Kabbala-Box (2 Romane in einem Band)
Tür. Ein Schrei entweicht mir. Der Hund, der Mops, diese ekelhafte Töle hat alles angeschissen. Ich schreie schnell nochmals. Druckablassen. Ich frage mich ernsthaft, ob ich wichsen soll. Der Gestank ist bestialisch. Der Hund versteckt sich. Ich stehe mitten in der Wohnung und sehe wie braune, dünnflüssige Sp uren auf und um das Sofa – wie Boden- und Straßenmarkierungen – verteilt sind. Fehlt nur noch ein Schild mit der Aufschrift Hier Wird Geschissen. Der Hund versteckt sich noch immer.
Ich atme tief durch, erinnere mich – bevor ich ernsthaft daran denke zu wichsen, um den Druck loszubekommen –, dass der gut aussehende Typ, der mir den Mops in die Hand gedrückt hat, i rgendwas mit Tabletten gegen Durchfall gefaselt hatte. „Fuck“, kommt mir aus dem Mund, „fuck, fuck, fuck“, und zu aller erst suche ich die Tabletten. Sie liegen auf dem Küchentisch, wie präsentiert. „Dafür fick ich deine Rosette wund“, sage ich, hole einen Eimer mit Wasser und haufenweise Seife. Ich beginne zu putzen. Ich frage mich, was in so einem Hundearsch alles hineingeht und muss sogar ein wenig lachen, als ich das Glöckchen finde. Das hört die Töle und kommt hinter dem Sofa hervorgetapst. „Den Arsch sollte ich dir aufreißen, um den letzten Rest aus dir herauszuholen“, sage ich und putze weiter. Danach sprühe ich alles ein, gehe mit dem Mops Gassi und sage zu ihm: „Das nächste Mal gehst du mit mir laufen. Klaro?“
Der Mops blickt glücklich, streckt seine Zunge hinaus und macht: „Wuff.“
Das Glöckchen kommt in den Abfalleimer.
10:20 Duschen!
10:30 Anziehen.
10:32 Diät-Cola in den falschen Mülleimer werfen; Geächtete leben nach eigenen Gesetzen.
„Entschuldigen Sie, sind Sie der Herr, der auf Nummer 12 wohnt, Herr Pattinger, stimmt’s?“
Verschlagen drehe ich mich um, mache die Mülltonne zu und denke mir, dass die Mülltonne npolizei jetzt schon Rentner einstellt und sage: „Ja, da wohne ich!“ Eine Frau türmt sich vor mir auf. Was sie in der Größe nicht hat, hat sie in der Breite. Armreifen an beiden Handgelenken. Ihre Erscheinung mit den ovalen Ohrringen, passt nicht zu der Mantelschürze (barockes Blumenmuster, wie Omas Küchenvorhänge), die streng über ihren Körper gestrafft ist. Über dem großen Kopf ist ein Tuch gespannt, worin eine Feder eingearbeitet ist, fehlt nur noch – um dem Mix alle Ehre zu erweisen – ein drittes Auge auf der Stirn. Ich trete näher an Sie heran, gebe ihr die Hand. Das dritte Auge ist vorhanden. – Nein, sorry, ist eine Warze.
Sie beginnt: „Mir kann es ja egal sein, was ihr jungen Männer heutzutage so treibt, in der Nacht, im Hi nterhof, überall, aber es stört mich, wie laut ihr dabei sein müsst!“
Laut? Ich? Lach. Wann? Gestern? Die muss mich verwechseln.
„Ich war gestern nicht zuhause, also ich bin erst sehr spät nachhause gekommen und dann bin ich gleich schlafen gegangen.“ Beinahe wollte ich ihr sagen, dass ich mich auswärts vergnügt habe.
„Und die Abende davor?“ War ihre kecke Antwort. Sie lässt nicht locker. Ich wette das dritte Auge ist schuld, dass sie sich solche Dinge merkt.
Ich grinse sie ein wenig an, die Unterhaltung ist mir peinlich, ein warmer Farbton macht sich auf meinen Wangen bemerkbar. Justament stiert die Lederjacke – meine Lederjacke – um die Ecke und bekommt auch noch zu hören, wie Frau … – wie heißt die denn eigentlich? – mich weiter zur Schnecke macht.
„Ich bin der Meinung, Sie sollten sich genieren, so laut durch die Wände Ihre obszönen Worte zu rufen, das muss ich mir nicht gefallen lassen. Niemand muss das.“ (Wahrscheinlich eifersüc htig, denke ich mir.) „So was muss sich niemand gefallen lassen“, presst sie – nach Luft ringend – nach.
„Ja, sicher, Frau …?“ Sie kommt näher und riecht stark nach 4711.
„Lasserus, mein Name. Ich wohne auf der 13. Sind Sie auf Drogen, weil Sie sich an mich nicht erinnern können?“
„Genau“, sage ich und denke mir: du olle Zicke lass mich in Frieden. „Ich werde das näch ste Mal leiser sein, ich wünsche Ihnen dennoch einen schönen Tag. Wiedersehen.“ Die Lederjacke öffnet die Wohnungstür, lächelt mich ein wenig an – er hat’s gehört, verdammt! – und verschwindet darin.
„So leicht lass ich Sie nicht davonkommen…“, sagt die verkannte Inderin mit ihrem dritten A uge auf der Stirn gepinselt.
Und in mir brodelt es, ich hab der alten Schachtel nichts getan. Die Botschaft ist angekommen, ich werde
Weitere Kostenlose Bücher