Justin Mallory 03 - Mallory und der Taschendrache
dachte.«
»Es ist netter als in den Bahnen, mit denen ich aufgewachsen bin, das ist mal sicher«, sagte Mallory. »Hier findet man einen Speisewagen, einen Aussichtswagen, sogar einen Schlafwagen für Pendler, die bis Queens oder Brooklyn fahren.«
»Einen Schlafwagen?«, wiederholte Jeeves. »Aber es können keine fünfundvierzig Minuten bis Brooklyn sein!«
Ein Paar durchquerte Hand in Hand den Wagen, und Mallory deutete auf die beiden. »Um die Wahrheit zu sagen, wird in den Schlafwagen verdammt wenig geschlafen. Andererseits gestalten sie das Pendeln zu einem sehr schönen Erlebnis.«
»Oh«, sagte Jeeves.
»Versuche nicht rot zu werden«, empfahl ihm Mallory. »Das passt nicht zur grünen Haut.«
»Nebenbei, was sieht man sich eigentlich aus dem Aussichtswagen in einem U-Bahn-Tunnel an?«, fragte der Gremlin.
»Du wärst überrascht, was man hier unten alles sieht, wenn man weiß, wohin man blicken muss«, entgegnete der Detektiv. »Da wir jetzt ein oder zwei Minuten Zeit haben, warum erzählst du mir nicht etwas mehr von Flauschie?«
»Was möchtest du erfahren?«
»Alles, was sich vielleicht als nützlich erweist«, sagte Mallory. »Zum Beispiel: Wie lange kommt sie ohne Nahrung aus? Und wenn sie hungrig genug wird, frisst sie dann auch etwas anderes als elefantenförmige Schokoladen-Marshmallowplätzchen?«
Jeeves zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung. Sie ist ihr ganzes Leben lang verhätschelt worden und brauchte nie mehr als einige Stunden ohne ihre Plätzchen auszukommen.«
»Okay, wie lange kommt ein ungehätschelter Taschendrache ohne Futter aus?«
»Das kommt darauf an.«
»Worauf?«
»Darauf, was du meinst.«
»Ich dachte, das wäre völlig klar. Wie lange hält ein Taschendrache durch?«
»So einfach ist das nicht«, wandte Jeeves ein. »Wie lange hält er durch, ehe er sein Drachenfeuer verliert? Ehe er nicht mehr fliegen kann? Ehe er stirbt?«
»Vergiss das. Ich möchte es mal mit etwas anderem probieren. Wie weit kann Flauschie fliegen?«
»Mit dem Wind oder gegen den Wind?«
»Verdammt noch mal!«, blaffte Mallory. »Kannst du irgendetwas beantworten?«
»Ich bemühe mich ja«, sagte Jeeves.
Mallory funkelte ihn an und blieb still, während sich Felina damit beschäftigte, sich die ganzen obszönen Graffiti an der Tür zum nächsten Wagen zu betrachten. Eine Minute später erreichten sie den Central Park und stiegen aus, fuhren zur Straße hinauf und betraten den Park.
»Wo bin ich?«, fragte eine vertraute Stimme.
»Wer war das?«, wollte Jeeves wissen.
»O Gott! Ich habe ihn gefunden, und jetzt habe ich ihn verloren!«, klagte das Mobiltelefon.
»Deine Hose spricht wieder«, stellte Felina fest.
»Mallory?«, fragte das Telefon. »Bist du das? Bist du es wirklich?«
»Halt die Klappe«, sagte Mallory.
»Du bist es!«, rief das Handy. »Dann war es kein Traum!« Eine Pause trat ein. »Wo sind wir?«
»Im Central Park«, antwortete Jeeves und starrte gebannt Mallorys Hose an.
»Hole mich raus, damit ich mich umsehen kann«, verlangte das Handy.
»Du hast keine Augen«, wandte Mallory ein.
»Überlass es mir, mir darüber den Kopf zu zerbrechen«, entgegnete das Handy.
»Wenn ich dich in die äußere Jackentasche stecke und dich ein Stück weit über den Rand blicken lasse, bist du dann still?«
»Ja, Schatz.«
Mallory verlagerte das Telefon in die Reverstasche.
»Oh, das ist viel besser!«, sagte das Telefon.
»Prima.«
Auf einmal weinte das Telefon leise.
»Was ist denn jetzt los?«, wollte Mallory wissen.
»Nach allem, was wir gemeinsam erlebt haben, hast du mich nie nach meinem Namen gefragt.«
»Wie lautet er?«
»Belle.«
»Wieso überrascht mich das nicht?«, fragte Mallory.
»Was für ein Team wir sein werden!«, schwärmte Belle.
»Falls eine Hälfte dieses Teams noch ein einziges Wort sagt, ehe wir das Drachengehege erreicht haben, wird sie im Park zurückbleiben.«
»Eine Person! «, korrigierte ihn Belle. »Ich bin eine Person, keine Hälfte.«
»Ich werde darüber nachdenken«, sagte Mallory. »Jetzt sei still.« Er blieb stehen und betrachtete die Umgebung.
»Weißt du, wohin wir gehen müssen?«, fragte Jeeves.
Mallory nickte. »Direkt vor uns finden wir einen Stall. Was wir suchen, liegt rechts davon.«
»Dort sieht alles verlassen aus«, bemerkte der Gremlin.
»Du wärst überrascht«, wandte Mallory ein.
»Ist es gefährlich?«, fragte Jeeves.
»Nur für deine Brieftasche. Wir können von Glück sagen, wenn wir weniger
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