Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
serviert werde. Kaffee ist unterwegs.
Nach wenigen Minuten bringe ich das Frühstück. Ingo raucht inzwischen eine Zigarette und reibt sich die Stirn und erzählt mir, dass der Absturz gestern – eigentlich – gar nicht so schlimm hätte werden sollen. Da entweicht mir nur ein müdes Lächeln und Ingo macht plötzlich so kom ische Grunzlaute, ich will den Speibkübel holen und Ingo beschwichtigt mich: „Nein, nein, ich muss nicht speien, ist nur Schluckauf.“
„Ohhh“, sage ich, wie die Japaner, wenn sie vor einem Monument stehen, das sie das erste Mal erblicken und es dann mit ihren selbst erfundenen Digicams fotografieren. Dann machen wir uns über das Frühstück her. Die Mopse bekommen noch ein paar Happen, sie kosten alles. Ich esse nicht viel davon und Ingo holt einen Schinken aus dem Kühlschrank, den er besorgt hat. Als mir Ingo von seinem Schinken anbietet, sage ich ihm, dass ich mit getoastetem Brot genug hä tte.
„Was hast du heute noch vor?“, fragt Ingo.
Und ich frage mich, ob er reif genug für die Wahrheit ist. Ich entscheide mich dagegen. „Heute feiert ein Bekannter von mir seinen Geburtstag, jetzt feiere ich schon unter der Woche.“ Wir lachen.
„Was schenkst du ihm?“, fragt Ingo und jetzt weiß ich, dass er noch ein Kind ist. Denn Kinder fragen immer nach Geschenken.
„Ähm, wir haben zusammengezahlt, er bekommt einen Gutschein, was-weiß-ich.“
Ingo nickt und isst. Es schmeckt ihm. Am liebsten würde ich ihm in die Backen kneifen und ihm sagen, dass er süß sei.
„Du, gestern Nacht, ich weiß nicht mehr alles so genau, aber ich denke, wir sollten darüber reden.“
„Nein, wir haben nicht … großer Gott, dann würdest du jetzt nicht stehen können.“
Ingo sieht mich ein wenig schockiert an. Dann blickt er auf das Bett und sagt: „Stimmt, ja, ähm, wollte nur sagen, dass es mir leid tut, dass du dich da nicht in was verrennst.“
„Verrenn du dich mal nicht, du bist so-was-von nicht mein Typ“, lüge ich gekonnt und selbsts icher.
„Ach? Echt?“, stammelt der süße Boy. „Ich dachte schon …, aber es geht mich ja nichts an.“
Ich überkreuze meine Beine, drehe mich etwas zur Sonne und sage:„Wenn, dann mag ich echte Männer …“, diese Ansage hilft immer.
„So, das heißt … das soll bedeuten, ach, Quatsch.“
Ich nicke nur … und beiße genüsslich in mein Toastbrot. Hätte es einen Kellner gegeben, hätte ich ihn gerne zu unserem Tisch gewunken und ein Glas Champagner bestellt, aber leider war dieser Service nicht im Mietvertrag vereinbart worden.
„Und du, Ingo, was machst du heute?“, sage ich mit fast süßlicher Stimme, so als wäre ich sein großer Bruder, der ihn gerade noch vor einer großen Dummheit bewahrt und nun ein Recht auf Kontrollfragen hat.
„Weiß ich nicht. Lernen wäre einmal gut, sonst wird das nichts mit dem Studium. Außerdem hänge ich gerade ordentlich durch. Ich weiß nicht, ob das Studium meins ist.“
„Was studierst du nochmals?“
„BWL!“
Der Klassiker in Graz. Wenn man keiner von denen ist, die BWL studieren, studiert man en tweder Medizin oder Jura. Aus diesem Grund ist Graz eine Studentenstadt geworden. Beginnen die Sommerferien wird die Stadt von Tag zu Tag leerer. Erst gegen Ende der Sommerferien steigt der Pegel der Menschenmassen an, erkennbar an den vielen Studenten in den Straßenbahnen, die eifrig ihre Coffee-to-go Becher in der linken Hand tragen und mit der rechten Hand ihr iPhone (neuestes Modell) halten, um ihrem Telefonfreund Hochintellektuelles aus den vergangenen Ferien vermitteln. Wie sehr beneide ich diese Typinnen und Typen, da sie Geld haben oder Eltern, die ihnen Geld geben und sie in der Weltgeschichte herumkutschieren. Meine Eltern hatten nichts, was sie mir geben hätten können.
Wir sind noch lange am Balkon und irgendwann verzieht sich Ingo in sein Zimmer. Ich höre wie die Rollos heruntergelassen werden und er sich in sein Bett legt. Ja, am liebsten wäre mir jetzt, dass er mich zu sich holte und ich ihn noch ein wenig streicheln dürfte. Seinen Körper sanft berühren, das würde mir gefallen. Aber er hat es mir noch nicht erlaubt und gestern war er beso ffen, da wollen die Männer dann immer, egal welcher Geschlechtsreife oder Sexualität sie angehören. Wenn Männer betrunken sind, haben sie auf einmal ganz komische Gedanken und Gefühle. Dazu möchte ich jetzt auch nichts sagen, denn die Spezies Mann ist doch
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