Justin Mallory 02 - Mallory und die Nacht der Toten
markante Hörner entwuchsen. Die Augen waren brennend gelb, die Hakennase scharf gezeichnet, die Zähne weiß und glänzend, die Haut hellrot. Hemd und Hose bestanden aus Knautschsamt, der Umhang aus Satin, Kragen und Manschetten aus dem Fell irgendeines Polartieres. Der Grundy trug glänzend schwarze Handschuhe und Stiefel, und um seinen Hals hingen zwei mystische Rubine an einer Goldkette. Wenn er ausatmete, traten kleine Dampfwolken aus Mund und Nase.
»Du hast mich zu einem ungünstigen Zeitpunkt gerufen«, sagte er mit tiefer Stimme. Er drehte sich um und deutete auf McGuire. »Was ist das?«
»Bats«, sagte Mallory, »ich möchte dir den ...«
»Geht nicht!«, sagte McGuire nervös und wich zur Tür zurück. »Bin in Eile! Muss aufs Klo!«
»Du bist auf dem Klo«, wandte Mallory ein.
»Irgendein anderes Klo«, wimmerte McGuire und tastete in seinem Rücken nach der Tür. Er fand sie und öffnete sie. » Jedes andere Klo!«
Einen Sekundenbruchteil später war er verschwunden.
»Du musst ihm vergeben«, sagte Mallory. »Er ist die Anwesenheit des Fleischgewordenen Bösen nicht gewöhnt.«
»Ich habe dir immer wieder erklärt ...«, legte der Grundy los.
»Prima«, unterbrach ihn Mallory. »Wenigstens leugnest du nicht, dass du der mächtigste Dämon an der Ostküste bist.«
»Es leugnen?«, fragte der Grundy. »Ich genieße es! Und heute haben wir natürlich die für mich arbeitsreichste Nacht des Jahres.«
»Das finde ich seltsam«, sagte Mallory. »Ich hätte eigentlich gedacht, dass du dich in einer Nacht, in der jedes Gespenst und jeder Ghul und jedes Gruselmonster unterwegs ist und die Arbeit für dich erledigt, zu Hause entspannst, vielleicht ein Bier trinkst und dir ein Footballspiel ansiehst.«
»Würdest du zu Hause bleiben, wenn Flyaway ein Rennen hätte?«, feuerte der Grundy zurück.
»Gut gekontert«, räumte Mallory ein. »Natürlich weißt du schon, warum ich dich gerufen habe?«
»Natürlich.«
»Du weißt natürlich, wer den Jungen umgebracht hat?«
»Gewiss. In meiner Domäne geschieht nichts, ohne dass ich es bemerke.«
»Möchtest du mir das Leben leichter machen und es mir verraten?«
»Dir das Leben leichter zu machen, das gehört nicht zu meinem Berufsbild«, wandte der Grundy ein.
»Na ja, ich musste wenigstens fragen«, sagte Mallory. Er blickte auf seine Uhr. »Ich hasse schnelle Abschiede, aber ich möchte nicht zu spät im Garden eintreffen.«
»Das wirst du nicht«, sagte der Grundy und schrieb mit der rechten Hand ein mystisches Zeichen in die Luft.
»Was hast du gemacht?«
»Ich habe für den Rest der Welt die Zeit angehalten«, antwortete der Dämon. »Hier drin läuft sie für uns beide normal weiter. Für die ganze übrige Welt steht sie still, bis einer von uns diesen Raum verlässt.«
Mallory musterte den Grundy mit gerunzelter Stirn. »Wieso?«
»Verzeihung?«
»Du hast schon gesagt, dass du mir nicht den Namen verraten wirst, nach dem ich suche, also warum hältst du dann die Zeit an? Warum verschwindest du nicht einfach in einer Rauchwolke wie sonst auch?«
Auf einmal trat der Grundy unbehaglich von einem Bein aufs andere. »Eine Laune.«
»Quatsch«, entgegnete Mallory. »Du bist ein Wesen der reinen Logik. Du handelst nicht aus Launen heraus.«
»In Ordnung«, räumte der Grundy ein. »So seltsam es erscheint, wenn man bedenkt, dass wir Todfeinde sind und es meine Bestimmung ist, dich letztlich umzubringen, stelle ich doch fest, dass ich deine Gesellschaft mag.«
»Sollte ich geschmeichelt oder entsetzt sein?«
»Du bist die einzige Person auf der Welt, die mich kein bisschen fürchtet«, erklärte der Grundy. »Das ist ein Teil der Faszination, die du auf mich ausübst.«
»Warum sollte ich dich fürchten?«, fragte Mallory. »Verdammt, ich habe sogar ein paar Jobs für dich erledigt – die Sache mit dem Quatermain Cup und mit diesem alten Chinesen und seinem Pegasus.«
»Ich weiß«, sagte der Grundy. »Niemand auf der Welt hätte das getan.«
»Vielleicht solltest du es mal damit probieren, die Leute zu bezahlen, anstatt ihnen Grauen einzuflößen.«
»Es liegt in meinem Wesen, Grauen zu verbreiten.«
»Ich dachte, es läge in deinem Wesen, den Welten das Gleichgewicht zu bringen«, entgegnete Mallory. »Zumindest habe ich dieses Lied oft genug von dir angestimmt gehört.«
»Das tut es«, bestätigte der Grundy. »Wo ich Ordnung vorfinde, bringe ich Chaos, und wo ich Chaos vorfinde, bringe ich Ordnung.«
»Klingt gut«, fand
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