Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
ihren Schwänzen die Aufmerksamkeit der Kamera suchen. Komisch, würde ein Mann niemals machen. Eigenartig, warum ist das so? Auf Ö1 singt ein Eunuchenchor. Irgendwie nett, etwas traurig, stimmt mich nicht besser, aber es ist dennoch nett, weil es nach Ewigkeit klingt und ich das Gefühl habe, einen großen Baum zu umarmen. Nett, aber zu langsam für mich und meine Stimmung und zu traurig auch. Auf Soundportal ist mal wieder die-beste-Musik-ist-die-andere-Musik angesagt, was soviel heißt, dass es nicht identifizierbar ist, was gerade gespielt wird. Genial. Einfach genial. Und es schießt mir wieder der Fleck in meinem Gesicht durch den Kopf und vor dem Spiegel begutachte ich ihn wieder und plötzlich sehe ich auf meinem Trizeps ebenso Hautirritationen, die kleine weiße Punkte hervorbringen. Krebs? Ich reibe daran, weil ich es weghaben will, aber es verschwindet nicht. Nichts verschwindet, außer man tut etwas dagegen. Deswegen wird mein Wunsch Drogen zu nehmen, auch nicht auf einmal vergehen, ich muss es wollen. Und ich will es ja, aber es ist schon verdammt hart, wenn man mit so einem Hirn auf die Welt gekommen ist, das immer mehr will und nicht aufhören kann. Ich reibe an den Pünktchen. Oh, du meine Fresse! Die traumatisierten Krebszellen fließen jetzt bestimmt durch meinen Körper, zwischen Hautlappen und ähnlichem körperlichen, innerlichen Zeugs. Sie werden kleine Kolonien errichten und dann die Lunge angreifen, das Knochenmark und schlussendlich das Hirn. Toll, Klaus, ganz toll gemacht.
Die Stelle juckt nicht. Soviel steht fest. Und in dem Moment glaube ich wieder den Schacht, den Höllenschlund zu sehen, den ich am Parkplatz vor dem Break - up gesehen habe. – Dort hat alles angefangen. Doch ich falle nicht, ich bin noch nicht hinuntergefallen, bin noch auf der Erde. Der Schlund ist aber noch da!
„Der Krebs breitet sich aus.“ Genauso schnell wie meine Verwirrtheit! Ich nehme eine B epanthen-Creme und beschmiere die betroffenen Stellen ein. Vielleicht waren die Flecken und Hautirritationen schon seit Jahren da. „Jesu Christi Wundmale?“ Nö, die sehen anders und symmetrischer aus. Gott sei Dank hab ich das nicht!
Jesus tritt mit mir doch nicht in Kontakt, außer Drogendealer, na ja, Cla udia auch. Manchmal mein bester Freund, dem muss ich endlich beweisen, dass ich es schaffe, dass ich ohne fremde Hilfe, Hilfe annehmen kann. Hilfe, ist das schwer.
Wie lange weine ich jetzt schon? Keine Ahnung. Ich bin ein Ding, das Lärm macht. Keine A hnung, was in mir drin ist, das soviel unnützen Lärm macht. Niemand weiß wahrscheinlich, was ich denke, was ich fühle, dass ich überhaupt zu fühlen fähig bin. Fresse halten, Klaus, du musst nur zu leben versuchen. Mein Gejammere zerreißt mich in Stücke und der Schall, der dabei entsteht, geht in die Welt hinaus.
Im Spiegel sehe ich mich, da bleibt nichts verborgen. Schön bin ich nicht mehr, andere empfi nden mich als schön, muskulös, bin ich ja, aber nicht mehr so, wie ich es einmal war. Um Muskeln aufzubauen und zu erhalten, muss man essen, aber ich hungere; teilweise weil ich kein Geld habe, um Essen zu kaufen und teilweise deswegen, weil ich manchmal nicht mehr leben möchte. Scheiße oder? Das ist die Antwort. Aber ich saufe gerne und nehme Koks. Hat Koks irgendwelche Vitamine? Keine Ahnung, sollte ich mal auf Wikipedia nachschlagen.
Die Zigarette ist runtergeraucht, schon wieder weg. Jeder Zug an der Zigarette kostet Geld und Leben. Ich würde gerne dem, was ich habe, einen Namen geben. Diesen Hass, aber gleichzeitig diese Liebe von mir fortjagen, damit sie mich in ihrem Dualitätstwist nicht zerreißen. So war ich nicht immer. Bevor ich den Arzt kennenlernte, hatte ich ei nfach nur Pech und danach hatte ich sowieso immer Pech und jetzt-danach kenne ich mich selbst nicht mehr. Ein Wrack, abgewrackt, Abwrackungsdienst.
Der Spiegel zeigt nicht bloß meine Tränen, er zeigt auch meine graue Haut. Kommt das vom vielen Dumm-Denken? Wahrscheinlich! Memo an mich: Hör auf mit dem Dumm-Denken.
Ich bin ein Kack-Mann. Ich scheiße in die Weltgeschichte hinein und niemandem stört es. Mich würde es stören, würde es noch so einen erbärmlichen Loser wie mich geben, der nicht mal eine alte Beziehung verdaut und sich noch immer nach dem einen verzehrt. So richtig verliebt war ich halt, so richtig eben, so über die Maßen. Weil ich glaubte angekommen zu sein. Ein Leben mit diesem Mann aufbauen zu können. Halt! Das kann ich
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