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Titel: K Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T McCarthy
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hat Pharos, den großen Leuchtturm, entworfen, eine Verkörperung von Form, Kontur und Grenze: Er scheidet das Meer vom Land, Licht von der Dunkelheit und teilt die Nacht in Kegel, Blöcke und Keile …«
    Die Tram ruckelt, als sie über eine Stelle fährt, an der sich die Gleise zweier Linien kreuzen. Die Schienen am Boden sind
wie Stränge, die Sektoren abteilen, Bögen formen, Kehrwerte und Quotienten bilden. Eine zweite Tram gleitet durch die Kurve, nähert sich der Kreuzung aus anderem Winkel und lässt die Stromabnehmerstangen über dem Dach seitwärts schwingen, bis sie fast im rechten Winkel stehen, ehe sie sich wie die Tonabnehmerarme von Grammophonen erneut ausrichten.
    »Alexandria lag am Nil, aber auch am Meer«, erzählt Petrou. »Doch irgendwann im zwölften Jahrhundert ist der kanopische Nilarm versandet, und damit wurde hinfällig, was Alexander überhaupt veranlasst hatte, die Stadt zu gründen.«
    »Und das wäre?«, fragt Serge und hält sich am Haltegriff fest.
    »Er wollte Alexandria zum Nabel der Welt machen, zu einer Stadt, die alles mit allem verband. Mehr noch: Sie sollte die große Selbstverwirklichung Griechenlands werden, sein Aufstieg über die eigenen Grenzen hinaus zu universalem Rang. Ein Über-Griechenland, eine Art Simulation, besser, als es das Original je gewesen war. Seine Version würde alle Kulturen in sich aufnehmen, all ihre Götter, Galionsfiguren und was es derlei sonst noch gab, und unter dem Baldachin eines transzendenten, modernen Hellenismus vereinen, in dem Vernunft, Wissenschaft und Wissen gleichermaßen zur Blüte kommen sollten. Alexander war also auch ein Koordinator.«
    »Und warum hat es nicht funktioniert?«, fragt Serge.
    »Er ist gestorben«, antwortet Petrou achselzuckend, »ohne je ihre Vollendung zu erleben. Landsleute aus Mazedonien, die Ptolemäer, übernahmen die Macht und fingen an, nach altägyptischer Manier die eigenen Schwestern zu heiraten. Dann brannten das Museion und die berühmte Bibliothek nieder. Für Oktavian war Alexandria kaum mehr als eine Kornkammer, ein Ort, an dem man Waren lagerte, die auf ihre Verschiffung nach Rom warteten. Spätere römische Herrscher
haben die Stadt nur auf ihrem Weg zu den antiken Stätten Oberägyptens passiert, und weder die Araber noch die Türken konnten ihr viel abgewinnen. Wir Europäer behandeln sie heutzutage wie eine Handelskolonie am Ufer eines fremden Kontinents. Ach, da ist ja schon der ptolemäische Kanal. Hier steigen wir aus. Wenn du genau hinsiehst, kannst du erkennen, welchen Verlauf er genommen hat …«
    Petrou weiß alles über diese Stadt. Er scheint sie auf beinahe chemische Weise absorbiert zu haben, als hätte er sie in sich aufgesaugt und die daraufhin einsetzende Reaktion definierte seine elementare Konstitution. Würde man aus Petrou einen Querschnitt herausschneiden, denkt Serge, eine Art Pfropfreis sozusagen, und unters Mikroskop legen, dann könnte man wohl eine zelluläre Kombination aller griechisch sprechenden, jüdischen Stoffhändler sehen, deren Jarmulke aus alexandrinischer Baumwolle gemacht wurde; jeden auch nur teilweise von Franzosen abstammenden, einheimischen Angestellten, der stolz seinen Second-Empire-Schnauzer zwirbelt, während er vom Aufsatz erzählt, den er in seinen Mußestunden über die positiven Auswirkungen der ägyptischen Herrschaft Napoleons auf den Gartenbau schreibt; die österreichisch-ungarischen Konditoren, deren wienerische Windbeutel eindeutig nach heimischem Zucker schmecken; die Malteser Photographen, levantinischen Buchhändler und portugiesischen Tabakverkäufer, die sie jeden Nachmittag besuchen – eine Kombination auch der Zellen jener Perser, Römer und Ersatz -Griechen, die seine täglichen Unterhaltungen beleben: sie alle, zurück bis zu den Sprösslingen der ptolemäischen Geschwisterehen.
    Als eines Tages dank eines Streiks der einheimischen Beamten die übliche Runde morgendlicher Sitzungen ausfällt, brechen sie schon früh zu ihrer Stadtwanderung auf und schauen bei einem albanischen Schuhmacher vorbei, dessen
Geschäft, wie sich dann herausstellt, am Abend zuvor überfallen worden war.
    »Eine Straßenschlacht, Morganou«, klagt er jammervoll, während er sich bückt und Glassplitter auffegt. »Hin und her, Stunde um Stunde.«
    »Wer gegen wen?«, will Petrou wissen.
    »Junge Leute: Araber, Griechen, Italiener. Bestimmt auch Malteser.« Er richtet sich auf, stößt mit dem Kopf an einen von der Decke herabhängenden Streifen

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