ihm habe, eintreiben möchte? Und natürlich verstecke ich mich immer vor überaggressiven Rothaarigen, die Thelma heißen, denn man weiß nie, welche von ihnen sich als die entpuppt, der man, benommen von der Mittagssonne, ein albernes Versprechen gegeben hat. Oder ich könnte mich vor der AAA Ace-Kreditgesellschaft verstecken oder ...«
»Halt die Klappe«, sagte Mallory müde.
»Ja, Sir.«
»Bei dir klingt das, als würdest du dich schon dein Leben lang verstecken.«
»Es ist nicht leicht, ein arbeitsloser Vampir mittleren Alters zu sein«, wehrte sich McGuire. »Ich weiß, auf den ersten Anschein sieht es ganz nach Blut und Bissen aus, aber die Öffentlichkeit im Allgemeinen hat ja keine Ahnung.« Er unterdrückte ein mannhaftes leises Schluchzen und wischte sich die Nase mit dem Hemdsärmel ab.
»Besteht irgendeine Möglichkeit, sich in einen normalen Menschen zurückzuverwandeln?«, erkundigte sich Mallory.
»In einen von euch?«, fragte McGuire mit einem Ausdruck tiefster Verachtung.
»Tut mir leid, dass ich gefragt habe.«
»Ich entschuldige mich«, sagte McGuire. »Es ist ja auch kaum deine Schuld, dass du nicht auf dem ersten Platz der Nahrungskette sitzt.«
»Um wieder auf unser Thema zurückzukommen«, sagte Mallory. »Wo können wir damit rechnen, einen Jungen zu finden, der ein- oder zweimal gebissen wurde, noch nicht zu den ruhmreichen Reihen der Vampirbrigade gehört und der – ich weiß ja, dass das für dich schwer zu verstehen ist – auch gar kein Vampir sein möchte?«
»Nicht möchte?«, wiederholte McGuire. »In einer der Irrenanstalten natürlich. Wahrscheinlich Bellevue.«
»Ich glaube nicht, dass es mir gelingt, mich dir verständlich zu machen«, sagte Mallory. »Bislang hast du zumindest versucht, hilfreich zu sein.«
»Hilfreich ist mein zweiter Vorname«, behauptete McGuire. Eine Pause. »Tatsächlich lautet mein zweiter Vorname Oglethorpe, aber ich habe ihn nie sehr gemocht. Trotzdem denke ich, dass es schlimmer sein könnte.
»Halt die Klappe.«
»Ja, Sir.«
»Wohin würde sich jemand wenden, wenn er keinem Vampir begegnen wollte?«
»Ah!«, rief McGuire, und seine Miene hellte sich auf. »Du möchtest wissen, wo sich ein Beutetier verstecken würde?«
»Richtig. Und es wird in anderthalb Kilometern Umkreis um Seymour Noodniks Lebensmittelgeschäft liegen.«
»Was hattest du dort überhaupt vor?«, fragte McGuire.
»Ein paar Lebensmittel einkaufen.«
»So was wie reife junge Mädchen mit prall gefüllten Halsvenen?«
»Beruhige dich! Ich hatte vor, den Jungen in meiner Wohnung unterzubringen, und da ich fast nie dort bin, dachte ich mir, ich sollte das eine oder andere einkaufen.« Mallory verzog das Gesicht. »Ich habe seit circa drei Monaten keine Milch mehr gekauft. Wie lange hält sie sich?«
»Nicht so lange.«
»Auch gut«, sagte Mallory achselzuckend. »Ich denke, mein Kühlschrank funktioniert ohnehin nicht.«
»Wo verbringst du denn deine Zeit«, fragte der Vampir.
»Meist im Büro. Es liegt nur einen Häuserblock weit von meiner Wohnung entfernt.«
»Na ja, das gestaltet unsere Suche recht einfach«, fand McGuire. »Soweit der Junge weiß, bist du sein einziger Beschützer. Das zieht ihn zu deiner Wohnung oder dem Büro.«
»Seine Tante ist auch eine Beschützerin, und er kennt sie viel besser«, gab Mallory zu bedenken. »Warum sollte er sich für mich entscheiden?«
»Weil Oberst Carruthers gerade mit ihren Trollen mitten durch den Central Park pirschen könnte«, antwortete McGuire. »Bei dir weiß er wenigstens, wo er nachsehen muss.«
»Oh Scheiße!«, brummte Mallory und marschierte auf einmal los. »Ich weiß, wo er steckt! Komm!«
»In deiner Wohnung oder deinem Büro?«, wollte McGuire wissen, der die kleinen Beine flott schwingen musste, um mit dem Detektiv Schritt zu halten.
»In beiden war er noch nie. Er weiß gar nicht, wo er sie findet. Er wird in Winnifreds Wohnung sein.«
»Das ergibt keinen Sinn«, behauptete der Vampir. »Er ist schon eine ganze Weile, ehe wir beide bei deiner Partnerin waren, aus Noodniks Geschäft gerannt, und er hat sich nicht blicken lassen.«
»Was daran liegt, dass ich in Manhattan nicht fremd bin und nicht in jeden Schatten blicke, um zu sehen, was dort vielleicht auf der Lauer liegt, um mich anzuspringen«, antwortete Mallory.
»Ich weiß nicht ...«
»Ich habe eine halbe Stunde gewartet, ob du mit einem besseren Vorschlag ankommst. Hast du
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