Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
schrecklich und verheerend sie auch gewesen sein mochte, nichts mit der Veränderung der Kräfte zu tun hatte, die sie beobachtet hatte.
Die Vorsteherin zog sie an sich und flüsterte ihr ins Ohr. »Eine Kitaunerin, die sich für die Situation der Seherinnen und den Vorfall hier im Tempel interessiert, möchte mit Euch sprechen. Sie wusste von Eurer Reise und scheint Euch zu erwarten. Sie legte ein Vertrauenssiegel unserer Göttin vor.«
»Tasacet! Führt mich zu ihr!« Sie wandte sich um. »Minael! Bleibt bei Humaa und Cassarain.«
Er nickte und rieb sich den Nacken, anscheinend erschöpft vom langen Flug.
Die Tempelvorsteherin flüsterte erneut in ihr Ohr, diesmal noch leiser. »Die Stadtbewohner haben uns jemanden gebracht.« Sie schluckte hörbar. »Es ist höchst verstörend. Ich kann hier nicht darüber reden, doch Ihr solltet mir folgen, bevor ich Euch zu dieser Tasacet bringe.«
Kassandra ahnte bereits, worum es ging, ließ sich jedoch von ihr ins Innere des Gebäudes führen. Sie stiegen eine der seitlichen Treppen hinauf und gelangten in einen der inneren Flure. Die Durchgänge waren wie Schlüssellöcher geformt, was dem westlichen Baustil Iidrashs entsprach. Kassandra fiel auf, dass hier keine der schweren Holztüren verschlossen war, durch die sie hindurchkamen. Lediglich eine kleinere Seitentür schloss die Vorsteherin auf und wieder ab, nachdem sie hindurchgetreten waren. Sie passierten eine weitere verriegelte Tür und betraten eine Kammer, die mit allerlei Gerätschaften und Tischen eingerichtet war. Hier arbeiteten sonst Heiler an Tinkturen und Medikamenten, wie Kassandra vermutete, doch jetzt war der Raum leer, die Luft darin abgestanden und von einem widerwärtigen Geruch geschwängert. Etwas lag auf einigen zusammengeschobenen Arbeitstischen in der Mitte des Raums und wurde von einem blutigen Tuch abgedeckt.
Die Vorsteherin führte sie hin und zog den rot durchtränkten Stoff zurück. Ein erstickender Geruch stieß in Kassandras Nase und sie hielt eine Hand vor ihr Gesicht, als sie den toten Körper begutachtete.
Es handelte sich zum Teil um eine junge Frau, kaum mehr als ein Mädchen, ähnlich wie jenes, das sie in Usheuseric gesehen hatte. Eine Verwandlung war eingetreten und hatte ihren Körper verändert, so dass der Leib eines zart gebauten Pferdes die untere Hälfte ihres Körpers formte.
»Ein weiblicher Kentaur?«, fragte Kassandra erstaunt und musterte die Einstiche im Körper des Mädchens. »Was ist geschehen?«
»Sie wurde von aufgebrachten Bürgern vor den Stadtrat geführt. Die Stadtwache tat nichts, als einige der Bürger Waffen zogen und das arme Ding niederstachen. Es gab einigen Aufruhr in der Stadt und die Stadtwachen, die untätig waren, wurden hinter Gitter gebracht, nachdem diese Kitaunerin namens Tasacet Wind von der Sache bekam. Sie scheint einige Macht über den Stadtrat zu haben.« Die Priesterin sah Kassandra ängstlich in die Augen und wies auf die Leiche. »Was geht nur vor sich? Ich habe noch nie von so etwas gehört.«
Kassandra schluckte. »Haltet die Augen offen! Junge Frauen, die im richtigen Alter sind, können unter Umständen das gleiche Schicksal erleiden.«
Die Vorsteherin ächzte. »Das ist kein Einzelfall?«
»Ich habe in Usheuseric eine lebende junge Frau mit Hufen und Hörnern getroffen.«
»Aber ... was hat das zu bedeuten?«
»Ich weiß es noch nicht. Behaltet jedoch auch die jungen Männer im Auge.«
Die Priesterin war einen Augenblick verwirrt, dann folgte sie offenbar Kassandras Andeutung. »Ihr meint, die Männer könnten die Macht über die Elemente erlangen?«
Kassandra erklärte ihr die Situation bezüglich des Purgatoriums. Die Priesterin schien verzweifelt und setzte sich auf einen nahegelegenen Holzschemel, ließ die Schultern hängen und schüttelte den Kopf, anscheinend unfähig, zu begreifen, was vor sich ging.
»Ich kann Euch nicht trösten, verlange aber jetzt von Euch, dass Ihr andere tröstet«, sagte Kassandra und drückte die Schulter der Frau. »Das ist unfair, aber ich kann nichts anderes tun.«
Die Vorsteherin nickte, lächelte und drückte Kassandras Hand, als sie sich erhob. »Ich danke Euch für die Ehrlichkeit. Idrak hat uns über viele Dinge um Unklaren gelassen. Es wird Zeit, dass Ehrlichkeit und offene Worte zurückkehren.«
Kassandra musterte die Priesterin.
Hat sie recht? Oder ist sie nur verbittert? Auch ich habe mich nur noch selten direkt um die Belange der Seherinnen gekümmert.
»Ihr habt
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