Kabal: Gesamtausgabe der Order of Burning Blood Trilogie Band I bis III (German Edition)
womöglich recht. Wir können diese Krise nicht unbeschadet überstehen, aber wir können sie überwinden, ohne den Fall des Ordens zu bezeugen. Wir müssen zusammenhalten!«
Die Priesterin atmete tief ein. »Natürlich.«
»Sobald ich ins Kloster zurückkehre, werde ich einen Botendienst mit Kraindrachen ins Leben rufen, der uns ständig auf dem Laufenden hält. Die vierteljährlichen Meldungen waren zu selten.«
»Vierteljährlich? Letztes Jahr kam der Bote zwei Mal! Zuletzt per Boot «, schimpfte die Vorsteherin.
»Das wusste ich nicht.«
Wie viele Dinge sind meinen Augen verschlossen geblieben? Ich habe die Zukunft gesehen, ohne die Gegenwart zu erkennen. Wie wertlos ist meine Gabe gewesen, wenn ich nicht wusste, was um mich herum geschah?
»Ihr habt mein Wort. Es wird wöchentliche Boten geben.«
Die Vorsteherin nickte, dankte ihr und führte sie aus der Kammer durch einige Flure und Hallen, bis sie in eine beleuchtete Bibliothek von mittlerer Größe gelangten. Ein Schreibtisch am jenseitigen Ende war mit Schriftrollen, Büchern und metallenen Archivkästen überladen, einige Öllampen waren in der Halle verteilt und warfen ihr flackerndes Licht zwischen die Reihen der hohen Regale.
»Ich muss mich wieder um die Verletzten kümmern.«
Kassandra nickte und entließ die Priesterin mit einem Lächeln. Sobald sie allein war, durchquerte sie den Raum, der über keine Fenster verfügte. Eine umlaufende Galerie trug weitere Regale mit Schriftrollen und großformatigen Bänden darin. Ein großer Globus ruhte auf bronzenen Säulen und zeigte Kabals Topographie. Sie bemerkte, dass der Globus zu jenen besonderen Artefakten gehörte, die mehr als eine bemalte Kugel darstellten. Sie erkannte eine sich bewegende Wolkenschicht und glaubte, dass etwas darin aufblinkte. Sie sah die schwarze Wolkenmasse, die sich über Idrak auftürmte und erkannte mehrere Blitze, die sie durchzuckten.
»Hallo Sandra«, quiekte es vergnügt hinter dem Schreibtisch hervor.
Sie trat näher heran, spähte über die aufgetürmten Folianten und sah die Frau von Kitaun, die mehr als nur ein bisschen gelb war. Tasacets leuchtende Erscheinung war unter den selten gewordenen Bewohnern Kitauns nicht ungewöhnlich, stach aber an einem Ort wie diesem deutlich hervor.
Tasacet legte eine Schriftrolle beiseite, stand auf, umrundete den Schreibtisch und drückte Kassandra an sich, wie eine alte Freundin. Kassandra erwiderte die Umarmung ein wenig verwirrt, denn obwohl sie sich gut kannten, hatten sie selten eine solche Nähe zueinander gesucht. Die kleine Frau reichte ihr kaum bis zur Nasenspitze und ihr Körper fühlte sich zart und leicht unter ihren Händen an, beinahe unwirklich. Tasacet trug einen grünen Anzug aus leichtem Stoff, welcher der Hitze Tribut zollte und weite Teile ihrer maisgelben Haut offenließ. Ein Schleier aus demselben transparenten Stoff umschmeichelte ihre sanften und jugendlichen Gesichtszüge, konnte aber ihr gewinnendes Lächeln kaum verbergen. Ihr Pentacut schimmerte golden auf ihrem Körper, dessen Eigenheiten ihre Herkunft nicht nur in der Farbe ihrer Haut deutlich machten. Kaum eine Frau auf Kabal war so zierlich und dennoch so unmissverständlich weiblich gerundet, wie eine Kitaunerin. Kassandra bemerkte nicht zum ersten Mal, dass Tasacets Pentacut nur je drei Ringe an Fingern und Zehen aufwies. Feuer, Wasser und Luft waren die Elemente, die Tasacets Pentacut bannte. Warum zwei der üblichen fünf Ringe fehlten, wusste Kassandra nicht.
Warum fallen mir solche Dinge erst jetzt auf? Als ob ein Schleier von meinen Augen gefallen ist ... liegt es am Verlust meiner Kräfte? Besinne ich mich auf meine Fähigkeiten als Mensch zurück? Wer bin ich eigentlich gewesen, in all den Jahrhunderten, die hinter mir liegen?
»Ich freue mich, dich zu sehen. Es ist zu lange her«, sagte sie und musterte Kassandras Stirn, auf der das Zeichen des dritten Auges verschwunden war.
Unwillkürlich strich Kassandra darüber. »Es ist viel zu lange her. Ich wünschte, ich könnte dir Grüße von Thanasis übersenden.«
»Ich traf ihn vor zwei Monaten und wir hatten ein angenehmes Gespräch.«
Ein ungewohnter Anflug von Eifersucht durchzuckte Kassandra, dann erkannte sie, dass sie nie eine Zukunft vorausgesehen hatte, die Thanasis und Tasacet vereint sah. Sie beruhigte sich damit, wünschte sich aber plötzlich ihre alte Gabe zurück. Tief atmete sie ein und verwarf den Gedanken.
»Vieles hat sich verändert.«
»Und noch mehr wird sich
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